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Griff in die Mottenkiste, Dieselgate wird zur Existenzfrage, in den USA versiegen die Ölbohrungen - in China das Wachstum und der Rubel hilft Raiffeisen und Immofinanz

Nicht lange her, da bemängelten Börsianer die Unsicherheit über den Zeitpunkt der US-Zinsanhebung. Wobei es vor allem um die Frage September oder später im Jahr ging. Nun hat sich das Rad wieder ein bisserl weitergedreht - und wir sind wieder in der Phase, dass schlechte Nachrichten gute sind - für die Kurse an den Börsen. Hatten wir schon - also der Griff in die Mottenkiste. Denn wegen der zuletzt enttäuschend ausgefallenen US-Arbeitsmarktdaten gehen immer mehr Beobachter inzwischen davon aus, dass die FED ihren Leitzins in diesem Jahr doch nicht mehr anhebt. Un diese Aussicht auf eine Fortsetzung der Nullzinspolitik hat die Wall Street zu Wochenbeginn mit Kursgewinnen starten lassen - was Europa und Asien schon zuvor taten. Aber nicht nur auf der anderen Seite des Atlantiks herrscht Hoffnung, dass die geldpolitische Bazooka geladen bleibt, für die hiesige Seite wird mehr und mehr davon ausgegangen, dass die aktuelle Bazooka gegen ein Modell mit größerem Kaliber ausgetauscht wird. Der gedämpfte Inflationsausblick durch den globalen Kunjunkturabschwung macht dies möglich: Der sogenannte Five-Year-Five-Year-Forward, der die von Anlegern prognostizierte Inflationsrate zwischen 2020 und 2025 widerspiegelt, blieb mit 1,5955 Prozent in Reichweite seines Rekordtiefs von 1,4837 Prozent. Die EZB strebt aber eine Teuerungsrate von knapp zwei Prozent an. Passend dazu trübte sich im September die Stimmung der Einkaufsmanager in der Eurozone überraschend stark ein. Der PMI fiel von 54,3 Punkten im August auf revidierte 53,6 Punkte, wie das Forschungsinstitut Markit laut einer zweiten Schätzung mitteilte. Zunächst war ein Rückgang auf 53,9 Punkte ermittelt worden. Allerdings hatte der Stimmungswert im August ein mehrjähriges Hoch erreicht. Auch Börsianer rechnen mit einem schwächeren Aufschwung in der Eurozone. Der am Montag veröffentlichte Konjunkturindex der Investmentberatung Sentix gab im Oktober von 13,6 auf 11,7 Punkte nach - der niedrigste Wert seit Jänner. Und wieder passend - aber aus den letzten Minuten: Das Wachstumstempo der US-Dienstleister hat stärker nachgelassen als erwartet. Der entsprechende ISM-Index gab im September um 2,1 auf 56,9 Punkte nach. Analysten hatten einen Rückgang auf 57,5 Zähler erwartet. Passend zum globalen Konjunkturausblick - wieder von diesen Minuten: Fitch prognostiziert China kommendes Jahr ein BIP-Wachstum von 6,3 Prozent - 2017 sollen es 5,5 Prozent sein --new_page-- Raiffeisen Bank International stieg 7,68 Prozent. Die RBI soll die bis Ende 2017 angestrebte Kernkapitalquote von 12 Prozent ohne Kapitalerhöhung schaffen, sagte Bankchef Karl Sevelda im "WirtschaftsBlatt". Ende Juni waren es 10,7 Prozent. Den ebenfalls fürs Eigenkapital nötigen Verkauf der Polen-Tochter wolle man nicht "durchpeitschen", aber ein Signing könnte sich im 1. Halbjahr 2016 ausgehen.

RHI erreichte plus von 4,35 Prozent auf 19,675 Euro. Kepler Cheuvreux hat die Aktie des Herstellers von Feuerfestprodukten von Halten auf Kaufen hochgestuft. Das Kursziel bleibt unverändert bei 24,00 Euro.

Die Immofinanz (plus 4,72 Prozent) hat in Düsseldorf ein weiteres Großprojekt an Land gezogen. Für das Hotelsuchportal trivago errichten die Österreicher bis Mitte 2018 für 145 Mio. Euro das neue Headquarter mit insgesamt 30.000 m2 Fläche, davon 26.000 m2 Büros, sowie 570 Stellplätzen. Samt 16.000 m2 Expansionsflächen für trivago oder andere Mieter beträgt das Investitionsvolumen 200 Mio. Euro.

Übrigens: Volkswagen setzte die Talfahrt wegen "Dieselgate" fort und markierte mit 86,26 Euro zwischendurch ein Fünf-Jahres-Tief. Der designierte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch hatte in einem Interview den Skandal um manipulierte Diesel-Abgaswerte als "existenzbedrohend" bezeichnet. Damit ein Blick auf unsere Zulieferer: Polytec verlor 0,06 Prozent, voestalpine gewann 2,89 Prozent (Marktführer ArcelorMittal legte nach einer Citigroup-Kaufemfehlung mehr als acht Prozent zu).

Spekulationen auf einen Abbau des Überangebots gaben dem Ölpreis etwas Auftrieb. Dies, nach der Ankündigung Russlands, mit anderen Förderländern über die Lage am Ölmarkt sprechen zu wollen. OMV legte 3,0 Prozent zu, SBO 3,67 Prozent. Parallel dazu ging die Zahl der Ölbohrungen in den USA die fünfte Woche in Folge zurück. Wegen der niedrigen Preise wurden 26 Bohrlöcher stillgelegt, teilte der Dienstleister Baker Hughes mit. Mit 614 Stück markierte die Zahl der US-Bohrungen ein Fünf-Jahres-Tief. Mit dem Ölpreis legte auch der Rubel gegen den Euro deutliche mehr als 2,5 Prozent zu - mit ein Grund, warum Raiffeisen und Immofinanz so stark agierten.

Gefragt waren Versorgeraktien (RWE plus mehr als sieben Prozent - E.ON mehr als vier Prozent). Unterstützung gab es wieder einmal durch Politiker-Aussagen. Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) will die Kosten für den Atomausstieg der Energiekonzerne begrenzen. "Wenn wir irgendwann zu dem Ergebnis kommen sollten, dass die 38 Milliarden Euro nicht ausreichen, dann wäre das keine Frage, die die Unternehmen zu lösen haben. Die haben mit uns eine Verabredung über diese festgelegte Summe. Wenn es darüber hinausgeht, ist auch der Staat gefordert", sagte Duin der Zeitung "Rheinische Post". In Wien legte der Verbund 1,81 Prozent zu, die EVN verlor 0,16 Prozent