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Morgenstund hat Gold im Mund - drei Anlagechancen mit Zukunftspotenzial

Diesmal wollen wir uns hier mit drei Märkten beschäftigen, die in den vergangenen Jahren (teils mehr als zurecht) von Anlegern links liegen gelassen wurden (bzw. werden mussten), wo sich aber nun mit einem längerfristigen Blickwinkel ein ‘window of opportunity’ öffnen dürfte: Als da wäre der Iran, dessen Wirtschaft nach einer Aufhebung der Sanktionen vor frischen Kapitalströmen und hohen Wachstumsraten stehen sollte. Dazu kommt Ägypten, wo der Ausbau des Suez-Kanals ebenfalls für frische Impulse in der Wirtschaft sorgen soll. Und last but not least Saudi Arabien. Nicht nur, dass sich das Land mehr und mehr ausländischen Anlegern öffnet, hier steht auf Grund dessen auch die Aufnahme in den MSCI-Index an. So etwas bewegt Dutzende Milliarden an institutionellen Geldern - was einem Aktienmarkt in der Regel auch nicht schlecht tut.

Norwegen macht’s vor. Nicht anders investiert verstärkt Norwegens Staatsfonds: Dieser bewegt sich in Richtung Schwellen- und Frontiermärkte, weil die Erträge in Industrieländern auf Grund der Lockerung der Geldpolitik zuletzt unter Druck geraten sind. „Die Geldpolitik beeinflusst die Preisgestaltung im heutigen Markt in einem Ausmaß, dass die Geldpolitik selbst zu einem Risiko geworden ist, das man im Auge behalten muss“, begründet Yngve Slyngstad, Vorstandschef von Norges Bank Investment Management, in einem Interview mit Bloomberg diesen Weg.

Kommen wir zum Iran: Dieser bereitet sich auf die Rückkehr in den Welthandel vor. Ausländische Delegationen sondieren in Teheran bereits künftige Möglichkeiten für Investitionen und Kooperationen. Es gibt eigentlich keinen Bereich, der nicht von den Sanktionen betroffen ist. Somit bietet das Land nach deren Wegfall eine enorme Breite an Investitionsmöglichkeiten. Es gibt Schätzungen, wonach ein jährlicher Investitionsbedarf von 100 Milliarden US-Dollar für die iranische Wirtschaft erwartet werden kann, insbesondere für Infrastrukturmaßnahmen, Luftverkehr, Ölindustrie, Maschinenbau und Medizintechnik. Dies auf einem Wertpapiermarkt, der von Ausländern noch völlig unangetastet ist. Die Beteiligungsquote von ausländischen Investoren beträgt aktuell etwa 1 Prozent.

Der Leitindex der Börse in Teheran ist der Tepix-Index, der Tehran Exchange Price-Index. Er beinhaltet alle an der Tehran Stock Exchange (TSE) notierten Aktien (420). Der Nischenmarkt startete 1990 mit 100 Punkten und ereichte Anfang 2014 einen Höchststand bei 89.500 Punkten (bei gleichzeitig verfallender Währung) - inzwischen hat der Index um etwa 25% (als es im November 2014 zum Agreement kam, dass die Gespräche weiter ausgedehnt werden müssen) korrigiert.
Künftige Iran-Investoren setzen ebenso auf ein Comeback des Iranischen Rial. Bislang fehlen dem Staat Devisen, die Währung ist nicht zuletzt wegen den Sanktionen und dem schwachen Ölpreis verfallen. Zum Vergleich: Vor gut zwei Jahren mussten Iraner für einen US-Dollar noch 12.000 Rial zahlen - Mitte 2015, waren es rund 29.500 Rial.
Als Anlageland bietet der Iran jedenfalls in Reinkultur, was Anleger von einem Frontier-Market erwarten. Der Iran hat rund 75 Mio. Einwohner (letzte Volkszählung von 2011), wobei das Durchschnittsalter bei 28 Jahren liegt. Der Eintritt großer Bevölkerungsteile in den Produktions- und Konsumationsprozess steht somit noch bevor.
Punkt 2 ist der Rohstoffreichtum. In iranischem Boden lagern die größten Energiereserven weltweit: Die nach Saudi-Arabien größten Öl-Reserven und die nach Russland größten Gasvorkommen.
Mit dem Ende der Sanktionen dürfte der Iran als ein weiterer großer Frontier-Markt neue Investorengelder anziehen: Gründe für den als unterbewertet geltenden iranischen Aktienmarkt sind nicht zuletzt vorhandene politische Risiken und der Mangel ausländischen Kapitals.

