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Alois Wögerbauer: „Die Raiffeisen Bank Interntional ist derzeit wohl das mutigste, aber sicher auch das chancenreichste Wiener Investment“

Börse Express: Europas Renditen haben sich zuletzt deutlich nach oben bewegt. In Österreich gab es etwa seit April eine mehr als Versechsfachung im Zehnjahresbereich auf mehr als 1,2 Prozent – was aber noch immer ein historisch niedriges Niveau ist. Wie ist hier Ihr weiteres Bild in Bezug auf die Renditen – und hat das dann Auswirkungen auf Ihren Österreich-Aktienfonds. Immobilienaktien etwa wurden in den vergangen Jahren durch den Niedergang der Renditen befeuert – ist da so etwas wie eine Trendwende in Sicht? Und wo sonst könnte es Auswirkungen geben?

ALOIS WÖGERBAUER: Wer weiß noch was wir vor exakt zwei Jahren diskutiert haben? Die Anleihe- und Aktienmärkte waren massiv verunsichert, da der damalige FED-Chef Bernanke die mögliche US-Zinswende thematisiert hat. Und heute? Die Leitzinsen sind immer noch nicht erhöht; die langfristigen Renditen gehen seitwärts. Zinswenden dauern – und wir erwarten in der EURO-Zone eine ähnliche Entwicklung. Die Renditetiefs liegen wohl hinter uns; Negativrenditen über weite Teile des Staatsanleihebereiches machen ökonomisch auch keinen Sinn. Vor uns liegt aber vorerst ein Seitwärtstrend – und keine nachhaltigen Steigerung der Renditen. Wir dürfen nicht übersehen: Das EZB-Anleihekaufprogramm läuft 18 Monate bis September 2016 – gerade mal 4 Monate sind absolviert.

Börse Express: Welche österreichische Immobilienaktien gefallen Ihnen?

ALOIS WÖGERBAUER: Immofinanz für die Mutigen, CA Immo für die Geduldigen und Buwog für die Dividendensammler. In unserem Österreich-Fonds sind alle drei wesentlich gewichtet. Die jüngsten Korrekturen aufgrund der angeblichen Zinswende teilen wir nicht, da wir die Zinswendethese nicht teilen.

Börse Express: Da ist dann das Stichwort Russland etwas, das ein fundamental orientierter Fondsmanager wie Sie ohnehin bereits im Kopf bei den Assets herausgerechnet hat?

ALOIS WÖGERBAUER: Ja. Das ist das übliche Spiel zwischen Fundamentaldaten und Sentiment. Kein Investor wäre gut beraten angesichts der Risikolage für die Immofinanz aktuell den NAV/Buchwert zu bezahlen. Die Frage ist ja nur – müssen es wirklich 50 Prozent Abschlag sein – oder reichen 25 Prozent auch. Neben dem zitierten Mut wird wohl auch Geduld nötig sein.

Börse Express: Von Russland ist es nicht weit zur Raiffeisen Bank International: Wie beurteilen Sie den europäischen Bankensektor an sich und die heimischen Institute im Speziellen?

ALOIS WÖGERBAUER: Ich denke die Talsohle ist durchschritten, vieles hat sich stabilisiert. Die Erste Group hat die Bilanzbereinigungen wohl abgeschlossen und auch Raiffeisen Bank International hat zuletzt klare Statements abgegeben. Die RBI ist derzeit wohl das mutigste, aber sicherlich auch das chancenreichste Investment am Wiener Markt. Auch hier muss man sich auf die Kennzahlen konzentrieren. Wie hoch sind die Non-Performing-Loans, wie viel ist bereits rückgestellt, wie hoch ist das Eigenkapital usw. Auf dem aktuellen Kursniveau wird die RBI in Relation zum Eigenkapital ja fast wie „Distressed“ bewertet – und das ist einfach Unsinn. Aber auch hier: Keine Ahnung wo die Aktie in 3 Monaten steht – aber in 2 Jahren wohl deutlich höher. --new_page-- Börse Express: Die erfolgreichste Bankaktie war zuletzt die Oberbank. Ist die Aktie damit für Sie auch in den Investment-Radar gerückt?

