Haas: Gipfelstürmer
Nach einigen kleineren Rücksetzern in den letzten Wochen war es diesmal endlich so weit: Der Dow Jones Industrial Average konnte erstmals die 20.000 Punkte Marke erklimmen. Jetzt kann man natürlich viel über den Status des Dow Jones diskutieren (aufgrund seiner Zusammensetzung und Berechnungsmethode werden unter institutionellen Investoren oftmals breitere Indizes als Maßstab verwendet, bspw. der S&P 500), Faktum ist jedoch: Der Dow ist nach wie vor der bekannteste Index beim „gemeinen Volk“ und Meilensteine wie dieser beflügeln die Fantasie vieler Investoren. Im Soge der US-Börsen konnten sich auch die anderen internationalen Märkte gut entwickeln: Der DAX konnte im Wochenverlauf um knapp über 1,5% zulegen und auch der heimische Markt machte den Investoren Freude.
Angeführt wurde die Bewegung ausgerechnet von dem Sektor, dessen Wichtigkeit wir letzte Woche hervorgehoben haben: Banken. Diejenigen, die im Vorfeld damit gerechnet hatten, dass es einen Unterschied zwischen einem „Präsident Trump“ und einem „Wahlkämpfer Trump“ gibt, wurden diese Woche eines besseren belehrt. Was auch immer man von seinen Initiativen halten mag, bereits in der ersten Woche seiner Amtszeit wurden mehr Wahlversprechen umgesetzt als bei einem Großteil der Wahlen in Österreich in den letzten Jahren gemeinsam. Obamacare wird ausgehöhlt, Handelsabkommen neu verhandelt und sogar die Mauer zu Mexiko steht am Bauplan (auch wenn Mexiko dafür wahrscheinlich nicht zahlen dürfte). Damit stieg die Hoffnung der Investoren, dass der neue amerikanische Präsident auch den Rest seiner „wirtschaftsfreundlichen“ Agenda durchsetzen kann.
Den jüngsten Anstieg ausschließlich auf diese „Hoffnungen“ zurückzuführen, die uns ja bereits seit Ende November gute Zugewinne bescherten, wäre jedoch zu kurz gefasst. Deutliche Unterstützung kommt auch von der US-Berichtssaison, die im Großen und Ganzen über den Erwartungen verläuft. Das Muster dabei: Aktien, die bereits im Vorfeld starke Zugewinne verzeichnen konnten, werden nach Veröffentlichung ihrer Ergebnisse erst mal verkauft, nach dem Motto „was man hat, das hat man“. Kurz darauf setzen die Aktien jedoch ihren Anstieg fort und erklimmen neue Höchststände. Gerade die Banken konnten beim zweiten Blick die Investoren überzeugen: Steigende Zinsmargen, Kreditwachstum und ein Abflachen der Kostensteigerungen der letzten Jahre lassen auf weitere gute Ergebnisse hoffen.
Etwas gemischter fällt der Ausblick bei zwei anderen „Lieblingsgruppen“ der Investoren aus: den Zyklikern und Ölwerten. Der Bagger- und Baumaschinenriese Caterpillar fiel vor allem durch einen vorsichtigen Ausblick auf. Das sollte jedoch niemanden wundern, bereits im Dezember warnte die Firma, dass etwaige positive Effekte aus einem Infrastrukturprogramm in den USA wohl frühestens 2018 in den Bilanzen aufscheinen dürften. Wie damals war das den Investoren jedoch relativ egal, die Aktie notiert nach wie vor in der Nähe eines 2-Jahres Hochs. In einem Markt mit einer derart positiven Grundstimmung wie diesem zeichnen sich die Investoren offenbar durch eine Eigenschaft aus, die wir die letzten Jahre schmerzlich vermisst haben: Geduld.
Letztere wird man wohl auch bei den Ölwerten brauchen. Auch wenn der Sektor nach der OPEC-Entscheidung einen Boden gesehen haben dürfte, drückten die Ölservicegiganten (und wichtigen SBO-Kunden) Schlumberger und Haliburton eher auf die Euphoriebremse. Es dürfte vom Boden zwar wieder aufwärts gehen, von einem Boom à la 2012-14 sind wir jedoch weit entfernt. Die Aktien wurden insbesondere abgestraft, als die Firmen bekanntgaben, dass das Q1 unter den Ergebnissen der letzten Monate liegen dürfte. Dies zeigt jedoch eher, dass hier Aktionäre am Werk waren, die sich entweder nicht mit den Firmen beschäftigen oder das Geschäft nicht wirklich verstehen, denn diese saisonalen Effekte gibt es bereits seit Jahren. Das wäre in etwa so, also ob man sich wundern würde, dass Wienerberger im Sommer mehr Ziegel verkauft als in den Wintermonaten…
Am heimischen Markt haben wir noch etwas Zeit bis zum Spektakel „Berichtssaison“, österreichische Bilanzen sind ja bekanntermaßen besonders schwierig zu erstellen. Einzig der Leiterplattenhersteller AT&S und die mexikanische Telekom Austria wagen sich mit Berichten hervor, während in Europa unter anderem Siemens, BBVA und Unibail-Rodamco berichten. Letztere findet sich auch an prominenter Stelle in unserem jüngsten Sektor Report über Immobilientitel……