Trotz der langfristig interessanten Aussichten ist die Börse in Teheran günstig bewertet. Das Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der 2015er Gewinnprognosen summiert sich auf 6, berichtet Aspian Invest AG-Vorstand Stefan R. Kille
Ein Investment in den Iran ist zwar noch nicht leicht (für Private eigentlich unmöglich) - aber in Kürze machbar: Turquoise Partners Group hat sich die Genehmigungen für seinen Turquoise TSE 30 Iran Index ETF gesichert, der den Leitindex der Börse Teheran, den TSE 30 aus den wichtigsten Aktien dieses Ölexporteurs, abbildet. Und Charlemagne Capital hat die Emission eines Aktienfonds für den Iran angekündigt - mit eben Turquoise als Partner.
Übrigens: Die Staatsschulden des Iran sind im weltweiten Vergleich gering und lagen per Ende 2014 bei 11,4 Prozent des BIP - Österreich steht bei Bloomberg zum Vergleich bei 84,5 Prozent.
Den Iran hat Norwegens Staatsfonds noch nicht im Visier, sehr wohl aber eine unweit gelegene Weltregion. Der 890 Mrd. US-Dollar schwere Fonds, der bereits in Südafrika investiert hat, weitet seine Anlagen in den Norden und den Westen des Kontinents aus, sagte Slyngstad. „Im Norden von Afrika haben wir seit einiger Zeit Anlagen in Marokko und Ägypten. Und es kommen ein paar Investments in Tunesien.“
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Es begann 1869. Die aktuelle Story Ägyptens begann eigentlich 1869 - mit der Eröffnung des Suezkanals. Dieser Kanal zwischen den Hafenstädten Port Said und Port Taufiq verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und erspart der Seeschifffahrt zwischen Nordatlantik und Indischem Ozean den Weg um Afrika. Und findet in der Anfang August mit großem Pomp gefeierten Einweihung des ‘Neuen Suezkanals’ seine Fortsetzung. Die 72 Kilometer lange Wasserstraße wurde in weniger als einem Jahr gebaut - obwohl erste Schätzungen von drei Jahren ausgingen. Die nötigen Gelder trieb die Regierung größtenteils über den Verkauf von Anleihezertifikaten an Bürger auf. Teilweise verläuft die neue Wasserstraße parallel zum inzwischen fast 150 Jahre alten Suezkanal.

Teilweise wurde der alte Kanal erweitert und vertieft. Das umgerechnet fast 8 Mrd. Euro teure Projekt ist insbesondere für Präsident Abdel Fattah al-Sisi von wichtiger Bedeutung: Es soll nicht nur der trägen ägyptischen Wirtschaft Schwung geben, sondern damit auch seiner Machtposition.

Der erste Suezkanal öffnete 1869, nach fast einem Jahrzehnt Bauzeit. Er ist nach wie vor eine wichtige Route für den Welthandel und eine der am meisten befahrenen Wasserstraßen überhaupt. Der ‘Neue Suezkanal’ ermöglicht nun deutlich mehr Verkehr zwischen dem Roten Meer und dem Mittelmeer: Während dort heute 49 Schiffe täglich unterwegs sind, sollen es bis 2023 mit 97 fast doppelt so viele sein. Zudem kann der neue Kanal in beide Richtungen befahren werden - die Wartezeit für Schiffe verkürzt sich dadurch von 18 auf elf Stunden.

Für Ägypten sind vor allem die Gebühren für die Durchfahrt eine wichtige Einnahmequelle. Vom ‘Neuen Suezkanal’ erhofft sich die Regierung, dass er noch mehr Geld in die Kassen spült. Während für 2015 Einnahmen in Höhe von 5,3 Mrd. US-Dollar (4,8 Mrd. Euro) erwartet werden, sollen es 2023 bereits 13,2 Mrd. Dollar sein. Die ägyptischen Behörden jedenfalls sind mit großen Erwartungen nicht sparsam. Sie wollen das Ufer des ‘Neuen Suezkanals’ zu einem Industrie- und Handelsgebiet ausbauen - mit mehreren Häfen und einer Service-Anlaufstelle für Handelsflotten. Alles in allem verspricht sich die Regierung für die nächsten 15 Jahre eine Million neue Jobs.

