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Wie „the King“ die Kurse der China AG wieder rot gefärbt hat

Die Feuerkraft des Riesen ist enorm - in chinesischen Finanzkreisen weiß jeder, was mit "King" gemeint ist: Ein ungeheuerlich großer und mächtiger Investmentpool mit geradezu unbegrenzter Finanzkraft, der den zweitgrößten Aktienmarkt der Welt bewegen kann wie kein anderer Akteur.

Taktik und Strategie des riesigen Marktteilnehmers bleiben in bester chinesischer Tradition eine Art Mysterium, seit der Staat seine, als eine Art Rettungsschirm gedachte Agentur unter dem offiziellen Namen China Securities Finance Corp. im letzten Sommer zunächst mit rund 480 Mrd. Dollar Kapital (425 Mrd. Euro) ausstattete. Die Spekulationen über die Investments schossen seitdem ins Kraut, sowohl bei solchen Investoren, die das Investmentverhalten kopieren wollen, wie naturgemäß bei Shortverkäufern.
Mittlerweile haben hunderte chinesischer Unternehmen ihre Jahresberichte unterbreitet und es formiert sich das bislang präziseste Bild des Investmentverhaltens vom „King“.

Nicht mehr als drei Prozent. Dabei zeigt sich: CSF hat diesen Spitznamen nicht zu Unrecht. Bei mehr als 600 Unternehmen zählt die Agentur zu den zehn größten Anteilseignern - darunter die allermeisten der bekannten Großunternehmen der „China AG“. Bevorzugt werden Banken, vom Staat kontrollierte Unternehmen und Konsumwerte, die auch die großen chinesischen Aktienindizes dominieren. Aktien niedrig kapitalisierter Unternehmen, also Small-Caps mit weniger Markteinfluss, sind unterrepräsentiert. Es handelt sich überdies um einen ebenso disziplinierten wie sorgfältigen Anleger, der Unternehmen mit überdurchschnittlichen Gewinnen bevorzugt und die Beteiligung auf nicht mehr als ungefähr drei Prozent der ausstehenden Aktien begrenzt.

Die Informationen seien geeignet, etwas mehr Einblick in die Strategie der Regierung zu bieten, schätzte die Aktienchefin Pauline Dan von Pictet Asset Management in Hongkong ein. Insgesamt sei CFS nicht sehr entgegenkommend, wenn es um die Offenlegung der Investmentstrategie gehe. (Anm.: Anders als etwa der weltweit größte Staatsfonds der norwegische Government Pension Fund Global - Bericht siehe hier: http://bit.ly/1Sdf2NJ - bzw. im be INVESTOR 79 Schwerpunkt: THE BIG ONE).

Das mag dazu beigetragen haben, dass sich im Laufe des zurückliegenden Jahres immer mehr Marktteilnehmer mit den mutmaßlichen Anlagezielen des Staatsfonds befasst haben - schließlich liefert alleine die schiere Feuerkraft der CFS einen stabilen Rückenwind für die betreffenden Aktien. Umgekehrt lassen sich mit Terminmarktgeschäften gegen das Investmentverhalten des "King" ebenfalls gute Gewinne erzielen. „Anleger beobachten die wechselnden Positionen von CSF und spekulieren auch, was ge- oder verkauft werden wird“, sagte Ronald Wan von Partners Capital International in Hongkong. Dabei habe der Staatsfonds einen zweifachen Auftrag, er solle sowohl den Gesamtmarkt unterstützen wie selbst Gewinne erzielen.

Der chinesische Staat hat sich mit dem Investmentfonds sein bislang wirksamstes Mittel zur Stabilisierung der Aktienmärkte nach dem Crash im letzten Sommer geschaffen. Damals waren fünf Billionen Dollar an Marktkapitalisierung in kurzer Zeit absorbiert worden. Der breite Shanghai Composite Index hat sich inzwischen nach seinem Jahrestief im Januar um 16 Prozent erholt - nicht zuletzt wegen der staatlichen Aktienkäufe und der Spekulation, dass sich das Wirtschaftswachstum wieder stabilisiert.
Wenig überraschend ist die überdurchschnittliche Gewichtung von Bankentiteln. Als Index- und Marktschwergewichte spielen sie in der dualen Strategie eine bedeutende Rolle. Banken wie die Industrial & Commercial Bank of China Ltd. und die Agricultural Bank of China Ltd. stellen acht der zehn führenden Positionen im Portfolio des CSF mit Stand Ende Dezember, wie aus Daten von rund chinesischen 1500 Unternehmen hervor geht, die bislang Jahresberichte vorgelegt haben.

80 Prozent in Staatsbesitz. Mehr als 80 Prozent der 100 größten Beteiligungen sind bereits vom Staat kontrollierte Unternehmen, darunter der Hochgeschwindigkeitszughersteller CRRC Corp. Erwärmen kann sich der „King“ überdies zunehmend für Konsumaktien - nahezu die Hälfte der insgesamt 29 aufgestockten Beteiligungen im vierten Quartal betraf diese Branche. So hält CSF etwa 2,6 Prozent des Alkoholdestillateurs Kweichow Moutai Co. und 3,1 Prozent von Inner Mongolia Yili Industrial Group Co., einem der führenden chinesischen Molkereikonzerne.

Über die Strategie des Investmentfonds gibt es keinerlei Verlautbarungen, aber die finanzielle Lage der zugekauften Unternehmen im Portfolio scheint den Managern nicht egal zu sein. Die 100 wichtigsten Beteiligungen, verantwortlich für mehr als 70 Prozent des Gesamtvolumens, kommen im Mittel auf eine Rendite des eingesetzten Kapitals von mehr als 15 Prozent, was etwa dem Doppelten des Gesamtmarktes entspricht.

Auch scheint die Bewertung in die Investmententscheidung einzugehen. Bei Aktien aus dem Wachstumssegment ChiNext mit seinem um das Vierfache im Vergleich zum Shanghai Composite erhöhten Kurs-Gewinnverhältnis taucht CSF in keinem Fall als einer der zehn wichtigsten Anteilseigner auf. Es gibt aber mit CSF assoziierte, kleine Spezialfonds, die gezielt an dieser Börse investieren.

In die chinesischen Königsfavoriten zu investieren zahlt sich nicht immer aus. So haben chinesische Banken in den letzten drei Monaten nicht mehr als im Mittel 0,7 Prozent zugelegt, und damit den Shanghai Composite als Gesamtmarkt um drei Prozentpunkte unterboten. An der ChiNext hingegen sind die Kurse um elf Prozent gestiegen, obgleich bekannt wurde, dass diese Titel vom CSF gemieden werden.

In jedem Fall, das geht auch aus den Erkenntnissen der Jahresberichte hervor, bleibt CSF zu groß, um die Strategie zu ignorieren. Alleine das ungeheure Finanzvolumen ist ein gewichtiger Faktor. Laut informierten Personen kann CSF seit Juli auf drei Trillionen Yuan zurückgreifen, und im August sollen anderen Informationen zufolge weitere zwei Trillionen bereitgestellt worden sein.
Überdies interessant ist die offensichtliche Begrenzung der Beteiligungen von CSF bei ungefähr drei Prozent. In keinem Fall der von Bloomberg untersuchten Unternehmen überschritt CSF 3,03 Prozent der ausstehenden Aktien. Aber mindestens bei 115 Unternehmen lag der Anteil gerade so darunter.<

PS: Wenn die Kurse steigen färben sich Chinas Anzeigetafeln rot - im Westen verhält es sich umgekehrt.



(Bloomberg/hf)