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Draghis QE: Milliarden stehen bereit, doch keiner will verkaufen
Der Euroraum versucht eine schleichende Deflation zu verhindern. Deutschland stellt Sparen über alles und will weniger Lockerungen. Und Griechenland fordert eine Neuverhandlung der Bedingungen für sein Rettungspaket - ein Schritt, der das Risiko beinhaltet, dass die Euro-Währungsunion auseinanderbricht.
Jetzt kommt noch ein weiteres Problem für den Präsidenten der Europäischen Zentralbank hinzu: Sein beispielloses Vorhaben, den Euroraum durch den Ankauf von Staatsanleihen im Volumen von 1,1 Billionen Euro aus der wirtschaftlichen Malaise zu ziehen, könnte noch vor seinem Beginn lahmgelegt werden.
Der Grund: Ein Mangel an neuen Anleiheemissionen und unwillige Investoren, die keine Papiere verkaufen wollen. Die US-Bank Morgan Stanley schätzt, dass das Nettoneuemissionsvolumen der Staaten erstmals negativ sein wird, wenn der EZB-Plan berücksichtigt wird. Die daraus resultierende Knappheit macht ein Horten der sichersten Staatspapiere des Euroraums durch Banken, Versicherer und Pensionsfonds geradezu unvermeidlich. Und das dürfte die EZB daran hindern, innerhalb von 19 Monaten in etwa den gleichen Anteil an diesen Anleihen aufzukaufen wie es die US-Notenbank Federal Reserve in fast sechs Jahren mit Treasuries getan hat.
“Wenn offenbar wird, dass die EZB Probleme damit hat, ein ausreichendes Volumen an Bonds aufzukaufen, wird noch unwahrscheinlicher, dass irgendjemand verkaufen will”, sagt Michael Riddell, Vermögensverwalter bei M&G Group Plc in London. Er hat seinen Kunden bereits gesagt, das die EZB wahrscheinlich Probleme bei ihren Käufen haben wird. “Das würde ihre Pläne, die Inflation wieder anzuschieben, zunichte machen.”
Das Programm sei sorgfältig abgewogen worden, um das Volumen der unterschiedlichen Bondmärkte zu berücksichtigen, erklärte ein EZB-Sprecher am Montag per E-Mail. Die Zentralbank sei in keiner Weise in Sorge über ihren Erfolg und die operativen Einzelheiten würden regelmäßig bewertet, erklärte der Sprecher.
Zwar steht die EZB vor den gleichen ökonomischen Risiken wie in den USA, als die Federal Reserve mit ihrer quantitativen Lockerung (QE) durch Anleihekäufe begann. Doch hat sich der globale Bondhandel seither verändert.
Ein gespannteres Verhältnis von Angebot und Nachfrage hat die Kurse hochgetrieben. Das hat dazu beigetragen, die Renditen in Europa auf Rekordtiefs zu drücken, und mittlerweise weisen Staatspapiere im Volumen von 1,2 Billionen Euro eine Rendite unter null auf. Das macht die Investoren, die die Papiere halten, noch abgeneigter zu verkaufen.
“Wir haben institutionelle Kunden, die verzweifelt nach Rendite suchen”, sagt Franck Dixmier, Chief Investment Officer für Festverzinsliche bei Allianz Global Investors in Paris. “Sie werden nicht verkaufen. Was für einen Pensionsfonds oder einen Versicherer wirklich zählt, ist die Rendite zum Zeitpunkt des Kaufs der Papiere - und für diese Investoren stellt sich auch die Frage der Wiederanlage.”
Vom Ankaufplan der EZB im Volumen von monatlich 60 Mrd. Euro dürften rund 45 Mrd. Euro in Staatsanleihen fließen, wie ein Zentralbankvertreter am 22. Januar sagte. Das impliziert die Absicht, 14 Prozent der umlaufenden Euroraum-Staatsanleihen bis September 2016 aufzukaufen und entspricht 18 Prozent der Papiere von Finnland, Deutschland, Luxemburg und der Niederlande. Die sind die einzigen Euroraum-Staaten, die über mindestens zwei erstklassige Bonitätseinstufungen der Klasse “AAA” der drei größten Ratingagenturen verfügen.
Die US-Notenbank benötigte fast sechs Jahre und drei Runden der quantitativen Lockerung, um ihre Staatsanleihebestände um rund 20 Prozent zu erhöhen. Die Bank von England besitzt rund 31 Prozent der britischen Staatsanleihen und die japanische Zentralbank ist noch dabei zuzukaufen. Zusammen reduzieren diese Ankäufe das für den Handel zur Verfügung stehende Volumen an Staatspapieren.
