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Nach dem Franken-Schock wird's eng und enger ...

Der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Thomas Jordan, dürfte zu dem Schluss gekommen sein, dass ein verheerender Marktschock fürs Erste genug ist.

Jordan und seine Zentralbank-Kollegen in Zürich taxieren die Wirtschaftsentwicklung und die verschlechterten Aussichten für die Inflation, seit die Währungshüter vor drei Monaten einen Politikwechsel vorgenommen haben, der die Märkte schockierte und den Franken-Kurs gegenüber dem Euro nach oben schießen ließ.

Angesichts der Teuerung und Wachstumsausblick dämpfenden Landeswährung empfahl der Internationale Währungsfonds (IWF) der SNB weitere Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft. Die Daten in dieser Woche dürften zwar zeigen, dass die Verbraucherpreise im März so stark gefallen sind wie seit fast drei Jahren nicht mehr. Jordan dürfte aber trotzdem sein verbleibendes Pulver trocken halten -für den Fall, dass sich die Griechenland-Krise weiter verschärft oder das Risiko einer Rezession in der Schweiz zunimmt.

“Der SNB bleiben nicht mehr so viele Politikoptionen”, sagt Maxime Botteron, Ökonom bei Credit Suisse Group AG in Zürich. “Um die Zinsen weiter zu senken, braucht die SNB einen sehr guten Grund.”

Die Zentralbank erwartet für dieses Jahr einen Rückgang der Verbraucherpreise um 1,1 Prozent. Das wäre nicht nur das größte Minus seit sechs Jahrzehnten, sondern auch eine enorme Abweichung von der SNB-Definition von Preisstabilität bei einer Inflationsrate von unter zwei Prozent.

Dieser trübe Ausblick folgt auf die überraschende Ankündigung vom 15. Januar, dass die SNB ihren Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken aufgibt. Um Anleger davon abzubringen, in Franken denominierte Vermögenswerte zu halten, verringerte die SNB auch ihren Einlagensatz auf das Rekordtief von minus 0,75 Prozent - als Ausgleich für den Verlust des Franken-Deckels.

“Ich gehe nicht davon aus, dass die SNB viel machen wird - ich rechne damit, dass sich der Wechselkurs auf seinem gegenwärtigen Niveau stabilisiert, oder mit einem geringfügig schwächeren Franken”, sagte Martin Güth, Ökonom bei der LBBW in Stuttgart. Sollte die SNB ihren Einlagensatz weiter senken, “würde ich im Gleichschritt die Ankündigung von Maßnahmen erwarten, um zu gewährleisten, dass es keine Flucht in Barmittel gibt.”

Die Wechselkursentwicklung würde für weitere Lockerungen sprechen. Der Franken erreichte am 2. April gegenüber dem Euro ein Zweimonatshoch, während die Gemeinschaftswährung von den Anstrengungen Griechenlands behindert wurde, sich Rettungsgelder zu sichern und einen Zahlungsverzug zu verhindern. Die Schweizer Standardwerte haben sich von ihrem Rekordeinbruch nach der Aufgabe des Euro-Mindestkurses zwar wieder erholt, doch der Aktienindex SMI hinkt dem Stoxx Europe 600 in diesem Jahr noch immer hinterher.

Obwohl Jordan Anfang Februar angedeutet hatte, dass es Raum für eine weitere Senkung des Einlagensatzes gebe, sagte er im Interview mit Bloomberg am 19. März, dass die SNB mit einem Einlagensatz von minus 0,75 Prozent bereits sehr weit gegangen sei. “Wir müssen sehen, wie die Auswirkung ist”, erklärte der SNB-Präsident in dem Gespräch.

Nach Einschätzung des Ökonomen Alexander Koch bei Raiffeisen Schweiz in Zürich hängt der nächste Schritt Jordans maßgeblich von Ereignissen jenseits der Schweizer Grenzen ab. Wenn sich das Zinsdifferential “wieder vermindert, insbesondere mit Griechenland oder anderen geopolitischen Risiken”, dann sei eine weitere Lockerung der Geldpolitik nicht ausgeschlossen, so Koch.

Jordan und die anderen Währungshüter im SNB-Direktorium haben den Franken zwar wiederholt als überbewertet bezeichnet und weitere Interventionen angedroht, um die Landeswährung zu schwächen. Sie haben aber auch immer wieder gesagt, dass keine Deflationspirale aus fallenden Preisen und aufgeschobenen Konsumausgaben erwartet werde. Die Ansicht, dass die Schwächephase von kurzer Dauer sein wird, spricht gegen weitere Schritte.

“Das sind interessante Vorschläge, die wir uns anschauen”, sagte SNB-Direktoriumsmitglied Fritz Zurbrügg mit Blick auf die Empfehlung des IWF, die SNB solle Vermögenswerte in Fremdwährung ankaufen. “Es ist die Rolle eines unabhängigen Gutachters, Vorschläge zu unterbreiten. Und ich denke, damit hat es sich auch.”