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Holger Scholze: DAX verlässt der Mut – erst Lethargie, dann Schwäche

Inflationsdaten machen Tür für Zinssenkung weit auf

Der DAX begann den Handelstag wenig verändert und träge, im weiteren Verlauf des Handels wurde aus der Lethargie dann sogar eine Kursschwäche. Von einem erneuten Versuch, Schwung zu nehmen und in Richtung 10.000-Punkte-Marke zu marschieren, keine Spur. Auch die soliden Vorgaben von der Wall Street konnten hier nicht helfen. Dow und S&P 500 setzten am Montag trotz des „Daten-Wirrwarrs um den ISM-Index ihre Rekordfahrt fort.

Im Vorfeld der EZB-Zinsentscheidung am kommenden Donnerstag nehmen immer mehr Anleger eine abwartende Haltung ein, sichern Gewinne ab oder verabschieden sich zunächst einmal wieder aus dem Markt. Zur Mittagszeit rutschte der DAX im Tief sogar kurz wieder unter die Marke von 9.900.

Zwar haben die heute veröffentlichten Inflationsdaten aus der Eurozone die Tür für Zinssenkungen am Donnerstag noch weiter aufgemacht, doch stellen sich viele Marktbeobachter nun die Frage, inwieweit die EZBdie Märkte jetzt überhaupt noch überraschen kann. Die reichhaltigen Ankündigungen aus dem Rat der EZB im Hinblick auf ein ganzes Bündel an Maßnahmen scheinen bereits in den Kursen verarbeitet zu sein.

Im Monat Mai lag die Jahresteuerung in der Eurozone nach der ersten Schätzung nur noch bei 0,5 Prozent und damit sogar unter dem ohnehin schon niedrigen Wert vom Vormonat von 0,7 Prozent. Die Inflation bleibt also viel zu niedrig und ist damit Ausdruck einer durchaus beachtenswerten fehlenden Grunddynamik innerhalb der Eurozone. Sie ist aber auch Folge der Anpassungsprozesse und der weiter gesunkenen Energiepreise. Ist mit solchen Entwicklungen damit aber auch wirklich eine Deflationsgefahr gegeben? Zweifel dürfen zumindest angebracht sein. Es gilt letztlich abzuwarten, mit welcher Art von Aktionismus die Euro-Währungshüter nun dagegen vorgehen wollen.

Den Euro selber jedenfalls konnten die heute veröffentlichten Preisdaten nichts mehr anhaben. Er konnte sich sogar über der Marke von 1,36 stabilisieren. Am Devisenmarkt ist längst klar: Die EZB wird „kosmetisch“ die Zinsen weiter senken. Hier kündigt sich quasi ein „Non-Event“ an. Alles andere wäre eine faustdicke geldpolitische Überraschung und könnte den Euro dann schnell wieder in Richtung 1,40 hieven.

Der Euwax-Sentiment-Index startete den Handelstag im Minus und drehte dann ins Plus. Die Bullen bleiben also am Ball und setzen weiterhin auf eine Fortsetzung der „Rally 10.000“ beim DAX.

Unter den Einzeltiteln fallen in der ersten Reihe heute die Versorger auf. RWE und E.ON können sich gegen den Trend nachrichtenlos knapp im Plus halten.

Größter Verlierer im DAX ist die Aktie der Commerzbank, die zur Mittagszeit mehr als 4 Prozent abgeben muss. In die Kursschwäche hinein waren Call-Optionsscheine auf die Commerzbank gesucht.

Apple konnte seine Anhänger mit der gestrigen Entwicklerkonferenz nicht überzeugen. Im Fokus standen keine neuen Hardwareideen, sondern Software-Upgrades. Statt iWatch, iTV oder einem neuen iPhone ging es primär um neue Möglichkeiten der Datenvernetzung und des Datenaustausches. Jetzt heißt es Warten auf die nächste Apple-Konferenz im Frühherbst. Dann soll es wieder um Produktneuheiten geben. Apple-Aktien gaben leicht nach. An der Euwax wurden Call-Optionsscheine auf Apple mehrheitlich abgegeben.

Börse Stuttgart TV

Wenige Tage vor der EZB Entscheidung wird in Deutschland eifrig über negative Anlagezinsen diskutiert. Würden die Notenbanker zu diesem Instrument greife, welche Folgen hätte dies für Sparer? Welche Ziele werden damit verfolgt? Einschätzungen von Michael Bloss, EIFD-Direktor und Finanzbuchautor im Interview mit Börse Stuttgart TV.