Zur weltweiten Verknappung der Staatsanleihen tragen auch die verringerten Staatsausgaben bei. Deutschland will das Neuemissionsvolumen bei konventionellen Papieren in diesem Jahr um 8 Mrd. Euro verringern. In Spanien, das ein strenges Sparprogramm durchläuft, liegt das Volumen der Neuverschuldung in diesem Jahr bei netto 55 Mrd. Euro, im Vergleich zu 97 Mrd. Euro im Jahr 2012.
Nach Einschätzung der Morgan-Stanley-Analysten um Neil McLeish, Anthony O’Brien and Serena Tang in London wird das Nettoemissionsvolumen der Staaten im Euroraum in diesem Jahr um 259 Mrd. Euro sinken.
Draghi muss sich auf Konkurrenz gefasst: Banken benötigen Anleihen, die den regulatorichen Anforderungen genügen; Pensionsfonds müssen ihre Zahlungsverpflichtungen fristengerecht ausgleichen; und passive Investoren, die Bondindizes abbilden, sowie andere Zentralbanken benötigen Euro-Staatspapiere.
Laut Daten von JPMorgan Chase & Co. aus dem vergangenen Jahr wird die weltweite Nachfrage nach Anleihen das Angebot 2015 um rund 400 Mio. Dollar übersteigen.
“Wir haben kein Interesse daran, Teile unseres Portfolios an die EZB zu verkaufen, wenn QE beginnt”, sagt Francisco J. Simon, Vermögensverwalter Santander Asset Management Espana in Madrid. “Stattdessen werden wir unser Portfolio danach ausrichten, wie sich die Zinsen entwickeln. Das heißt, sollten wir sinkende Zinsen erwarten, würden wir unser Engagement bei spanischen Anleihen noch erhöhen.”
“Die Frage, die sich viele Akteure im Markt stellen, ist: wer wird tatsächlich seine Bonds an die EZB verkaufen?”, fragt Bert Lourenco, Leiter EMEA-Zinsanalyse bei HSBC Holdings Plc in London. “Wenn man sich Gedanken macht über die Rolle, die Asset-Manager spielen, wird es für die EZB anfangs glatt laufen. Im Verlauf der nächsten eineinhalb Jahre wird es aber wohl einige Hindernisse geben.”
Jetzt kommt noch ein weiteres Problem für den Präsidenten der Europäischen Zentralbank hinzu: Sein beispielloses Vorhaben, den Euroraum durch den Ankauf von Staatsanleihen im Volumen von 1,1 Billionen Euro aus der wirtschaftlichen Malaise zu ziehen, könnte noch vor seinem Beginn lahmgelegt werden.
Der Grund: Ein Mangel an neuen Anleiheemissionen und unwillige Investoren, die keine Papiere verkaufen wollen. Die US-Bank Morgan Stanley schätzt, dass das Nettoneuemissionsvolumen der Staaten erstmals negativ sein wird, wenn der EZB-Plan berücksichtigt wird. Die daraus resultierende Knappheit macht ein Horten der sichersten Staatspapiere des Euroraums durch Banken, Versicherer und Pensionsfonds geradezu unvermeidlich. Und das dürfte die EZB daran hindern, innerhalb von 19 Monaten in etwa den gleichen Anteil an diesen Anleihen aufzukaufen wie es die US-Notenbank Federal Reserve in fast sechs Jahren mit Treasuries getan hat.
“Wenn offenbar wird, dass die EZB Probleme damit hat, ein ausreichendes Volumen an Bonds aufzukaufen, wird noch unwahrscheinlicher, dass irgendjemand verkaufen will”, sagt Michael Riddell, Vermögensverwalter bei M&G Group Plc in London. Er hat seinen Kunden bereits gesagt, das die EZB wahrscheinlich Probleme bei ihren Käufen haben wird. “Das würde ihre Pläne, die Inflation wieder anzuschieben, zunichte machen.”
Das Programm sei sorgfältig abgewogen worden, um das Volumen der unterschiedlichen Bondmärkte zu berücksichtigen, erklärte ein EZB-Sprecher am Montag per E-Mail. Die Zentralbank sei in keiner Weise in Sorge über ihren Erfolg und die operativen Einzelheiten würden regelmäßig bewertet, erklärte der Sprecher.
