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Wiener Börse fordert: Unternehmen muss der Zugang zum Kapitalmarkt erleichtert werden

Die Wiener Börse blickt auf ein bewegtes Jahr 2014 zurück. Während die Entwicklung in der ersten Jahreshälfte nach oben zeigt, bringen geopolitische Krisen seit Mitte des Jahres den ATX verstärkt unter Druck. Zu den Highlights im Börsejahr 2014 zählen große Kapitalerhöhungen, ein erfolgreicher Börsegang sowie starke Corporate Bond-Aktivitäten. Insgesamt fünf Unternehmen (Raiffeisen Bank International, Porr, FACC, BKS Bank und Telekom Austria) haben sich mit frischem Kapital versorgt und ein Volumen von rund 4 Mrd. Euro aufgenommen. Aktuell wird Porr ab 22. Dezember 2014 in den prime market aufgenommen. Den drei Neunotierungen (FACC, BUWOG und PIAG Immobilien) stehen zwei Abgänge vom Kurszettel im geregelten Markt (A-TEC und Century Casinos) gegenüber. Bei den 37 neuen Unternehmensanleihen gab es heuer ein Rekordvolumen von über 7,2 Mrd. Euro. Jeweils die Hälfte des Volumens davon stammt von inländischen (3,61 Mrd. Euro) bzw. ausländischen Unternehmen (3,57 Mrd. Euro). Per 15. Dezember 2014 betrug die Marktkapitalisierung der Wiener Börse 77,08 Mrd. Euro. „Die Situation in der Ukraine und Russland und der damit verbundene Währungs- und Ölpreisverfall haben die im ATX stark vertretenen Bank- und Öltitel zum Teil massiv unter Druck gesetzt. Dennoch darf man nicht vergessen, dass andere Unternehmen eine sehr ansehnliche Performance hingelegt haben. Bei Unternehmensanleihen haben wir ein historisches Hoch gesehen. Bezüglich Eigenkapital wurde heuer bereits mehr aufgenommen als in den letzten vier Jahren zusammen,“ fasst Börsevorstand Birgit Kuras das Börsejahr zusammen. Die Umsatzaktivität bei Aktien war das ganze Jahr auf hohem Niveau und durchschnittlich um 22 % höher als im Vorjahr. Insgesamt belief sich das Handelsvolumen an der Wiener Börse bei Beteiligungswerten heuer per 12. Dezember 2014 bisher auf 45,32 Mrd. Euro (1. Jänner 2013 bis 12. Dezember 2013: 37,27 Mrd. Euro). Durchschnittlich wurden 2014 monatlich rund 377.000 Transaktionen an der Börse getätigt (Monatsdurchschnitt 2013: 318.000 Geschäfte; + 18,8 %). Die aktivsten Handelsteilnehmer waren Raiffeisen Centrobank (9,12 %), Deutsche Bank (8,44 %), Erste Group Bank (7,69 %), Morgan Stanley & Co (7,42 %) und Merrill Lynch International (6,72 %). Von Jänner bis Oktober diesen Jahres wurden mehr Börsenaufträge ausgeführt als im gesamten vorigen Jahr. Börsevorstand Michael Buhl erklärt: „Die oft kritisierte Liquidität an der Wiener Börse hat einen anständigen Aufschwung erfahren: Die Aktivität bei den Aktienumsätzen ist um rund ein Fünftel höher als im Vorjahr. Die Anzahl der Geschäfte ist auf dem gleichen Level wie 2009. Das Umsatzvolumen schwankt natürlich mit steigenden und sinkenden Börsekursen, die Anzahl der Transaktionen ist aber auf einem zufriedenstellend hohen Niveau.“

Der ATX liegt im Zeitraum von Jänner bis 16. Dezember 2014 mit 18,4 % im Minus (inkl. Dividenden ‑ 16,36 %). Nach Erreichen des Jahreshochs Mitte Jänner (Year-High 15. Jänner 2014: 2.729,07) verlor der ATX im März sein Plus. Zinssenkungen der EZB Anfang Juni und Anfang September stützen den ATX nur kurz. Mitte Oktober erreicht der ATX seinen Jahrestiefststand (Year-Low 16. Oktober 2014: 2.032,13). Die Kursentwicklung war in der zweiten Jahreshälfte vor allem bei den im Leitindex stark vertretenen Unternehmen rückläufig. Zwei der wichtigsten Branchen des ATX (Banken 24 %, Erdöl & Erdgas 12 %) haben unter den geopolitischen Krisenherden in Russland, Ukraine und Nahost zu leiden. Dem gegenüber können einzelne Werte, die im ATX aufgrund kleinerer Streubesitzkapitalisierung geringer gewichtet sind, durchaus eine hervorragende Performance verzeichnen. Die performancestärksten Titel im ATX waren per 16. Dezember 2014 die Zumtobel Group (+ 51,59 %), Flughafen (+ 29,00 %), Lenzing (+ 22,37 %), CA Immobilien Anlagen (+ 15,95 %) und BUWOG (+ 11,20 %). „Die derzeitigen Börsekurse reflektieren Konjunktursorgen, zum Teil Gewinnwarnungen und Sondereffekte. Für kommendes Jahr bin ich vorsichtig optimistisch. Niedrige Energiekosten, eine exportfördernde Euroentwicklung, ein höheres Wachstum der Ostkernmärkte und die erwartete leichte Konjunkturverbesserung sollten den Kapitalmarkt 2015 positiv beeinflussen,“ so Birgit Kuras. Analysten blicken in Anbetracht der niedrigen Bewertungen durchwegs positiv in das nächste Jahr. Die Experten am österreichischen Kapitalmarkt sehen, ausgehend von einer stabilen Lage in der Ukraine und einem niedrigen Zinsumfeld, eine leichte Konjunkturerholung. Österreichische Unternehmen verfügen über eine gesunde Bilanzstruktur und bieten Investoren gute Möglichkeiten, sich an ihrem Wachstum zu beteiligen. Die Dividendenrendite bei österreichischen Aktien beträgt im ATX-Schnitt etwa 3 %, bei einzelnen Unternehmen sogar bis zu 6 %. Das ist für private Investoren in Anbetracht des Niedrigzinsumfeldes äußerst attraktiv, wie Michael Buhl unterstreicht: „Auch 2015 wird es kaum Veranlagungsalternativen zu Aktien geben. Die durchschnittlichen Dividenden, die man lukrieren kann, schlagen die Sparbuchzinsen bei weitem. Natürlich ist dementsprechend auch das Risiko höher.“ Um Unternehmen eine Finanzierung über die Börse verstärkt zu ermöglichen, erhoffen sich die Börsevorstände im kommenden Jahr klare Schritte in Richtung besserer Rahmenbedingungen. Steuerliche Anreize würden vor allem kleinere und mittlere Unternehmen motivieren, sich stärker über die Börse zu finanzieren. „In Zeiten begrenzter Finanzierungsmöglichkeiten muss Unternehmen der Zugang zum Kapitalmarkt erleichtert werden. Wir unterstützen dabei unsererseits die Politik mit voller Kraft, bestehende Hürden zu beseitigen“, sagen die Börsevorstände Kuras und Buhl.