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Haas: Rekordjagd?

„Bei all den Unternehmenszahlen kann man eine wichtige Entwicklung leicht ­übersehen: Der ­bisherige Gleichlauf von Öl und den ­Aktienmärkten scheint endlich durchbrochen zu sein.“Angesichts der schrecklichen Ereignisse Donnerstagabend in Nizza verzichten wir an dieser Stelle auf Jubelmeldungen - immerhin gibt es wichtigere Dinge als Ergebnispräsentationen und Kursausschläge. Fakt ist jedoch, dass eine der besten Börsewochen des Jahres zu Ende geht (der ATX legte um knapp 7% zu, der DAX gewann rund 4,5%). Die Gründe dafür sind recht schnell erklärt: gute Unternehmensergebnisse. Den Start machte der US-Aluminiumriese Alcoa, der zu Wochenbeginn von solider Nachfrage in praktisch allen Unternehmensbereichen berichtete: Automobile bleiben stark, Baugewerbe läuft gut und sogar die Abkühlung im Bereich Luftfahrt dürfte sich im zweiten Halbjahr wieder legen. Auch die US-Großbank JP Morgan lieferte gute Zahlen: Vor allem das Kreditwachstum konnte überzeugen, ein positives Anzeichen sowohl für den Bausektor, als auch für „konsumnahe“ Industrien wie Einzelhandel und Restaurants. Automobile, Luftfahrt, Baugewerbe, Einzelhandel und Restaurants decken schon ein recht breites Wirtschaftsspektrum ab. Mittlerweile wird daher wieder von einer „boomenden“ US-Konjunktur gesprochen, kaum vier Wochen nachdem im Anschluss an einen enttäuschenden Arbeitsmarktbericht Rezessionsängste die Runde machten und einige Kommentatoren von der Notwendigkeit einer Zinssenkung in den USA sprachen… Auch in Europa zählten die Bankenwerte zu den Gewinnern. Positiv aufgenommen wurden dabei erste Pläne des neuen UniCredit-Chefs, die Kapitalbasis durch Verkäufe zu stärken. Praktisch über Nacht wurde ein 10% Anteil an einer der größten polnischen Banken an institutionelle Investoren verkauft, sogar mit einem deutlichen Aufschlag auf den Buchwert (grundsätzlich kein schlechtes Zeichen für die RBI, die ja auch ihre Polentochter an den Mann bringen will; andererseits könnte man einwenden, dass ein guter Preis für einen Porsche nicht bedeutet, dass die Käufer auch für einen Golf tief in die Tasche greifen…). Einen Anteil am Stimmungswandel könnte auch die Erste Group haben: Die Ergebnisprognose für das Gesamtjahr wurde bereits vor Veröffentlichung der Q2-Zahlen angehoben. Neben positiven Einmaleffekten dürften dafür unter anderem geringer als geplante Rückstellungen für faule Kredite verantwortlich zeichnen. Ob dies auf eine bessere wirtschaftliche Situation in Osteuropa oder eine vorab zu konservative Planung der Ersten zurückzuführen ist, werden wir wohl erst Anfang August erfahren, wenn wir die Ergebnisdetails bekommen. Angesichts der schwachen Aktienentwicklung überrascht es jedoch nicht, dass diese erste positive Nachricht seit langem von den Investoren beinahe euphorisch aufgenommen wurde, die Aktie konnte im Wochenverlauf rund 20 % (!) zulegen.… Auch aus der zweiten Reihe gab es diesmal durchaus positive Nachrichten: Der heimische Aluminiumverarbeiter AMAG hob die Prognose an, was jedoch aufgrund der recht starken Erholung des Aluminiumpreises kaum jemanden überrascht haben dürfte (bis auf einige Analystenkollegen vielleicht, wie ein kurzer Blick auf den aktuellen Konsensus offenbart).

Eine positive Meldung gab es auch vom heimischen Flugzeugzulieferer FACC. Das Unternehmen, das in den letzten Monaten eher durch unfreiwillige Werbung für IT-Sicherheit auffiel, konnte durch recht passable Quartalszahlen überzeugen. Positiv wurde unter anderem die Tatsache aufgenommen, dass der Cashflow nach Jahren intensiver Investitionstätigkeit gegen Jahresende erstmals ins Plus drehen könnte. Im Wochenverlauf steht ein Gewinn von mehr als 25% zu Buche (wodurch das Minus seit Jahresbeginn auf „nur“ -28,2 % eingegrenzt wurde).

Auch die nächste Woche dürfte von Unternehmensergebnissen geprägt werden: Aus den USA melden unter anderem Microsoft und Johnson & Johnson Quartalszahlen, während in Europa Novartis, SAP und der Immobilienkonzern Unibail-Rodamco im Fokus stehen dürften. Bei all den Unternehmenszahlen kann man eine wichtige Entwicklung leicht übersehen: Der bisherige Gleichlauf von Öl und den Aktienmärkten scheint endlich durchbrochen zu sein. Während der amerikanische S&P 500 neue Rekordstände erklimmen konnte und auch die europäischen Indizes zu Höhenflügen ansetzten, trat der Ölpreis eher auf der Stelle. Vielleicht ein positives Zeichen, dass die Fundamentaldaten wieder ans Ruder kommen. Es wurde auch längst Zeit…