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CoCos als Ausweg aus Krisen: Was die Zwangswandelanleihen können und was sie bringen

Die Deutsche Bank sitzt bereits in den Startlöchern, um ihren Investoren neuartige nachrangige Wandelanleihen zu verkaufen, die ihre Kapitaldecke für Krisen aufpolstern sollen. Was die steuerliche Behandlung der im Fachjargon "CoCo-Bonds" genannten Papiere betrifft, wird in Kürze das grüne Licht der Bundesregierung erwartet.

Die Abkürzung steht für "Contingent Convertible Bonds" - Zwangswandelanleihen. Der Markt dafür hat sich in Europa angesichts der strengeren Regulierung schon länger etabliert. Die deutschen Institute sind spät dran. Ein Überblick über die wichtigsten Punkte:

WIE FUNKTIONIEREN COCOS?

CoCos sind zunächst Fremdkapital, werden aber automatisch in Eigenkapital umgewandelt, wenn der Kapitalpuffer der Bank unter eine bestimmte Schwelle sinkt. Als Mindeststandard dafür wurden von den Regulierern weltweit 5-1/8 (5,125) Prozent festgelegt. Länder wie Großbritannien fordern eine Umwandlung sogar schon bei sieben Prozent. Sinkt das Kernkapital unter diesen Wert, erhalten die Anleiheinvestoren automatisch Aktien, die dann als hartes Kernkapital gelten. Die Verluste tragen damit die Käufer der Zwangswandelanleihen. Das gilt auch für eine zweite Spielart der CoCos, bei der die Papiere einfach abgeschrieben werden: Die Anleger verlieren ihren Einsatz, die Bank wird entlastet. Als dritte Variante ist ein vorübergehender Wertverlust, ähnlich wie bei Genussscheinen, möglich. Dann kann die Bank das Geld zurückzahlen, wenn es ihr besser geht.

WAS BRINGEN DIE COCOS?

In einer Finanzkrise - oder wenn eine Bank etwa durch Fehlspekulationen hohe Verluste schreibt - werden damit die Gläubiger zur Kasse gebeten. So will das neuerdings die EU. Die Bank polstert ihre Kapitaldecke mit CoCos meist günstiger auf, als wenn sie frisches Kapital über Aktien hereinholen müsste. Das gilt umso mehr, wenn sie die Zinsen von der Steuer absetzen kann, weil der Bond als Fremdkapital eingestuft wird. Außerdem zählt die Anleihe als zusätzliches Kernkapital (Additional Tier-1, AT1) bei der Berechnung der maximalen Verschuldungsquote (Leverage Ratio) mit, die für viele Institute noch eine Herausforderung ist.

WELCHE BANKEN HABEN SICH SCHON VORGEWAGT?

Den Markt eröffnet haben Anfang des vergangenen Jahres vor allem Institute aus Frankreich, Spanien und der Schweiz. Zu den größten CoCo-Emittenten zählen Societe Generale, Credit Agricole, BBVA, Santander und Credit Suisse. Die Deutsche Bank will bis Ende 2015 CoCo-Bonds und andere AT1-Instrumente im Volumen von fünf Milliarden Euro begeben. Die Aareal Bank will ihre restlichen Staatshilfen von 300 Mio. Euro mit einem CoCo-Bond tilgen. Investmentbanker sehen auch die Commerzbank und einige Landesbanken als CoCo-Kandidaten.

WELCHES MARKTPOTENZIAL HABEN COCOS?

Im vergangenen Jahr belief sich das Neuemissionsvolumen erst auf 20 Mrd. Euro. 2014 rechnen Experten schon mit 60 Mrd. Euro. Die Papiere werden in Dollar, Euro oder Pfund begeben. Mittelfristig könnten weltweit CoCos im Volumen von 600 bis 700 Mrd. Euro im Umlauf sein - das zumindest hofft die Finanzbranche. Die USA sind in dieser Rechnung nicht enthalten, weil dort Vorzugsaktien zur Stärkung der Kapitaldecke eine größere Rolle spielen. Ohnehin gelten US-Großbanken als besser kapitalisiert als ihre europäischen Konkurrenten.

WER KAUFT COCOS UND WARUM?

Das erhöhte Ausfallrisiko wird den CoCo-Käufern entsprechend vergütet: Anfang 2014 lag die durchschnittliche Rendite dieser Anleihen bei 5,8 Prozent, wie Fondsmanager vorrechnen. Bei den derzeit niedrigen Zinsen ist das attraktiv und zieht vor allem Vermögensverwalter und Fondsgesellschaften an, viele davon aus Großbritannien. Zum Vergleich: Zehnjährige Bundesanleihen werfen im Moment 1,5 Prozent ab. Auch Hedgefonds tummeln sich auf dem Markt und halten ihn liquide. Deutsche Versicherer und Pensionskassen legen das Geld ihrer Kunden traditionell sehr konservativ an und sind daher zurückhaltend.

Bei den Privatanlegern ergibt sich ein gemischtes Bild: Sehr vermögende Kunden, die Millionen investieren, interessieren sich stark für Zwangswandelanleihen und strecken ihre Fühler danach aus, wie Marktteilnehmer berichten. Für Kleinanleger sind CoCos kein Thema. Das liegt schon an den großen Stückelungen. Länder wie Spanien, die leidvolle Erfahrungen mit Totalverlusten gemacht haben, haben es ihren Banken sogar untersagt, CoCos an Kleinsparer zu verkaufen, weil sie als zu riskant eingestuft werden.