, boerse-express
Quo vadis Gold?
von Daniel Schwaninger,
Analyst/Fondsmanager Schoellerbank
Der Goldpreis ist im Juli unter 1100 US-Dollar je Feinunze gefallen, dies entspricht dem niedrigsten Stand seit fünfeinhalb Jahren. Doch was sind die Gründe für diese nun schon lang anhaltende Abwärtsbewegung? Das derzeit übergeordnete Thema für den Goldmarkt ist die relativ gute Verfassung der US-Konjunktur und die daraus resultierenden Annahmen für die weitere Zins- und Wechselkursentwicklung. Gold wirft weder Zinsen noch Dividenden ab, daher gelten Zinsanhebungen grundsätzlich als Gift für Edelmetallanlagen. Steigende Zinsen bedeuten steigende Opportunitätskosten für Gold. Dies heißt, andere Kapitalanlagen, wie z.B. sichere Anleihen, werfen höhere Renditen ab und gewinnen damit im Vergleich zu Gold an Attraktivität. Gute Konjunkturnachrichten erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhebung und sind daher nachteilig für die Goldpreisentwicklung.
Diese Theorie konnte allerdings nicht immer bestätigt werden. Als die amerikanische Notenbank die Zinsen in den Jahren 2004 bis 2006 schrittweise von 1% auf 5,25% anhob, konnte der Preis dennoch um über 50% zulegen. Ein ähnliches Szenario könnte abermals eintreten, da der Markt zukünftige Zinserhöhungen bereits einpreist. Sobald diese eintreten, sollte die Unsicherheit darüber verflogen sein und eine Gegenbewegung wäre möglich. Ein weiterer Umstand, welcher für eine aktuell niedrige Notierung sorgt, ist der starke US-Dollar. Die Währungsentwicklung ist eng mit der Zinsentwicklung verknüpft und steigende Zinsen bedeuten meist auch eine stärkere Währung. Da Gold in US-Dollar notiert, können sich ausländische Käufer für einen bestimmten Betrag weniger Gold leisten, wodurch die Nachfrage abnimmt. Die derzeitige Preisentwicklung wird allerdings auch durch Spekulanten bestimmt, welche an den Terminbörsen agieren. Sie haben mit ihren Verkäufen maßgeblich zur schwachen Preisentwicklung beigetragen.
Wer kauft derzeit Gold? Die Nachfrage nach Gold blieb, anders als in vorherigen Krisenzeiten, vergleichsweise verhalten. Dies lässt sich an der Entwicklung des Goldbestandes physisch besicherter Wertpapiere, wie ETFs und ETCs (Exchange-traded Funds und Exchange-traded Commoditys), ablesen. Wer sich von den fallenden Preisen jedoch nicht die Laune verderben ließ, sind die Notenbanken. Sie stehen weiterhin, oder eben gerade deshalb, auf der Käuferseite. In Summe beliefen sich die von Notenbanken getätigten Käufe im Jahr 2014 auf − vom World Gold Council, eine Lobby-Organisation der Goldminenindustrie, geschätzte − 466 Tonnen, dies entspricht einem Plus von rund 14% gegenüber dem Vorjahr. Alleine Russland erwarb davon 173 Tonnen, da physisch gelagertes Gold im eigenen Land attraktiver erscheint als Devisenreserven im Ausland, welche durch Sanktionen eingefroren werden könnten. Die Fortführung der Käufe durch die Notenbanken könnte sich für die weitere Preisentwicklung als Stütze erweisen.
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Gold als Anlage. Wir haben einige Studien zur langfristigen Entwicklung von verschiedenen Asset-Klassen durchgearbeitet. Die Ergebnisse stellen keine Überraschung dar. Wer 1926, also relativ knapp vor dem bisher größten Börsen-Desaster der Geschichte im Jahr 1929, 100 US-Dollar in US-Aktien investierte, kann sich heute über ein Vermögen von ca. 460.000 (!) US-Dollar freuen, wenn er die erhaltenen Dividenden jeweils reinvestiert hat. Das entspricht einer Rendite von 10% p.a.. Zinspapiere, mit einer Laufzeit von 1 bis 30 Jahren erbrachten eine Rendite von knapp 6% oder ein Vermögen von ca. 16.000 US-Dollar. Mit Gold stünde man bei ca. 5800 US-Dollar. Interessant im Zusammenhang mit Gold ist, dass die Schwankungsbreite erheblich ausfiel. Mit einer annualisierten Standardabweichung von ca. 16% ist man bereits im aktienähnlichen Bereich (um die 19%). Bonds schwankten dagegen nur um etwa 6 Prozent. Die deutlich schwächere Performance hatte für Anleger zumindest den Vorteil, dass sie wesentlich geringere Schwankungen verdauen mussten. Gold fällt dagegen risikoadjustiert völlig aus dem Rahmen und eignet sich aus dieser historischen Sichtweise heraus – alle anderen Faktoren unberücksichtigt – nicht für eine Vermögensveranlagung. Allerdings hat diese rein statistische Sichtweise natürlich Schwächen, insofern sollte man die Ergebnisse nicht überinterpretieren. Mit Geldmarktanlagen (Sparbücher, Festgelder bzw. Geld mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr) erzielte man nur eine Performance von 3,6% (oder ca. 2200 US-Dollar). Auch wenn die Schwankungsbreite nur bei 1% lag, wird deutlich, dass sich Geldmarktveranlagungen ebenfalls nicht als langfristige Vermögensanlage eignen, vielmehr sollten diese Gelder zur Liquiditätssteuerung dienen.