Zwar steht die EZB vor den gleichen ökonomischen Risiken wie in den USA, als die Federal Reserve mit ihrer quantitativen Lockerung (QE) durch Anleihekäufe begann. Doch hat sich der globale Bondhandel seither verändert.
Ein gespannteres Verhältnis von Angebot und Nachfrage hat die Kurse hochgetrieben. Das hat dazu beigetragen, die Renditen in Europa auf Rekordtiefs zu drücken, und mittlerweise weisen Staatspapiere im Volumen von 1,2 Billionen Euro eine Rendite unter null auf. Das macht die Investoren, die die Papiere halten, noch abgeneigter zu verkaufen.
“Wir haben institutionelle Kunden, die verzweifelt nach Rendite suchen”, sagt Franck Dixmier, Chief Investment Officer für Festverzinsliche bei Allianz Global Investors in Paris. “Sie werden nicht verkaufen. Was für einen Pensionsfonds oder einen Versicherer wirklich zählt, ist die Rendite zum Zeitpunkt des Kaufs der Papiere - und für diese Investoren stellt sich auch die Frage der Wiederanlage.”
Vom Ankaufplan der EZB im Volumen von monatlich 60 Mrd. Euro dürften rund 45 Mrd. Euro in Staatsanleihen fließen, wie ein Zentralbankvertreter am 22. Januar sagte. Das impliziert die Absicht, 14 Prozent der umlaufenden Euroraum-Staatsanleihen bis September 2016 aufzukaufen und entspricht 18 Prozent der Papiere von Finnland, Deutschland, Luxemburg und der Niederlande. Die sind die einzigen Euroraum-Staaten, die über mindestens zwei erstklassige Bonitätseinstufungen der Klasse “AAA” der drei größten Ratingagenturen verfügen.
Die US-Notenbank benötigte fast sechs Jahre und drei Runden der quantitativen Lockerung, um ihre Staatsanleihebestände um rund 20 Prozent zu erhöhen. Die Bank von England besitzt rund 31 Prozent der britischen Staatsanleihen und die japanische Zentralbank ist noch dabei zuzukaufen. Zusammen reduzieren diese Ankäufe das für den Handel zur Verfügung stehende Volumen an Staatspapieren.
Zur weltweiten Verknappung der Staatsanleihen tragen auch die verringerten Staatsausgaben bei. Deutschland will das Neuemissionsvolumen bei konventionellen Papieren in diesem Jahr um 8 Mrd. Euro verringern. In Spanien, das ein strenges Sparprogramm durchläuft, liegt das Volumen der Neuverschuldung in diesem Jahr bei netto 55 Mrd. Euro, im Vergleich zu 97 Mrd. Euro im Jahr 2012.
Nach Einschätzung der Morgan-Stanley-Analysten um Neil McLeish, Anthony O’Brien and Serena Tang in London wird das Nettoemissionsvolumen der Staaten im Euroraum in diesem Jahr um 259 Mrd. Euro sinken.
Draghi muss sich auf Konkurrenz gefasst: Banken benötigen Anleihen, die den regulatorichen Anforderungen genügen; Pensionsfonds müssen ihre Zahlungsverpflichtungen fristengerecht ausgleichen; und passive Investoren, die Bondindizes abbilden, sowie andere Zentralbanken benötigen Euro-Staatspapiere.
Laut Daten von JPMorgan Chase & Co. aus dem vergangenen Jahr wird die weltweite Nachfrage nach Anleihen das Angebot 2015 um rund 400 Mio. Dollar übersteigen.
“Wir haben kein Interesse daran, Teile unseres Portfolios an die EZB zu verkaufen, wenn QE beginnt”, sagt Francisco J. Simon, Vermögensverwalter Santander Asset Management Espana in Madrid. “Stattdessen werden wir unser Portfolio danach ausrichten, wie sich die Zinsen entwickeln. Das heißt, sollten wir sinkende Zinsen erwarten, würden wir unser Engagement bei spanischen Anleihen noch erhöhen.”
“Die Frage, die sich viele Akteure im Markt stellen, ist: wer wird tatsächlich seine Bonds an die EZB verkaufen?”, fragt Bert Lourenco, Leiter EMEA-Zinsanalyse bei HSBC Holdings Plc in London. “Wenn man sich Gedanken macht über die Rolle, die Asset-Manager spielen, wird es für die EZB anfangs glatt laufen. Im Verlauf der nächsten eineinhalb Jahre wird es aber wohl einige Hindernisse geben.”