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„Nur weil der Markt eine Geschichte 100x erzählt, muss sie nicht richtig sein“

Börse Express: Der ATX hat schlussendlich wieder einmal ein Jahr der Underperformance hinter sich. Warum dies? Das starke Osteuropa-Engagement kann es ja nicht nur sein, nachdem Bulgarien und Rumänien unter den besten Börsen zu finden sind ...

ALOIS WÖGERBAUER: Man muss mit reinen Indexvergleichen immer sehr vorsichtig sein, weil die Zusammensetzung der Indices sehr verschieden ist. In Wien etwa macht die Erste Bank fast 20 Prozent des ATX-Gewichtes aus. Wäre die Deutsche Bank im DAX mit 20 Prozent gewichtet, so wäre das deutsche Kursbarometer bei weitem nicht auf Höchstständen. Im Inland tut man politisch erschreckend wenig für eine Aktienkultur – und das Auslandskapital kann sich nun mal auf der ganzen Welt umsehen und ist nur zögerlich nach Österreich geflossen.

Börse Express: Gibt es eine Chance, dass Wien 2014 auf die Überholspur umschwenkt?

ALOIS WÖGERBAUER: Ja. Wenn die Indexschwergewichte Bewegung zeigen, wenn die Ausländer ihr zuletzt etwas gestiegene Interesse weiter verstärken und wenn Investoren stärker auf Bewertungen achten – und nicht nur auf Liquidität. Die Hoffnung, dass innenpolitischer Rückenwind für eine Aktienkultur kommt, hab ich ehrlicherweise aufgegeben.

Börse Express: Und was heißt das dann in Zahlen. Wieviel Potenzial geben Sie dem ATX, bzw. wo sehen Sie den Jahresschlusstand?

ALOIS WÖGERBAUER: Ich denke, dass wir nach einem wohl schwankungsintensiven Jahr Richtung 2900 Punkte gehen sollten. --new_page-- Börse Express: Welches Thema wird Wien – außer dem Tapering – vor allem beschäftigen?

ALOIS WÖGERBAUER: Ich denke, die Tapering-Aufgeregtheit wird sich legen. Ist die OMV-Aktie wirklich weniger Wert nur weil die Amerikaner nicht mehr 85 Mrd Dollar im Monat Geld drucken sondern nur mehr 50 Mrd Dollar? Nur weil der Markt eine Geschichte 100x erzählt, muss sie nicht richtig sein. Kann es nicht sogar sein, dass auf einmal Tapering als Zeichen der Normalisierung, der Stabilisierung der Wirtschaft gewertet wird? Und damit ein Pro-Argument für Aktien sein kann.

Börse Express: Grosso modo würden Sie Ihre Aufstellung im Fonds wie bezeichnen?

ALOIS WÖGERBAUER: Wie immer Stock-Picking in Reinkultur. Die fünf Top-Holdings sind derzeit OMV, AMS, Kapsch TrafficCom, Immofinanz und CA Immobilien. Fazit: Mut zu Meinung.

Börse Express: Welche drei Titel gefallen Ihnen am besten? Und warum?

ALOIS WÖGERBAUER: OMV, weil ich endlich das Gefühl habe, der Konzern hat eine für Investoren nachvollziehbare Langfrist-Strategie. CA Immobilien, weil der Neubewertungsprozess der Aktie noch lange nicht abgeschlossen ist. Kapsch Traffic, weil nach dem verlorenen Jahr 2013 das Jahr 2014 wieder etwas mehr Planbarkeit zurückbringt.

Börse Express: Gleiches Spiel mit umgekehrten Vorzeichen: Wo sehen Sie den Bedarf vorsichtiger zu sein – sprich wo sind Sie nicht investiert bzw. stark untergewichtet?

ALOIS WÖGERBAUER: Bei Unternehmen wie Wienerberger, Zumtobel, Verbund kann ich einfach keine Kennzahl finden, die ein wesentliches Investment argumentieren lässt. --new_page-- Börse Express: Sehen Sie bei irgendeinem Wert einen Kurstrigger auf den Sie warten, sprich ein potenzieller Übergewichtungskandidat.

ALOIS WÖGERBAUER: Lenzing war zuletzt wohl zurecht massiv unter Druck. Es gibt derzeit ein Margenproblem – aber Lenzing ist ein gesundes Unternehmen. Der Kurs notiert mittlerweile unter dem Buchwert. Der Börsewert liegt bei nur mehr gut einer Milliarde Euro. Die geplanten Einsparungen werden ab 2014 rechenbar. Damit wird die Aktie einen Boden finden, weil das Produkt des Unternehmens grundsätzlich gut ist.

Börse Express: Vielleicht auch aufgrund dessen – wieviel Pulver halten Sie derzeit im Trockenen, sprich gibt’s eine hohe oder tiefe Investitonsquote?

ALOIS WÖGERBAUER: Unser Österreich-Fonds ist ein sortenreines derivatefreies Aktienprodukt und damit eigentlich immer nahezu voll investiert.

Börse Express: Wenn Sie ein Anleger fragt, warum er 2014 sein Geld Ihnen anvertrauen soll und nicht einem Ihrer Kollegen – was ist die Antwort bzw. was zeichnet Sie Ihrer Meinung nach aus?

ALOIS WÖGERBAUER: Ich bin seit 24 Jahren in der gleichen Unternehmensgruppe tätig – wo gibt es das heute noch? In diesem Wissen ist all unser Tun darauf ausgerichtet, dass wir nur Dinge tun für die wir auch in drei, fünf oder mehr Jahren noch gerne Rechenschaft ablegen können und wollen. Abgesehen davon: Das Jahr 2013 brachte für die 3 Banken-Generali einen neuerlichen Rekordstand der Assets-under-Management – auch ein Zeichen für Vertrauen in nicht einfachen Zeiten.