, boerse-express

Der lange Schatten der Banken - und warum Anleger abseits der großen Werte oft nachhaltiger fahren

Während Deutschland dieses Jahr einen neuen Dividendenrekord bejubeln darf, schütten die an der Wiener Börse notierten Aktiengesellschaften mit in Summe 2,3 Mrd. Euro rund fünf Prozent weniger aus als 2014. Verantwortlich für die triste Bilanz sind Raiffeisen und Erste Group: Beide Großbanken lassen ihre Aktionäre komplett leer ausgehen und werfen damit dunkle Schatten auf eine in der Breite sehr respektable Dividendensaison. Das ist das Fazit der Dividendenstudie, die wir nun erstmals auch für Österreich vorlegen.

Dass Dividendenjäger in der Alpenrepublik auch 2015 durchaus auf ihre Kosten kommen, zeigen die zahlreichen Anhebungen. Im ATX Prime zahlen 20 von 37 Firmen mehr Dividende als im Vorjahr – angeführt vom Reifenhersteller Semperit, der seine Ausschüttung inklusive eines satten Bonus verfünffacht hat. Ebenfalls sehr spendabel zeigen sich Andritz und AMAG, wo Aktionäre doppelt so viel einstreichen konnten wie 2014. Hinzu kommen mit Porr, Zumtobel, Flughafen Wien und Wienerberger vier weitere Unternehmen, die ihre Dividende um mindestens 25 Prozent steigern.

OMV stagniert, aber bleibt Primus. In absoluten Zahlen reichen diese Anhebungen indes nicht, um die Dividendenausfälle bei Raiffeisen und Erste Group sowie die Kürzung bei Verbund (0,29 nach zuvor 1,00 Euro) zu kompensieren. Auf Zehn-Jahres-Sicht gehören die drei Unternehmen zu den Top 7-Zahlern am österreichischen Aktienmarkt – und ohne eine nachhaltige Trendwende bei diesen Schwergewichten wird der bereits 2007 markierte Ausschüttungsrekord von 2,9 Mrd. Euro weiterhin außer Reichweite bleiben. Denn auch beim unumstrittenen Dividenden-Kaiser OMV sieht’s nicht ganz so rosig aus wie gewohnt: Zwar repräsentiert der Ölkonzern mit 400 Mio. Euro ein Viertel der gesamten ATX-Ausschüttung, doch nach zuvor vier Anhebungen in Folge ist die Dividende dieses Jahr konstant geblieben.
Selbst von stagnierenden Ausschüttungen können Aktionäre abseits des Prime Market derweil oft nur träumen, denn mehr als zwei Fünftel aller Nebenwerte verweigern jegliche Dividendenzahlung – obwohl immerhin die Hälfte dieser Unternehmen Gewinne schreibt. Gleichwohl hat auch das Small Cap-Segment einige Highlights zu bieten: Pankl, Gurktaler und UBM Realitätenentwicklung zahlen mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr, bei C-Quadrat und UIAG beläuft sich das Dividenden-Plus auf 50%.

Nachhaltige Qualität eher abseits des ATX. Und wenn es um nachhaltige Dividendenqualität geht, führt an den Nebenwerten ohnehin kein Weg vorbei. Von den neun Unternehmen, die sich seit mehr als 20 Jahren keinen einzigen Ausfall geleistet haben, sind nur drei im ATX gelistet (Flughafen Wien, OMV und Vienna Insurance Group). Noch eindeutiger fällt die Bilanz aus, wenn man als Indikator für eine auf Kontinuität bedachte Ausschüttungspolitik die aufeinanderfolgenden Jahre ohne Dividendenkürzung betrachtet: Die sechs Jahre, in denen die OMV als bester ATX-Titel die Dividende nicht gesenkt hat, reichen gerade einmal für Platz sieben – während die Oberbank als Spitzenreiter schon 20 Jahre ohne Kürzung auskommt.

DO & CO: Gourmets mit weißer Weste. Verlässliche Dividendenzahler sind außerdem DO & CO, Ottakringer, Stadlauer Malzfabrik, Rosenbauer und Agrana. Alle diese Firmen haben ihre Ausschüttung seit mindestens 13 Jahren nicht mehr gesenkt, wobei DO & CO sich besondere Meriten verdient: Nachdem Attila Dogudan seine Aktionäre nach dem Börsengang 1998 zunächst neun Jahre lang mit konstanten Ausschüttungen am Gewinn beteiligt hatte, wird seit 2010 Jahr für Jahr mehr gezahlt. – und sechs Anhebungen in Folge sind einsame Spitze am Schottenring!

Index-Lösung kann kaum Mehrwert bringen. Wichtig für Investoren: Zwar gibt es mit dem ATX Top Dividend einen auf ausschüttungsstarke Titel fokussierten Index, der sogar durch einige Zertifikate (u.a. ISIN DE000CZ35F92 von der Commerzbank) abgebildet wird. Aus Liquiditätsgründen speist dieses Kursbarometer sich allerdings nur aus dem lediglich 20 Titel umfassenden ATX-Universum, dem es für eine sinnvolle Dividendenstrategie schlichtweg an Breite und Qualität fehlt. Entsprechend limitiert ist der Performance-Vorsprung – mit einem Plus von 34,9 Prozent in den vergangenen fünf Jahren liegt der ATX Top Dividend auf Total Return-Basis gerade einmal acht Prozentpunkte vor dem ATX (plus 26,9 Prozent).

Die Studie (mit freundlicher Unterstützung von 3 Banken-Generali Investment und Börse Social Network) inklusive der entsprechenden Grafiken - gibt’s unter https://goo.gl/5AEiHa

von Christian W. Röhl
Geschäftsführer Wertentwicklung
cwr@wertentwicklung.info

Aus dem Börse Express PDF vom 11. Juni. Zum Abo geht es unter http://bit.ly/byCn49 - Abonnenten haben Zugriff auf das komplette PDF-Archiv.