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Zinsunsicherheit setzt Europas Börse wohl weiter zu - VW vorbörslich bereits zehn Prozent im Minus

Europas Leitbörsen dürften zum Start in die neue Woche an ihre Verluste vom vergangenen Freitag anknüpfen. Der Future auf den Euro-Stoxx-50 notierte gegen 8.34 Uhr bei 3.134 Punkten mit einem Minus von 0,60 Prozent. Beim Londoner FTSE-100 zeichnete sich eine um 0,31 Prozent tiefere Eröffnung ab.

Auch die Talfahrt im Frankfurter DAX dürfte sich mit gedrosseltem Tempo fortsetzen. Die sich fortsetzende Unsicherheit über die Geldpolitik der US-Notenbank (Fed), der Wahlausgang in Griechenland und der Skandal über manipulierte Abgaswerte von Volkswagen (VW) in den USA seien die wohl wichtigsten Belastungsfaktoren für den deutschen Aktienmarkt an diesem Morgen, sagten Börsianer.

Der X-Dax zeigte sich am Montag eine Dreiviertelstunde vor Handelsstart mit 0,38 Prozent bei 9.783 Punkten unter dem Freitagsschluss des deutschen Leitindex.

Analyst Dirk Gojny von der National-Bank sprach angesichts der Entscheidung der Fed, die Leitzinsen vorerst weiter auf ihrem historischen Tiefstand beizubehalten, von einer Fortsetzung des Rätselratens: "Mit mehr Klarheit, wohin die Leitzinsreise in den USA gehen wird, ist vorerst nicht zu rechnen. Daran werden die Aussagen des Fed-Mitglieds Dennis Lockhart heute kaum etwas ändern."

Zudem dürfte laut Gojny der Wahlerfolg der linken Syriza-Partei in Griechenland trotz der geringen Wahlbeteiligung von Interesse sein. Fraglich sei, wie weit das angeschlagene Euroland bei der Umsetzung der Auflagen aus dem dritten Stützungspaket der EU ist. "Die Schuldenkrise und die Probleme um und mit Griechenland sind noch längst nicht von der Agenda", kommentierte er.

Zu diesen allgemeinen Unsicherheiten gesellen sich an diesem Tag auch unternehmesspezifische hinzu: Die dem Volkswagen-Konzern in den USA wegen manipulierter Abgastests bei Diesel-Fahrzeugen drohende Milliardenstrafe dürfte den Anlegern schwer aufs Gemüt schlagen, erwartet ein Händler. Hinzu kommt noch, dass sich der konzernweite Abwärtstrend bei den Fahrzeugverkäufen von VW auch im August fortsetzte. Vorbörslich brach die Aktie des Wolfsburger Autobauers beim Broker Lang & Schwarz (L&S) bereits um rund 10 Prozent ein.

Im Fokus stehen ansonsten vor allem Fusions- und Übernahmevorhaben: So steht im boomenden deutschen Immobilienmarkt eine neue Milliardenakquisition an. Die Deutsche Wohnen aus Frankfurt und die kleinere Düsseldorfer Rivalin LEG Immobilien wollen sich zusammenschließen, wie beide MDax-Konzerne am Sonntag mitteilten. Zusammen würden beide Unternehmen dichter an den frisch umbenannten Immobilienkonzern Vonovia heranrücken, der an diesem Tag im Dax sein Debüt hat. Die einstige Deutsche Annington ersetzt den Spezialchemiekonzern Lanxess, der nun im MDax zu finden ist.

Der Halbleiterhersteller Dialog Semiconductor will sich zudem mit einer milliardenschweren Übernahme in den USA verstärken. Mit dem Management des Konkurrenten Atmel wurde eine Fusionsvereinbarung geschlossen, wonach laut Dialog insgesamt rund 4,6 Milliarden US-Dollar für Atmel gezahlt werden sollen. Wenn die Behörden zustimmen, soll der Deal bereits im ersten Quartal kommenden Jahres unter Dach und Fach sein.

Der Kabelspezialist Leoni will in China seine Marktposition ausbauen und hat dafür ein neues Joint Venture in der Volksrepublik geschlossen. Daher, so hieß es weiter, müsse Leoni aufgrund von Rechnungslegungsvorschriften nun seine Prognose für das kommende Jahr anpassen. 2016 rechnet der Autozulieferer demnach mit einem Umsatz von etwa 4,8 Milliarden (bisher 5 Milliarden) Euro. Ein Händler meinte dazu: "Die Nachricht klingt zwar positiv, ist es aber nicht, denn der Ausblick wurde gesenkt." Der vorbörsliche Kurs der Aktie gibt ihm recht: Das Papier büßte bei L&S rund 3 Prozent ein.

Etwas mehr als 5 Prozent verlor bei L&S zugleich das Papier von ElringKlinger. Der Autobauer kappte erneut seine Gewinnziele.

Spannend für die Anleger dürfte zudem ein geplanter Börsengang sein: Der Autozulieferer und Conti-Großaktionär Schaeffler will nun selbst an die Börse gehen. Künftig sollen rund 25 Prozent der Anteile am Familienunternehmen frei gehandelt werden. Dafür trennt sich die Familie Schaeffler als bisheriger Alleineigentümer von bis zu 100 Millionen Aktien. Zudem ist die Ausgabe von 66 Millionen neuen Anteilsscheine geplant, mit denen das Kapital des Unternehmens erhöht und die Schulden gesenkt werden. Zur genauen Zeitplanung und den Erlösvorstellungen machte Schaeffler zunächst keine Angaben.