Immobilien(-Aktien): Als die Kirche Pierer und Dickinger lockte
Immofinanz und CA Immo sind auf dem Weg einer Fusion, Vonovia greift nach conwert die sich zuvor Eco Business einverleibt hatte ... der Wiener Kurszettel dünnt an Immobilienwerten zusehends aus (wenn man dann noch an die guten alten Zeiten denkt, als die beiden Fusionskandidaten auch noch jeweils mit ihrer CEE-Tochter an der Börse waren...) - derzeit tobt ein Übernahmekampf im hinteren Marktsegment: ins Visier der Begehrlichkeiten ist Athos Immobilien geraten - ein regional auf Oberösterreich spezialisiertes Unternehmen, das 1989 gegründet wurde und seit 2004 im ungeregelten Dritten Markt der Wiener Börse gelistet ist - und 2015 in das Marktsegment mid market übersiedelte.
Zwei Oberösterreicher matchen sich auch gerade um Aktien an dem Unternehmen: Sowohl der Mitgründer des Online-Wettanbieters bet-at-home, Jochen Dickinger, als auch Stefan Pierer, Chef u.a. des Motorradherstellers KTM, wollen ihre Anteile aufstocken und letztlich die Mehrheit kontrollieren. Dickinger hält derzeit gut vier Prozent der Aktien und will 13 Prozent dazukaufen, Dafür bietet er den anderen Aktionären 42 Euro pro Aktie. Die Angebotsfrist dauert bis 18. November. Übrigens: Das bisherige Hoch stammt mit 43,41 Euro aus dem Jänner 2008 - 2002 lag das Tief bei 19,18 Euro.
Stefan Pierer wiederum bietet zwei Euro weniger – 40 pro Aktie und hat Ende September die Angebotsfrist bis 11. November verlängert. Pierer hält derzeit gut 13 Prozent und will bis zu 37 Prozent kaufen. Seine Beweggründe erklärte er in einem Aktionärsbrief der Athos: „Ich handle bei meinen eigenen Immobilienprojekten eher konservativ und habe diesen Zugang zur Immobilienwirtschaft in Strategie und Geschäftspolitik der Athos wiedergefunden. Diese setzt eine nachhaltige und konsequente Immobilienentwicklung und Bewirtschaftung im Zentralraum Oberösterreich um. Wichtig ist auch, dass sich die Investmentschwerpunkte der Athos und meiner eigenen Immobiliengruppe nicht überschneiden, sondern ergänzen. Aus all diesen Umständen war und ist für mich die Beteiligung an der Athos eine langfristig sinnvolle Veranlagung.“
Die Aktionäre. Die OÖ. Versicherung und die VKB-Bank halten jeweils rund zehn Prozent, die Sparkasse OÖ ist ebenfalls beteiligt - und die 3 Banken-Generali von Alois Wögerbauer hält knapp 1,2 Prozent der Anteile - die Diözese Linz stieg 2013 aus (wie auch die Wiener Kirchenbank Schelhammer & Schattera) - ausgerechnet dieses Ereignis führte zum heutigen Ist. Durch den Ausstieg der ‘Kirche’ freiwerdende Stücke kauften sich eben Stefan Pierer, Jochen Dickinger und der Papier-Industrielle Christian Trierenberg - die noch heute im Aufsichtsrat sitzen (Detail am Rande: die Zahl der Aufsichtsratmitglieder (9) übersteigt die der Dienstnehmer (5).
Andienen? Ob Athos-Aktionäre verkaufen sollten? Wer den Werdegang von Dickinger und Pierer verfolgte, sollte es wohl nicht tun - Feinde des eigenen Geldes waren beide noch nie - und oberösterreichische Immobilienexpertise haben beide... Unter den größeren gelisteten Gesellschaften ist Athos wohl am ehesten als Hybrid zwischen S Immo und UBM mit einer Spur Buwog zu sehen: Projektentwickler, Bauträger, Investor und Vermieter ist Athos laut Eigendefinition - und ist in allen Marktsegmenten tätig: Wohnen ist mit 57,8% aktuell die stärkste Einheit, Retail kommt auf 27,5 und Büro auf 14,7 Prozent. Dabei weist Athos ein Immobilienvermögen von 104,6 Millionen Euro aus (zum Vergleich: UBM kommt auf 1,29 und s Immo auf 2,09 Milliarden Euro). Zum jetzigen Kurs (41,5 Euro je Aktie) liegt der Unternehmenswert von Athos bei 97,4 Prozent des Portfoliowertes - 90,8 Prozent sind es bei der s Immo und 68,9 bei der UBM. Und wie sieht’s mit der Rentabilität aus? Aus dem Portfoliowert holt Athos heuer laut (eigenem) Plan 5,35 Prozent an EBIT-Marge heraus - 5,97 erwarten Analysten bei der UBM, die s Immo wird mit 7,27 Prozent prognostiziert. So betrachtet ist es also überlegenswert, das Geld in die eigentlich lukrativeren bzw. günstigeren Aktien der größeren Gesellschaften zu stecken. Oder man vertraut darauf, dass sowohl s Immo als auch UBM von Analysten derart durchleuchtet sind, dass positive Überraschungsmomente kaum auftauchen können und die Aktien wegen der Coverage zumindest in der Nähe ihres fairen Werts notieren - zumindest gibt es einen angegebenen fairen Wert: bei der s Immo liegt dieser im Schnitt von vier Analystenmeinungen um 5% über dem aktuellen Kurs - bei der UBM sehen fünf Meinungen den Kurs sogar um 37 Prozent höher. Athos wurde von keinem Analysten durchleuchtet, vielleicht haben daher Pierer und Dickinger - auch im Zuge ihrer Aufsichtsrattätigkeit - die bisher nicht erkannte Perle entdeckt.
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