Haas: Manchmal kommt es anders ...
Die abgelaufene Woche hielt einige Überraschungen bereit: Neben der üblicherweise geschäftigen US-Berichtssaison lieferte auch die OPEC Schlagzeilen. Dafür sorgte einer der üblichen Verdächtigen, die EZB, diesmal kaum für Wellen an den Märkten. Die Zinsen wurden wie erwartet nicht verändert, man will erstmal warten, wie die bereits angekündigten Maßnahmen wirken. Einzig die Tatsache, dass auch die Anleihen von Versicherungen im Rahmen des EZB-Kaufprogramms inkludiert werden sollen, ist als kleine Überraschung zu rechnen. Damit schüttet die Notenbank ihr Füllhorn auch über diesem Sektor aus, einzig die Banken sind nicht Teil des umfassenden Programms (was aber eher technische Gründe hat).
Wesentlich turbulenter ging es bei der US-Berichtssaison zu. Im Vorfeld gab es noch Befürchtungen, dass es zu einigen Enttäuschungen kommen könnte, diese wurden jedoch in der ersten Woche nur teilweise bestätigt. Vor allem die Ergebnisse der US-Großbanken fielen zwar nicht gut aus, lagen jedoch über den niedrigen Erwartungen. Wie wichtig diese Einschätzungen sein können, zeigte sich bereits wenig später, als die Technologieriesen Alphabet (vormals Google) und Microsoft ihre Zahlen vorlegten. Vor allem Alphabet konnte phänomenales Wachstum vorweisen: der Umsatz stieg um 17% im Jahresvergleich (immerhin ein Zugewinn von knapp 3 Mrd. Euro, was über dem Quartalsumsatz der voestalpine liegt!), auch der Gewinn stieg deutlich. Die Erwartungen waren jedoch hoch, immerhin notierte die Aktie nach den Zugewinnen der letzten Woche in der Nähe ihres Allzeithochs. Als die Quartalszahlen dann nur gut ausfielen (und nicht phantastisch), setzte ein Ausverkauf ein.
Selbiges gilt auch für Starbucks, einen weiteren High-Flyer. Auch wenn man sich als Österreicher noch immer davor scheut, das Zucker/Pulvergemisch der Firma als Kaffee zu bezeichnen, ist die Situation in China doch eine gänzlich andere. Hier sollen in den nächsten 5 Jahren 500 neue Standorte entstehen - pro Jahr wohlgemerkt. Dementsprechend dürfte auch hier wohl der Rücksetzer, den es im Anschluss an die Zahlen heute wohl gibt, eher ein kleines Schlagloch auf einem langen profitablen Weg sein…
Als österreichischer Spezialist für Schlaglöcher dürfte wohl die OMV gelten (auch wenn sich einige aufmerksame Leser sicherlich hier eine Anspielung auf die Porr erwartet hätten, die ja diese Woche auch ihre Zahlen vorlegte), der Weg dürfte auch lang sein, aber ob er sonderlich profitabel ist, ist wohl fraglich. Das diese Woche veröffentlichte Tradingstatement für das erste Quartal lieferte die mittlerweile bereits bekannten Schauergeschichten: Starker Rückgang bei den Öl- und Gaspreisen, sinkende Gasnachfrage aufgrund des milden Winters etc. Besonders besorgniserregend war jedoch der Rückgang der Raffineriemarge, immerhin war das Downstreamgeschäft (Raffinerien, Tankstellen) für praktisch das gesamte EBIT des Unternehmens im letzten Jahr verantwortlich. Die Investoren nahmen es jedoch sportlich, die Aktie konnte im Wochenverlauf sogar um knapp 4,6% zulegen.