ALOIS WÖGERBAUER: Aus Compliance-Gründen gebe ich keinen Kommentar zu Aktien von Eigentümern der Fondsgesellschaft ab. Nur so viel: Mit der Bankengruppe Oberbank, Bank für Tirol und Vorarlberg und BKS Bank sowie der Generali Holding Vienna haben wir die beste Eigentümer-Struktur, die man sich im aktuellen Umfeld nur wünschen kann.

Börse Express: YTD ist die Erste Group ein klarer Outperformer zum ATX. Und damit das Indexschwergewicht Nr. 1, das Sie laut Fondsregularien im Fonds gar nicht entsprechend abbilden können. Jetzt ist Ihr Fonds trotzdem gegen den ATX ein Outperformer. Womit haben Sie das erreicht und sind das auch jene Übergewichtungen, mit denen Sie ins zweite Halbjahr gehen?

ALOIS WÖGERBAUER: Outperformance ergibt sich immer durch Über- und Untergewichtungen. Klar geholfen haben die wesentlichen Gewichtungen von Porr, AT&S und DO&Co – alle drei Titel bleiben interessant. Auch an ams halte ich nach der jüngsten Korrektur fest. Im Gegenzug waren schlecht laufende Titel wie Verbund oder Vienna Insurance Group deutlich untergewichtet.

Börse Express: Da habe ich jetzt wenig von Energietiteln gehört. Wie beurteilen Sie die Situation am Ölmarkt? Und ist jetzt die Zeit noch nicht gekommen, sich etwa für OMV oder SBO zu interessieren?

ALOIS WÖGERBAUER: Bei OMV fehlt mir derzeit noch der klare Blick, wohin das Unternehmen mit der neuen Führung will – also warte ich ab und bin deutlich untergewichtet. SBO ist ein tolles Unternehmen – aber ich denke, im Zyklus ist es für Investments noch zu früh. Börse Express: Derzeit liegt der ATX YTD 16,4 Prozent im Plus. Erwarten Sie bis Jahresende eine weitere Steigerung, oder ist eher mit einer Korrektur des Gesamtmarktes zu rechnen?

ALOIS WÖGERBAUER: Die Griechenland-Thematik überstrahlt derzeit leider alles - Volatilität wird bleiben. Grundsätzlich hat der Markt aber Potenzial für Outperformance. Die Banken-Thematiken haben sich wie beschrieben stabilisiert, die Immo-Aktien kamen durch die Übernahmethematiken ins Gerede. Internationale Investoren sind teilweise noch deutlich untergewichtet.

Börse Express: Ein Schwenk zu Ihrer 'anderen Tätigkeit' - als Geschäftsführer der 3Banken-Generali Invest KAG: Wenn Sie die aus Ihrer Sicht drei aussichtsreichsten Fonds für das zweite Halbjahr nennen müssten ...

ALOIS WÖGERBAUER: Als Fondsgesellschaft verwalten wir derzeit 8,6 Mrd. Euro, aufgeteilt auf viele Segmente und Strategien – Produktempfehlungen ohne den Anlegerhintergrund zu kennen sind daher nicht immer zielführend. Nur so viel: Der Fonds sollte eine klare Philosophie haben und nicht nur irgendwie den Markt abbilden – und innerhalb des Fonds sollte das Fondsmanagement viele Möglichkeiten haben auch temporär aus dem Markt zu gehen. Mit unserer „Value-Strategie“ suchen wir international nach tief bewerteten Aktien und mit unserer „Dividenden-Strategie“ suchen wir nach nachhaltigen Dividendenzahlern. Und Anlegern, die sich nicht festlegen wollen, bieten wir unsere „Best-of-3Banken“ an – wir stellen je nach Weltbild ein Portfolio aus unseren Fonds zusammen.

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