Dass ein reines Ägypten-Investment aktuell unter den Produktanbietern nur ein Nischenprogramm ist, ist klar - möglich ist es aber. Etwa über das RBS (BNP Paribas) Open-End Zertifikat auf CASE 30 (ISIN NL0000047991) und den Market Vectors Egypt Index ETF (FR0010588210).
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Die Nummer 1 Arabiens. Nicht wirklich viel breiter ist die Auswahl für die größte arabische Börse - Saudi-Arabien mit einer Kapitalisierung von rund 550 Mrd. US-Dollar (die rund 180 börsennotierten saudi-arabischen Unternehmen sind schwerer als alle anderen im Nahen Osten zusammen. Damit liegt der Markt auf Augenhöhe mit Mexiko, Indonesien oder Russland). Dies, denn bislang dürfen dort nur inländische Anleger sowie Investoren aus den Mitgliedsländern des Golf-Kooperationsrates (Bahrain, Katar, Kuwait, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate.) handeln. Eine (Halb-)Lösung bietet die Deutsche Bank mit einem Indexfonds (ISIN: IE00BQXKVQ19), in dem zu 67 Prozent saudische Unternehmen abgebildet werden. Noch direkter sind HSBC Amanah Saudi 20 (ISIN: SA12T0A4IT43) sowie Falcom Saudi Equity ETF SAR (ISIN: SA12HGA4IS40)
Grund für den Optimismus bezüglich Riad: Der 90-jährige König Abdullah möchte das Land unabhängiger vom Ölexport machen und bemüht sich, die Wirtschaft zu diversifizieren. Dafür wurde ein Investitionsplan über 130 Mrd. US-Dollar geschaffen. Und seit dem 15. Juni ist die Börse in Riad auch für nichtarabische Ausländer zugänglich. Was wiederum ein Schritt Richtung Aufnahme in den Schwellenländer-Index von MSCI ist. Was Saudi Arabien durch die Handelsbeschränkungen für Ausländer bisher verwehrt war (so ein Prozess dauert aber).

Saudi-Arabien ist der weltweit größte Ölproduzent und trotz seiner nur 30 Millionen Einwohner die größte Volkswirtschaft in der arabischen Welt. Die Landeswährung Rial ist an den US-Dollar gebunden. Die Hälfte der Bevölkerung des Golfstaates ist jünger als 25 Jahre. Damit werden in den kommenden Jahren immer mehr Saudis ins erwerbsfähige Alter kommen und das Wachstum antreiben. Dabei lag das Wirtschaftswachstum bereits in den vergangenen vier Jahren bei im Schnitt 6,4 Prozent - obwohl es in den umliegenden Ländern von Ägypten über Irak bis nach Dubai politische Unruhen und Turbulenzen gab. „Der große schlafende Riese in der Region ist Saudi-Arabien”, sagte dazu Gary Dugan, als Chief Investment Officer für die Kapitalanlagen bei der National Bank of Abu Dhabi PJSC in Abu Dhabi verantwortlich.

Privatanlegern bleibt es allerdings auch nach Öffnung der saudischen Börse verwehrt, direkt Aktien des Landes zu kaufen. Sie müssen auf börsennotierte Fonds (ETFs) oder Derivate ausweichen. Direkte Aktienkäufe sind nur „Qualifizierten Ausländischen Investoren“ erlaubt, das heißt Großanlegern wie Versicherungen und Pensionsfonds, die ein Vermögen von mindestens fünf Milliarden Dollar verwalten. Nach den bis dato bekannten Plänen soll zugleich die Höchstgrenze für die Beteiligung eines einzelnen ausländischen Anlegers an einem heimischen Unternehmen auf fünf Prozent begrenzt werden. Maximal 20 Prozent des Grundkapitals der Firmen und zehn Prozent der Marktkapitalisierung der gesamten saudi-arabischen Börse dürfen in ausländischer Hand liegen. Damit bleiben saudische Firmen vor Übernahmen aus dem Ausland geschützt.

Übrigens: Schneller als beim MSCI Emerging Markets könnte es laut Reglement beim MSCI Frontier Market Index gehen, wo der saudi-arabische Aktienmarkt auf einen Schlag etwa 60 Prozent Gewicht hätte. Hinter diesem Index stehen aber deutlich weniger Gelder ...

Womit wir am Schluss wieder beim Anfang sind. Denn mit einer entspannten Situation im Iran könnten sich so manche K(r)ämpfe auch in der Golfregion auflösen ...

Weitere Anlagemöglichkeiten für die Region gibt es etwa von der Erste Sparinvest - den ESPA STOCK MIDDLE EAST AND AFRICAN MARKETS (AT0000A04GA4). Weiters: Market Vectors Gulf States ETF (US57060U7798), Wisdom Tree Middle East Dividend Fund (US97717X3052), JB EF Northern Africa-EUR (LU0303756539), RBS MSCI Em & Front. Africa ex Südafrika (LU0667622384), Franklin MENA Fund (ISIN: LU0352132285), T. Rowe Price Funds - Middle East & Africa Equity Fund A LU0310187579, FT EMERGING ARABIA (EUR) LU0317905148 sowie das ,bereits erwähnte Deutsche Bank-Produkt db-x-trackers MSCI GCC Select Index UCITS ETF IE00BQXKVQ19

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