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’Annus Horribilis’ an den Weltmärkten macht alle zu Verlierern

Nach dem deutlichsten Quartalsverlust in vier Jahren hat der MSCI All Country World Index für weltweite Aktien seit Jahresbeginn - inklusive reinvestierter Dividenden - gut 6,6 Prozent eingebüßt. Der Bloomberg Commodity Index für Rohstoffe ist um 16 Prozent eingebrochen, und der Parker Global Strategies LLC für Devisenfonds fiel 1,8 Prozent zurück.

Selbst der Bereich der Festverzinslichen konnte nicht als sicherer Hafen dienen: Der entsprechende weltweite Index von Bank of America Corp. hat ein Prozent gewonnen - während die globalen Verbraucherpreise um 2,5 Prozent stiegen, wie aus einem Index des Internationalen Währungsfonds hervorgeht.

Nach drei Jahren in einer Aufwärtsspirale steigender Aktienkurse und nie dagewesener geldpolitischer Lockerung geht es jetzt an den Märkten bergab. Schwellenländer von Brasilien bis China verzeichnen eine Abschwächung, und von Seiten der Unternehmensgewinne kommt auch kein Rückenwind.

Heiliger Gral

Analysten haben ihre Prognosen für das Wachstum der Weltwirtschaft in diesem Jahr von 3,5 Prozent zu Jahresbeginn auf mittlerweile drei Prozent zurückgefahren. Und durch die Turbulenzen erhöht sich der Druck auf die Zentralbanken, ihre Konjunkturmaßnahmen zu verlängern. Gleichzeitig senken Händler ihre Wahrscheinlichkeitsschätzungen für eine Zinserhöhung durch die Federal Reserve noch in diesem Jahr.

"Es gab einen Moment, in dem viele dachten, sie hätten eine Art Heiligen Gral des Investierens gefunden, dann kam es zu diesem Zusammenbruch, und der erfolgte auf bemerkenswerte Weise", erklärte Tobias Levkovich, leitender US-Aktienstratege bei Citigroup Inc. in New York. "Auslöser des Ganzen scheint China gewesen zu sein. Das hat Ängste ausgelöst, die uns auf eine Talfahrt geschickt haben."

Investoren haben einen Großteil der Verluste dieses Jahres im dritten Quartal verzeichnet. Der MSCI-Index für weltweite Aktien hat in dem Zeitraum etwa zehn Prozent verloren, während es für den Rohstoffindex von Bloomberg 14 Prozent abwärts ging - das war der stärkste Einbruch seit der globalen Finanzkrise vor sieben Jahren.

Der Marktrisiko-Index von Bank of America, der Schwankungen bei Aktien, Zinsen, Devisen und Rohstoffen erfasst, befand sich in dem Quartal auf dem höchsten Niveau seit Ende 2011. Der Volatilitäts-Index VIX kletterte im August auf seinen Höchststand seit 2011.

Im Zentrum der Investorenängste steht China. Die Turbulenzen an den Finanzmärkten des Landes haben Befürchtungen ausgelöst, die schlimmste wirtschaftliche Abschwächung seit 1990 könnte sich noch vertiefen. Der Shanghai Composite Index brach im dritten Quartal um 29 Prozent ein und damit am stärksten weltweit. Die Landeswährung Yuan büßte 2,4 Prozent ein, nachdem sie von staatlicher Seite im August abgewertet wurde. Das hat weltweite Schockwellen ausgelöst.

Eines der schlimmsten Quartal in der Geschichte

Für den Bloomberg JP Morgan Asia Dollar Index, der die zehn aktivsten Währungen der Region mit Ausnahme Japans abbildet, war es das schlimmste Quartal seit sieben Jahren. Der Index hat nun seit Jahresbeginn 5,1 Prozent eingebüßt auf das niedrigste Niveau seit 2009. Ein vergleichbarer Index für lateinamerikanische Währungen ist auf ein Rekordtief eingebrochen. Selbst Investoren, die auf den Dollar gesetzt haben, mussten erkennen, dass sie auf das falsche Pferd gesetzt haben, nachdem der Yen im dritten Quartal 2,2 Prozent gewann und sich auch der Euro erholte.

"Das wird als eines der schlimmsten Quartale seit einer ganzen Weile in die Geschichte eingehen", sagt Michael Antonelli von Robert W. Baird & Co. in Milwaukee. "Den Anfang machten Bedenken wegen einer Abschwächung in China, und seither ging es Stück für Stück weiter."

Nach Ansicht von Cristian Maggio, Leiter Schwellenland- Analyse bei Toronto Dominion Bank in London, dürfte die Talfahrt der Schwellenland-Vermögenswerte noch nicht vorbei sein.

Während es für Schwellenland-Aktien im dritten Quartal so stark abwärts ging wie seit vier Jahren nicht mehr, sacken Staatsanleihen in Lokalwährung um etwa drei Prozent ab. Der brasilianische Real brach im September auf ein Allzeittief ein, nachdem die Ratingagentur Standard & Poor’s die Bonitätsnote des Landes auf "Ramsch" herabsetzte.

"Längerfristig sehen wir weiterhin fundamentale Gründe für eine Schwäche", sagt Maggio. "Der Ausverkauf sieht übertrieben aus, und ich rechne damit, dass sich dieser extreme Pessimismus in nächster Zeit etwas relativieren wird. Aber die Märkte müssen der Überzeugung sein, dass der Ausverkauf der Schwellenland- Währungen zu weit gegangen ist. Trübe Stimmung und Panikverkäufe können sich selbst erfüllend werden."