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Hypo-Insolvenzdebatte rückt Ratingagenturen wieder in den Fokus

Österreichs Politik lässt sich eine Insolvenz der Staatsbank Hypo Alpe Adria offen und diskutiert lautstark darüber, staatlich garantierte Anleihen nicht zur Gänze zu bedienen. Das hat die Ratingagenturen auf den Plan gerufen. Sie halten vom Staat oder von Bundesländern garantierte Anleihen nun für riskanter, eine Abwertung der heimischen Gebietskörperschaften steht im Raum.

Die Aufgabe der Ratingagenturen liegt darin, das Risiko von Firmen aber auch Staaten oder in Österreich Bundesländern zu bewerten und so Investoren einen Anhaltspunkt zu liefern, wie viel Zinsen sie für ihr Geld verlangen müssen. Die Faustregel: Je schlechter das Rating, desto höher die Zinsen. Die jüngere Vergangenheit hat allerdings gezeigt, dass diese Regel nicht 1:1 gilt.

Weltweit stehen die drei Agenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch für mehr als 90 Prozent des Rating-Marktes. Versuche, ihnen eine europäische Ratingagentur gegenüberzustellen sind bisher nicht von Erfolg gekrönt. Die chinesische Ratingagentur Dagong hat sich hingegen einen gewissen Ruf erarbeitet - unter anderen, indem sie die USA zuletzt auf die viertbeste Stufe (A-/Ausblick negativ) gesenkt hat.

Alle Ratingagenturen arbeiten nach dem gleichen Muster: Sie beurteilen Staaten, Unternehmen oder Wertpapiere nach einem Benotungssystem, das von AAA als besonders sichere Anlage bis D für Zahlungsunfähigkeit reicht. Anleger beurteilen nach diesem System, wem sie Geld leihen und in welche Anlagen sie investieren. Österreich hat bei S&P die zweitbeste Note AA+ (Ausblick stabil), bei Fitch (vor der Aktualisierung heute Freitag) AAA/Ausblick stabil und bei Moody's AAA/Ausblick negativ.

In Europa wird kritisiert, dass die drei profitorientierten Unternehmen Standard & Poor's (S&P), Moody's und Fitch den Markt dominieren und in der Regel ausgerechnet von denen, die sie bewerten, auch bezahlt werden. Ihre Bewertungen haben in der Euro-Krise regelmäßig heftige Kritik ausgelöst, weil sie Krisen noch verstärkt haben. Argwohn ruft in Europa unter anderen deren US-lastige Finanz- und Eigentümerstruktur hervor.

Standard & Poor's und Moody's sind US-Agenturen. Die Ursprünge von S&P als Branchenprimus reichen bis in das Jahr 1860 zurück. Die Agentur ist heute mehrheitlich im Besitz des US-Medienverlags McGraw-Hill. Der Konzern wird wiederum von denselben US-Großinvestoren kontrolliert, die auch Beteiligungen an der 1909 gegründeten Agentur Moody's halten.

Diese Verflechtung ist ein weiterer Grund für deutliche Kritik an den Unternehmen: Die Struktur mit denselben Großaktionären, darunter die Investmentfirma Capital Group und Bankhäuser wie Morgan Stanley, schade dem Wettbewerb zwischen den beiden größten Ratingagenturen. Großanteilseigner von Moody's ist nach wie vor auch der legendäre US-Investor Warren Buffett.

Fitch ist dagegen zu 50 Prozent in der Hand der französischen Gruppe Fimalac des Geschäftsmannes Marc Ladreit de Lacharrière. Die Führung der Gruppe ist personell verflochten mit Großunternehmen wie L'Oréal, Renault, der Bank Rothschild und Coca-Cola. Die restlichen 50 Prozent von Fitch hält der US-Unterhaltungskonzern Hearst. Weil Fitch aber 1913 in New York gegründet wurde und dort neben London auch weiterhin einen Hauptfirmensitz hat, ist häufig von den drei großen "US"-Ratingagenturen die Rede.