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US-Aktien: Die Rally, die keiner will

Während der zehnwöchigen Rally am US-Aktienmarkt zwischen Mitte Februar und Ende April, bei der die Marktkapitalisierung unterm Strich um fast 3 Billionen Dollar zunahm, passierte das Folgende: Investmentfonds horteten Barmittel, Leerverkäufer verstärkten ihre negativen Wetten und private Investoren zogen sich aus dem Markt zurück.

Die Stimmung und die tatsächlichen Kursentwicklungen klaffen 2016 so stark auseinander, dass es das "Jahr der Wetten in die falsche Richtung werden könnte".

Der S&P 500 Index war seit dem 11. Februar um rund 15 Prozent nach oben geschnellt. Gleichzeitig schrumpfte das Handelsvolumen seit dem Tief des Marktes um 20 Prozent.

Was eigentlich eine Chance für Vermögensverwalter hätte sein können, sich vom extrem schlechten Start ins Jahr zu erholen, ist nun nichts anderes als eine verpasste Chance.

Der S&P 500 Index war in vier der ersten sechs Wochen des laufenden Jahres gefallen - und hatte insgesamt 11 Prozent eingebüßt. Dahinter standen nicht zuletzt der Einbruch beim Ölpreis und zunehmende Sorgen um die Unternehmensgewinne. Im weiteren Jahresverlauf ging es dann jedoch für den Index in acht von elf Wochen nach oben. Es war die größte Trendumkehr in einem Quartal seit Beginn der Datenerhebung.

In einem solchen Marktumfeld alles richtig hinzubekommen, ist fast unmöglich. Lediglich 19 Prozent der Investmentfonds konnten in dem Zeitraum den S&P 500 schlagen - die geringste Quote seit mindestens 1998, belegen Analysen von Bank of America Corp.

"Am Markt hatte es eine sehr starke Bewegung gegeben. Und das war nichts, von dem die meisten Investoren profitiert haben", sagt Tom Lee, Managing Partner und Mitbegründer von Fundstrat Global Advisors LLC in New York in einem Interview mit Bloomberg. "Wenn der Markt neue Höchststände erreicht, dann müssen sich die Leute richtig in Position bringen."

Bislang jedoch ist die Reaktion der Investoren eher defensiv ausgefallen. Der Anteil von Barmitteln bei Fonds in aller Welt stieg bis Mitte April auf durchschnittlich 5,4 Prozent der Aktiva an, wie eine Umfrage von Bank of America unter Vermögensverwaltern zeigt. Der dreijährige Durchschnitt liegt bei nur 4,8 Prozent.

"Investoren bevorzugen weiter Sicherheit und Einkommen", meint Michael Arone, Investmentchef bei einer Sparte von State Street Global Advisors. "Sie sorgen sich darum, dass es die permanente Liquidität der Zentralbanken ist, die die Rally weiter treibt - und nicht die zugrunde liegenden Fundamentaldaten."

Investoren hatten im März 9,5 Mrd. Dollar aus Investmentfonds abgezogen, die aufUS-Aktien setzen, zeigen Daten des Investment Company Institute. In den ersten drei Wochen im April flossen weitere 12,8 Mrd. Dollar aus diesen Fonds ab.

Die durchschnittlichen Leerverkäufe auf in den USA notierten Aktien hatten zum 29. Februar ein 8-Jahres-Hoch bei 4,3 Prozent der ausstehenden Aktien erreicht. Das geht aus Börsen-Daten hervor, die von Bloomberg zusammengetragen wurden. Zum 15. April lag das Niveau bei 4,1 Prozent - lediglich vier andere der zweimal im Monat stattfindenden Messungen seit 2009 waren höher ausgefallen.

"Niemand schreit danach, mehr Aktien für das eigene Depot hinzuzukaufen - trotz der Tatsache, dass es eine wirklich großartige Rally gewesen ist", erklärt Bill Stone, Chef-Investmentstratege bei PNC Wealth Management in Philadelphia, im Interview mit Bloomberg. "Es ist eine relativ verhasste Rally. Es ist eine Kombination aus Konjunkturdaten, die ein lustloses Wachstum im ersten Quartal zeigen, einer nicht so tollen Entwicklung im Rest der Welt und der schlechten Entwicklung zu Beginn des Jahres."

Zwar fiel der Handel bei anderen Aktienmarkt-Erholungen in den vergangenen zwei Jahren ebenfalls dünner auf dem Weg nach oben aus als auf dem Weg nach unten. Doch die Unterschiede waren viel geringer. Das Volumen lag nie mehr als 8 Prozent niedriger bei diesen Erholungen, zeigen Bloomberg-Daten.

"Nach dem Durchschreiten der 2000er-Marke beim S&P waren die Leute ziemlich überzeugt davon, dass sie Positionen aufgeben wollen. Sie fragten sich, warum sie sich nicht um Risiko-Aktiva erleichtern sollten", sagt Alec Young, Investmentstratege bei OppenheimerFunds Inc. in New York.

(Bloomberg)