Die Inflation, gemessen an der US-Verbraucherpreis-Entwicklung, betrug in diesem Zeitraum 2,9 Prozent. Zieht man diesen Wert von den o.a. Performance-Daten ab, erhält man die Realverzinsung. Somit ist der Inflationsschutz durch Gold nicht nachweisbar. Es gab Phasen, in denen Gold tatsächlich hohe Inflationsraten über Wertzuwächse ausgleichen konnte, aber eben auch Phasen, in denen das nicht passiert ist. Inflationsgeschützte Bonds eignen sich in diesem Zusammenhang sicherlich besser als Inflationsschutz.
Gold als Krisenschutz. Man könnte meinen, Gold sollte in Zeiten großer Krisen profitieren Doch weder der Ukraine-Russland-Konflikt, noch die Eskalation der Griechenland-Krise oder der Einbruch am chinesischen Aktienmarkt konnten dem Edelmetall einen nachhaltigen Preisschub verleihen. Wer es sich leisten kann die Performance einer Anlage zu ignorieren, der sollte Gold durchaus als einen Schutz gegen große Krisen in Erwägung ziehen. Gold ist eine gute Veranlagung in Krisenzeiten. Allerdings gehen wir nicht davon aus, dass wir von größeren Krisen, wie vor allem Kriegen oder Mega-Naturkatastrophen, heimgesucht werden.
Der Preis des Goldes. Wir können bei der Asset-Klasse Edelmetalle keine Cash-Flows diskontieren und auch mit keiner Verzinsung arbeiten. Kurz, wir können keinen fairen Wert für Gold bestimmen. Was wir in der Analyse tun können, ist uns die Sentiment-Indikatoren für das Gold anzusehen. Diese sehen im Augenblick schrecklich aus. Die Anleger sind extrem pessimistisch gegenüber Gold gestimmt, was antizyklisch als Kaufsignal zu werten ist. Sentiments können sich aber schnell ändern. Für langfristig orientierte Investoren ist diese Analyse interessant, wenn es darum geht, einen guten Einstiegs- oder auch Ausstiegszeitpunkt zu finden. Ein fundamentales Risiko für die Entwicklung des Goldpreises ist in Indien zu finden. Das World Gold Council schätzt die Goldvorräte dort auf mehr als 20.000 Tonnen. Die indischen Goldbesitzer sollen nun mit steuerfreien Zinszahlungen überzeugt werden, das Gold bei Banken zu deponieren. Die Banken sollen das Gold als Sicherheit bei der Zentralbank abgeben können. Die Regierung will so unter anderem die teuren Goldimporte des Landes verringern, denn das Edelmetall ist nach Erdöl das zweitwichtigste Importgut. Kein anderer Staat importiert so viel Gold wie Indien.
