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USA: Sechs Jahre Boom - kommt jetzt der Crash?

Robert James Shiller ist eine schillernde Persönlichkeit, nicht nur, weil er 2013 den von der schwedischen Reichsbank gestifteten Preis für Wirtschaftswissenschaften in Gedenken an Albert Nobel erhielt. Bereits in den 1980er Jahren entwickelt der Wissenschaftler, der seinen Doktortitel an der US-Elitehochschule Massachusetts Institute of Technology (kurz MIT) machte, gemeinsam mit Karl E. Case und Allan Weiss den Case-Shiller-Index, der die Entwicklung des US-amerikanischen Immobilienmarktes widerspiegelt. Der Index ist heute der führende Immobilienindex in den USA. Sein im Jahr 2000 auf dem Höhepunkt der New-Economy-Blase erschienenes Buch „Irrationaler Überschwang“ wurde zum Bestseller. Seine Thesen sollten sich schon wenig später in der Blase bzw. der folgenden Baisse bewahrheiten. Shiller warnte auch frühzeitig vor der amerikanischen Immobilienblase, die dann 2007 platzen sollte. Shiller gilt außerdem als einer der Mitbegründer der Behavorial Finance.

Im Jänner dieses Jahres ließ Shiller aufhorchen, als er meinte: „Derzeit in Griechenland Geld zu investieren - das mag sich vielleicht zunächst nicht gut anfühlen”. Die Kurse griechischer Aktien seien aber “niedriger als alles, was ich in den USA jemals gesehen habe. Das spricht für ein spektakuläres Investment”. Ganz Wissenschaftler, der gegen den Strom schwimmt, warnte er kürzlich vor einer Überhitzung des amerikanischen Aktienmarktes. Der von ihm entwickelt CAPE Index steht höher als je zuvor - ausgenommen in den Jahren 1929, 2000 und 2007 - was just jenen Jahren entspricht als am amerikanischen Aktienmarkt riesige Blasen platzten. Zur Erklärung: CAPE steht für „cyclical adjusted“ ratio und wird vielfach auch als Shiller KGV bezeichnet. Vereinfacht ausgedrückt steht das Shiller KGV für ein Kurs-Gewinn-Verhältnis das (inflationsbereinigt) das KGV über einen Zeitraum von zehn Jahren wiederspiegelt. (Mehr zum Shiller KGV dessen Berechnung bzw. zum aktuellen KGV-Stand des S&P 500 Index nach dieser Bewertungsmethodik finden Sie auf gurufocus, einem Portal für Value Investoren hier: http://bit.ly/1I3qDwS).

Geht es nach dem Shiller CAPE Index, so ist der US-Aktienmarkt - gemessen am S&P 500 Index - also schon ziemlich teuer. Zumindest aus einer langfristigen Perspektive betrachtet. Blickt man hingegen auf das aktuelle KGV, so ist der S&P 500 mit einem (gewichteten) Wert von 18,68 nicht teurer als etwa der deutsche DAX. Im Gegenteil: Nach den jüngsten Zuwächsen weist der DAX bereits wieder ein KGV von 18,95 auf.  Das auf Basis der Gewinnschätzungen für 2015 ermittelte KGV des S&P 500 liegt bei 17,90, jenes des DAX allerdings nur mehr bei 14,70 (zur Unterscheidung der KGV-Berechnungen siehe Infokasten weiter hinten). Auch der EuroStoxx 50 scheint auf Basis des aktuellen KGV einigermaßen teuer, liegt dieser doch derzeit bei 21,09. Das geschätzte KGV hingegen liegt nur mehr bei 15,80. Warum dies so ist lässt sich leicht erklären: Europas Unternehmen kommen aus der Stagnation bzw. Rezession und die Analysten gehen bei ihnen von einer weit höheren Gewinndynamik aus, als bei den US-Unternehmen (siehe dazu auch die Substory „Erfolgreiches Tiefstapeln“ über die aktuelle Earning Season in den USA auf der folgenden Seite).

Um Shillers These vom „teuren“ US-Markt zu überprüfen haben wir einen etwas tieferen Blick in die aktuellen Bewertungen der US-Unternehmen gemacht. Wir wollten wissen, wie sich das langfristige KGV (10 Jahre) bei den einzelnen Unternehmensaktien im S&P 500 darstellt. Tatsächlich kommen einige Aktien beim langfristigen KGV auf ziemlich fabelhafte Bewertungen (siehe Tabellen auf den folgenden Seiten). Amazon, der Internethändler etwa, bringt es derzeit auf ein langfristiges KGV von mehr als 400. Bei insgesamt 15 S&P 500 -Aktien liegt das langfristige KGV im dreistelligen Bereich. Darunter auch Netflix, der absolute Highflyer des heurigen Jahres. Die Aktie des Internet-Abodienstes für TV-Serien und Filme hat heuer bereits ein Plus von mehr als 120% erzielt, während der S&P gerade mal ein Plus von 3% eingespielt hat (auf Dollarbasis, in Euro gerechnet wären es ob der Schwäche der europäischen Währung mehr als 13 Prozent gewesen).

Schielt man nur auf die Werte von Amazon, Netflix und Co, so erscheint der US-Markt tatsächlich ziemlich teuer. Andererseits finden sich am unteren Ende der Tabelle immerhin 26 Aktien, deren langfristiges KGV im einstelligen Bereich liegt. Darunter befinden sich - der aktuellen Stimmung am Markt entsprechend - zahlreiche Öl-Titel wie etwa ConocoPhillips, vom Umsatz her betrachtet immerhin die Nummer 25 in der Welt der Erdölindustrie. Angesichts dieser gravierenden Unterschiede zeigt sich einmal mehr, dass Indizes eigentlich ein eher schlechtes Mittel sind, um die eventuelle ‘Überteuerung’ von Aktien festzustellen. Also wagen wir einen Blick auf den Medianwert des S&P 500. Dieser liegt beim langfristigen KGV bei aktuell 23,62. Nicht günstig, aber immerhin weit entfernt von den Werten auf die Amazon und Co kommen. Um den Wert ein wenig in Relation zu anderen Börsen stellen zu können, haben wir noch den Medianwert beim langfristigen KGV des deutschen, marktbreiten HDAX (110 Aktien) berechnet. Der liegt bei 24,15. So betrachtet sind deutsche Aktien sogar etwas „teurer“ als US-Titel. Dennoch: Nach mehr als sechs Jahren Höhenflug ist die Gefahr einer Korrektur nie ganz von der Hand zu weisen. Noch dazu, da sich die Zeichen mehren, dass die Fed doch noch heuer die Zinswende einleiten könnte. Ob die ‘Hitzewelle’ allerdings tatsächlich in einem Crash endet ist aber fraglich. Denn auch an den US-Börsen findet sich noch das eine oder andere Schnäppchen. <

Aus dem be INVESTOR vom 17. Juli 2015. Dort finden Sie außerdem:
* alle S&P 500 Unternehmen im KGV-Vergleich (langfristiges 10 Jahres-KGV, KGV und KGVe)
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