Kuriosös Öl. Damit dürften jedoch die Nachrichten um die OMV selbst relativ wenig zu tun haben. Eher lag dies am Ölpreis, der im Wochenverlauf um knapp 4,7% stieg und damit neue Jahreshochs erreichte. Dies ist umso kurioser, da das Meeting in Doha, welches eigentlich eine Wende in der OPEC-Politik und eine Reduktion des Produktionswachstums einleiten hätte sollen, ein vollkommener Flop war. Wie befürchtet scheiterte eine Einigung am Widerstand Saudi Arabiens, man will hier weiterhin den politischen (Iran) und wirtschaftlichen Gegnern (den US-Schiefergasproduzenten) das Messer an den Hals setzen. Nach einem anfänglichen Abverkauf am Montag konnte das schwarze Gold jedoch im Wochenverlauf stark zugewinnen. In einer wirtschaftsjournalistischen Kehrtwende, die sogar Politikern die Schamesröte ins Gesicht treiben würde, wurde das Meeting im Nachhinein als doch nicht so wichtig erklärt. Ganz nach dem Motto: „Die Geschichte muss zu den Tatsachen passen“ wurde abgeleitet, dass die US-Produktion ja sowieso zurückgehen würde, was gemeinsam mit einer stärkeren Nachfrage aus China zu einer natürlichen Balance im Markt führen würde.
Versuchen wir uns kurz zurück zu erinnern, an die dunklen Tage zu Beginn des Jahres, als Aktienkurse nur einen Weg kannten: tiefer. Der Fall der US-Produktion war auch damals schon bekannt, jedoch wurde argumentiert, dass der Iran sowie der Irak durch ihre Kapazitätsausweitungen dies mehr als kompensieren würden, wodurch der Ölpreis unter die 30-US-Dollar-Marke je Barrel fiel. Während sich auf der Angebotsseite hier nicht viel geändert hat, dürfte der Ausblick für China sich doch etwas aufgehellt haben. Diese stärkere Nachfrage zieht alle Rohstoffe mit nach oben, sei es Kupfer, Eisenerz und sogar Gold und Silber. Dementsprechend ist der Rohstoffsektor mit einem Plus von über 25% seit Jahresbeginn auch der klare Gewinner (gefolgt vom Ölsektor mit mehr als 6% Zugewinn). Als Investor sollte man sich jedoch immer bewusst sein: Nachdem die Wirtschaftszahlen aus China ähnlich zuverlässig sind wie Meinungsumfragen, spielt die Stimmung der Investoren eine zentrale Rolle. Und dass diese schnell drehen kann, haben wir dieses Jahr bereits öfters erlebt…
Wichtig wird in diesem Zusammenhang sicherlich auch das Fed-Meeting nächste Woche sein. Waren beim letzten Treffen noch die Volatilität an den Märkten und eine Eintrübung der Wirtschaftsaussichten die Themen der Stunde, so dürften diese Sorgen nun deutlich in den Hintergrund getreten sein. Der Ausblick der US-Notenbank sollte dementsprechend etwas freundlicher ausfallen als bisher, was möglicherweise in Richtung einer aggressiveren Zinspolitik interpretiert werden könnte. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Investoren ihre gute Laune dadurch vertreiben lassen, denn wie die abgelaufene Woche deutlich gezeigt hat, kommt es oftmals doch anders, als man ursprünglich gedacht hat…
Aktuelle Investmentstrategie. Nach wie vor gefallen uns aus bewertungstechnischen Gründen Aktien prinzipiell eindeutig besser als Anleihen, das aktuelle Kursniveau erscheint uns vergleichsweise ansprechend. Wir glauben nicht, dass es zu einer globalen Rezession kommt und denken daher, dass die internationalen Aktienmärkte einigermaßen attraktiv bewertet sind. Auf der Aktienseite sind wir – verglichen mit dem MSCI World – in Europa deutlich übergewichtet, in Nordamerika vergleichsweise weniger stark investiert. Japan erscheint uns nach wie vor durchaus spannend, in den Schwellenländern sind wir selektiv investiert. Anleihenseitig gefallen uns am ehesten noch flexible „Total Return“-Produkte, die sich auf dynamische Art und Weise verschiedensten Marktgegebenheiten anpassen können, sowie Wandelanleihen, die auch von einem positiven Aktienumfeld profitieren können. Zusätzlich haben wir in den letzten Wochen verstärkt in Inflation-linked Bonds investiert. In klassischen Staatsanleihen von Industrienationen sind wir hingegen deutlich untergewichtet, das Risk-/Returnprofil erscheint uns hier weiterhin nur bedingt attraktiv.