Haas: Fantasiespiele?
Eine weitere Woche, weitere Höchststände an den internationalen Börsen. Langsam wird’s fad, könnte man meinen. Wie weit können die Märkte noch steigen auf der Basis von amerikanischen Steuererleichterungen, einem Investitionsprogramm und der Tatsache, dass Europa doch nicht das zweite Japan wird (und dabei meinen wir nicht die Udon-Nudel-Lokale, die in der heimischen Bundeshauptstadt wie Schwammerl aus dem Boden schießen)? Viele Investoren sehen die aktuelle Rally nach wie vor als reines „Trump-Produkt“, das, wie so vieles, dass er von sich gibt, hauptsächlich von lauten Argumenten, wilder Gestik und wenig Fakten getragen wird (wenn man von seinen alternativen Fakten mal absieht).
Gerade diese Woche hat jedoch wieder gezeigt: Auch wenn es der US-Präsident nicht gerne hört, die Welt dreht sich nicht um ihn allein und auch die Rally ist nicht ausschließlich auf seinem Mist gewachsen. Ein gutes Beispiel hierfür war die versuchte Übernahme von Unilever durch den amerikanischen Konkurrenten Kraft Heinz, bekannt durch Baked Beans und Ketchup. Die Investorengruppe hinter Kraft Heinz (zu der unter anderem Starinvestor Warren Buffett und ein großer brasilianischer Fonds gehören) war bereits länger auf der Suche nach einem neuen Akquisitionsziel. Die Logik hier war einfach: Vor vier Jahren wurde Heinz erworben, das Geschäft innerhalb von zwei Jahren umgekrempelt. 2015 war dann Kraft Foods dran und die nächsten zwei Jahre wurden in der neu entstandenen Kraft Heinz Kosten reduziert und Synergien geschaffen.
Gemäß diesem Gesetz folgend, würde in diesem Jahr die nächste Akquisition anstehen, was in der Branche natürlich Spekulationen auslöste. Als ein möglicher Kandidat wurde Mondelez gesehen, bei uns gut bekannt durch Milka Schokolade und Toblerone (der Name Mondelez stammt übrigens von einem österreichischen Mitarbeiter der Firma und wurde im Rahmen einer Ausschreibung ausgewählt; angeblich konnten sich viele Amerikaner bisher mit diesem Kunstnamen noch nicht anfreunden). Als dementiert wurde, dass nach einem amerikanischen Konkurrenten gesucht werde, verlor die Mondelez-Aktie dementsprechend über 5% innerhalb von 2 Tagen, was für einen normalerweise recht stabilen Konsumgüterhersteller eine recht starke Bewegung darstellt.
Umso beeindruckender war die Bewegung diese Woche bei Unilever, die Aktie konnte nach Bekanntgabe des Interesses durch Kraft Heinz um 13% zulegen. Das entspricht einem Zuwachs bei der Marktkapitalisierung von über 15 Mrd. Euro oder in etwa Erste Group und Telekom Austria ZUSAMMEN. Zwar ging es nach der Ablehnung des Angebots etwas nach unten, als das Management jedoch erklärte, wieso die Firma durch das Angebot viel zu günstig bewertet sei und wie man diesen Mehrwert heben könnte, wurde dieser kurze Rückschlag schnell wieder wettgemacht.
Wenn man diese Situation betrachtet stellt sich einem die Frage: Wieso nicht gleich so? Ist die Firma wirklich um 15 Mrd. Euro mehr wert, nur weil das Management eine spannende Pressekonferenz hält? Wahrscheinlich nicht. Man könnte das ganze Argument jedoch umdrehen: Vielleicht war Unilever von Haus aus falsch bewertet. Kraft Heinz und seine Investoren waren wahrscheinlich dieser Meinung. Die viel spannendere Frage ist jedoch: Welche Firmen sind noch falsch bewertet, wo ist die „nächste Unilever“?
Zwei Branchen, in denen Konsolidierung immer wieder auf der Agenda steht sind Banken und Versicherungen. Hier stehen oftmals die Regulatoren auf der Bremse, das Thema „Too big to fail“ (ein Finanzinstitut muss aufgrund seiner Wichtigkeit für das Finanzsystem im Problemfall vom Steuerzahler gerettet werden um einen Kollaps zu vermeiden) schwirrt hier im Hinterkopf herum. Besser sieht es bei den Immobilienfirmen aus, gerade die vergleichsweise günstigen Bewertungen am heimischen Markt lassen ein bisschen Fantasie aufkommen.
Eine etwas andere Strategie fährt der deutsche Chemieriese BASF: Während andere Unternehmen in der Branche mit Übernahmen Schlagzeilen machen (Bayer/Monsanto, Dow/DuPont, ChemChina/Syngenta), hoffen die Deutschen darauf einige Geschäftsbereiche, die andere Unternehmen aufgrund von Auflagen abstoßen müssen, zu guten Konditionen zu erwerben. Es gibt anscheinend viele Wege, die nach Rom führen…
Das Thema Akquisitionen wird wohl auch bei den Berichten nächste Woche im Hintergrund mitschwingen. In Österreich melden Erste Group, Amag und Andritz ihre Zahlen für das Geschäftsjahr 2016. Spannend wird hier vor allem der Ausblick: Die Erste Group hinkt zurzeit etwas hinter ihrem Giebelkreuzrivalen hinterher, Anzeichen für stärkeres Kreditwachstum wären hier wahrscheinlich vonnöten um etwas Fantasie zu generieren. Genießen wir die gute Stimmung, solange sie anhält…