Fazit. Wenn sich Anleger auf die Theorie verlassen könnten, wonach steigende Zinsen zu einem sinkenden Goldpreis führen, dann spräche derzeit kaum etwas für Gold. In der Praxis sieht es jedoch oft etwas anders aus, da die Notenbanken meist keine genauen Pläne über ihr Vorgehen veröffentlichen und jederzeit unvorhergesehene Ereignisse eintreten können. In der Vergangenheit wäre es keine sonderlich gute Idee gewesen, auf Gold als Anlage zu setzen. Daran konnten auch Menschheitskatastrophen wie der Zweite Weltkrieg nichts ändern. Qualitätsaktien eignen sich für diesen Zweck wesentlich besser. Ein geringer Anteil des Portfolios kann allerdings durchaus als Krisenschutz Verwendung finden. Wenn Anleger Gold aus diesem Grund ins Auge fassen, sollten sich diese nicht von den Schwankungen des Goldpreises verunsichern lassen
Analyst/Fondsmanager Schoellerbank
Der Goldpreis ist im Juli unter 1100 US-Dollar je Feinunze gefallen, dies entspricht dem niedrigsten Stand seit fünfeinhalb Jahren. Doch was sind die Gründe für diese nun schon lang anhaltende Abwärtsbewegung? Das derzeit übergeordnete Thema für den Goldmarkt ist die relativ gute Verfassung der US-Konjunktur und die daraus resultierenden Annahmen für die weitere Zins- und Wechselkursentwicklung. Gold wirft weder Zinsen noch Dividenden ab, daher gelten Zinsanhebungen grundsätzlich als Gift für Edelmetallanlagen. Steigende Zinsen bedeuten steigende Opportunitätskosten für Gold. Dies heißt, andere Kapitalanlagen, wie z.B. sichere Anleihen, werfen höhere Renditen ab und gewinnen damit im Vergleich zu Gold an Attraktivität. Gute Konjunkturnachrichten erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhebung und sind daher nachteilig für die Goldpreisentwicklung.
Diese Theorie konnte allerdings nicht immer bestätigt werden. Als die amerikanische Notenbank die Zinsen in den Jahren 2004 bis 2006 schrittweise von 1% auf 5,25% anhob, konnte der Preis dennoch um über 50% zulegen. Ein ähnliches Szenario könnte abermals eintreten, da der Markt zukünftige Zinserhöhungen bereits einpreist. Sobald diese eintreten, sollte die Unsicherheit darüber verflogen sein und eine Gegenbewegung wäre möglich. Ein weiterer Umstand, welcher für eine aktuell niedrige Notierung sorgt, ist der starke US-Dollar. Die Währungsentwicklung ist eng mit der Zinsentwicklung verknüpft und steigende Zinsen bedeuten meist auch eine stärkere Währung. Da Gold in US-Dollar notiert, können sich ausländische Käufer für einen bestimmten Betrag weniger Gold leisten, wodurch die Nachfrage abnimmt. Die derzeitige Preisentwicklung wird allerdings auch durch Spekulanten bestimmt, welche an den Terminbörsen agieren. Sie haben mit ihren Verkäufen maßgeblich zur schwachen Preisentwicklung beigetragen.
Wer kauft derzeit Gold? Die Nachfrage nach Gold blieb, anders als in vorherigen Krisenzeiten, vergleichsweise verhalten. Dies lässt sich an der Entwicklung des Goldbestandes physisch besicherter Wertpapiere, wie ETFs und ETCs (Exchange-traded Funds und Exchange-traded Commoditys), ablesen. Wer sich von den fallenden Preisen jedoch nicht die Laune verderben ließ, sind die Notenbanken. Sie stehen weiterhin, oder eben gerade deshalb, auf der Käuferseite. In Summe beliefen sich die von Notenbanken getätigten Käufe im Jahr 2014 auf − vom World Gold Council, eine Lobby-Organisation der Goldminenindustrie, geschätzte − 466 Tonnen, dies entspricht einem Plus von rund 14% gegenüber dem Vorjahr. Alleine Russland erwarb davon 173 Tonnen, da physisch gelagertes Gold im eigenen Land attraktiver erscheint als Devisenreserven im Ausland, welche durch Sanktionen eingefroren werden könnten. Die Fortführung der Käufe durch die Notenbanken könnte sich für die weitere Preisentwicklung als Stütze erweisen.
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Gold als Anlage. Wir haben einige Studien zur langfristigen Entwicklung von verschiedenen Asset-Klassen durchgearbeitet. Die Ergebnisse stellen keine Überraschung dar. Wer 1926, also relativ knapp vor dem bisher größten Börsen-Desaster der Geschichte im Jahr 1929, 100 US-Dollar in US-Aktien investierte, kann sich heute über ein Vermögen von ca. 460.000 (!) US-Dollar freuen, wenn er die erhaltenen Dividenden jeweils reinvestiert hat. Das entspricht einer Rendite von 10% p.a.. Zinspapiere, mit einer Laufzeit von 1 bis 30 Jahren erbrachten eine Rendite von knapp 6% oder ein Vermögen von ca. 16.000 US-Dollar. Mit Gold stünde man bei ca. 5800 US-Dollar. Interessant im Zusammenhang mit Gold ist, dass die Schwankungsbreite erheblich ausfiel. Mit einer annualisierten Standardabweichung von ca. 16% ist man bereits im aktienähnlichen Bereich (um die 19%). Bonds schwankten dagegen nur um etwa 6 Prozent. Die deutlich schwächere Performance hatte für Anleger zumindest den Vorteil, dass sie wesentlich geringere Schwankungen verdauen mussten. Gold fällt dagegen risikoadjustiert völlig aus dem Rahmen und eignet sich aus dieser historischen Sichtweise heraus – alle anderen Faktoren unberücksichtigt – nicht für eine Vermögensveranlagung. Allerdings hat diese rein statistische Sichtweise natürlich Schwächen, insofern sollte man die Ergebnisse nicht überinterpretieren. Mit Geldmarktanlagen (Sparbücher, Festgelder bzw. Geld mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr) erzielte man nur eine Performance von 3,6% (oder ca. 2200 US-Dollar). Auch wenn die Schwankungsbreite nur bei 1% lag, wird deutlich, dass sich Geldmarktveranlagungen ebenfalls nicht als langfristige Vermögensanlage eignen, vielmehr sollten diese Gelder zur Liquiditätssteuerung dienen.
Die Inflation, gemessen an der US-Verbraucherpreis-Entwicklung, betrug in diesem Zeitraum 2,9 Prozent. Zieht man diesen Wert von den o.a. Performance-Daten ab, erhält man die Realverzinsung. Somit ist der Inflationsschutz durch Gold nicht nachweisbar. Es gab Phasen, in denen Gold tatsächlich hohe Inflationsraten über Wertzuwächse ausgleichen konnte, aber eben auch Phasen, in denen das nicht passiert ist. Inflationsgeschützte Bonds eignen sich in diesem Zusammenhang sicherlich besser als Inflationsschutz.
Gold als Krisenschutz. Man könnte meinen, Gold sollte in Zeiten großer Krisen profitieren Doch weder der Ukraine-Russland-Konflikt, noch die Eskalation der Griechenland-Krise oder der Einbruch am chinesischen Aktienmarkt konnten dem Edelmetall einen nachhaltigen Preisschub verleihen. Wer es sich leisten kann die Performance einer Anlage zu ignorieren, der sollte Gold durchaus als einen Schutz gegen große Krisen in Erwägung ziehen. Gold ist eine gute Veranlagung in Krisenzeiten. Allerdings gehen wir nicht davon aus, dass wir von größeren Krisen, wie vor allem Kriegen oder Mega-Naturkatastrophen, heimgesucht werden.
Der Preis des Goldes. Wir können bei der Asset-Klasse Edelmetalle keine Cash-Flows diskontieren und auch mit keiner Verzinsung arbeiten. Kurz, wir können keinen fairen Wert für Gold bestimmen. Was wir in der Analyse tun können, ist uns die Sentiment-Indikatoren für das Gold anzusehen. Diese sehen im Augenblick schrecklich aus. Die Anleger sind extrem pessimistisch gegenüber Gold gestimmt, was antizyklisch als Kaufsignal zu werten ist. Sentiments können sich aber schnell ändern. Für langfristig orientierte Investoren ist diese Analyse interessant, wenn es darum geht, einen guten Einstiegs- oder auch Ausstiegszeitpunkt zu finden. Ein fundamentales Risiko für die Entwicklung des Goldpreises ist in Indien zu finden. Das World Gold Council schätzt die Goldvorräte dort auf mehr als 20.000 Tonnen. Die indischen Goldbesitzer sollen nun mit steuerfreien Zinszahlungen überzeugt werden, das Gold bei Banken zu deponieren. Die Banken sollen das Gold als Sicherheit bei der Zentralbank abgeben können. Die Regierung will so unter anderem die teuren Goldimporte des Landes verringern, denn das Edelmetall ist nach Erdöl das zweitwichtigste Importgut. Kein anderer Staat importiert so viel Gold wie Indien.
Fazit. Wenn sich Anleger auf die Theorie verlassen könnten, wonach steigende Zinsen zu einem sinkenden Goldpreis führen, dann spräche derzeit kaum etwas für Gold. In der Praxis sieht es jedoch oft etwas anders aus, da die Notenbanken meist keine genauen Pläne über ihr Vorgehen veröffentlichen und jederzeit unvorhergesehene Ereignisse eintreten können. In der Vergangenheit wäre es keine sonderlich gute Idee gewesen, auf Gold als Anlage zu setzen. Daran konnten auch Menschheitskatastrophen wie der Zweite Weltkrieg nichts ändern. Qualitätsaktien eignen sich für diesen Zweck wesentlich besser. Ein geringer Anteil des Portfolios kann allerdings durchaus als Krisenschutz Verwendung finden. Wenn Anleger Gold aus diesem Grund ins Auge fassen, sollten sich diese nicht von den Schwankungen des Goldpreises verunsichern lassen