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Spanien: Rezession könnte Bankenrettung doppelt so teuer machen

“Spanien sollte die volle Summe von hundert Milliarden Euro beantragen, die Europa angeboten hat”, sagte Cesar Molinas, Partner bei der Private-Equity-Firma CRB Inverbio in Madrid. “Je mehr sich die Wirtschaft verschlechtert, umso stärker wird die Kapitalbasis der Banken erodieren, und es ist noch eine Menge Aufräumarbeit zu leisten.”

Laut Daten der spanischen Zentralbank hatten spanische Banken im Januar faule Kredite im Umfang von 171 Mrd. Euro in den Büchern; das entspricht 10,8 Prozent des Kreditvolumens der Volkswirtschaft. Verluste machen es den Banken schwerer, mit Unternehmenskrediten die Wirtschaft zu unterstützen.

Wirtschaftsminister Luis de Guindos sagte im März vor dem Parlament, dass Spanien nur 41 Mrd. Euro an europäischen Hilfen brauche, um sein Bankensystem zu restrukturieren und eine “starke, saubere und solvente” Branche zu schaffen.

“Es gibt keinen Grund, nicht 99,9 der hundert Milliarden Euro anzunehmen, die im Angebot sind”, sagte Simon Maughan, Research-Chef bei Olivetree Securities in London. ”Niemand glaubt wirklich, dass die spanischen Banken in nächster Zeit in der Lage sind, in eine neue Phase rasanten Wachstums einzutreten.”

Die Sanierung des Bankensektors, in Kombination mit einer verbesserten Haushaltslage und Regierungsmaßnahmen zur Förderung von Exporten und Wettbewerbsfähigkeit, hat zu Kursgewinnen spanischer Staats- und Bankenanleihen beigetragen. Der Renditeaufschlag, den Investoren bei vorrangigen, unbesicherten 3,25%-Bonds von Banco Bilbao Vizcaya Argentaria mit Laufzeit bis 2015 gegenüber deutschen Staatsanleihen verlangen, ist seit seinem Hoch von 371 Basispunkten im November auf 231 Punkte zurückgegangen. Die spanischen Kreditkosten bei zehnjährigen Bonds sind von 5,27 Prozent Ende letzten Jahres auf 4,66 Prozent gesunken.

Spanien hat letztes Jahr die Beratungsfirma Oliver Wyman engagiert, um das Bankensystem einem Stresstest zu unterziehen. Es sollte der Kapitalbedarf ermittelt werden, unter dem Extremszenario, dass die Wirtschaft zwischen 2012 und 2014 um 6,5 Prozent schrumpft.

“Man hätte von Anfang an anspruchsvoller sein sollen”, sagte Gilles Moec, Co-Chefökonom Europa bei Deutsche Bank AG in London. Moec schätzt, dass der Bedarf für die spanische Bankenrettung zum Zeitpunkt des Hilfsantrags letztes Jahr bei 85 Mrd. Euro gelegen hatte. “Es war ein Fehler, nicht höher ranzugehen.”

Nach einer Wirtschaftsschrumpfung um 0,5 Prozent dieses Jahr prognostiziert die Regierung für 2014 ein Wachstum um 1,2 Prozent. 44 von Bloomberg befragte Analysten erwarten im Durchschnitt nur 0,36 Prozent. Die größte Bank Spaniens, Banco Santander SA, geht für kommendes Jahr von einem Wachstum um 1,5 Prozent aus. Nomura International dagegen sagt eine Schrumpfung um weitere 1,5 Prozent voraus, Goldman Sachs erwartet eine Kontraktion um 0,2 Prozent.

“Spanien könnte 2014 leicht ein weiteres Jahr mit negativem Wachstum erleben”, sagte Tobias Blattner, Ökonom bei Daiwa Capital Markets in London. Seine Schätzung liegt bei einem Wachstum von 0,6 Prozent. “Die Unsicherheits-Bandbreite ist relativ weit.” Nach der letztes Jahr von der Regierung angeordneten Sanierung der Immobilienanlagen der Banken richte sich die Sorge nun auf Hypotheken und Kredite an Kleinunternehmen, so Blattner.

Die Ausfallquote bei den spanischen Wohnbauhypotheken im Umfang von rund 600 Mrd. Euro lag Ende 2012 bei 3,8 Prozent, nach 2,9 Prozent ein Jahr zuvor und 0,4 Prozent im Jahr 2006, vor dem spanischen Immobiliencrash. Santander-CEO Alfredo Saenz sagte vor einem Jahr noch, jeder, der Hypotheken als Problem bezeichne, “sagt etwas Dummes”.

Die Regierung stehe vor dem Dilemma, dass mehr Rettungsgelder für die Banken die Schuldenlast erhöhen, sagte Moec. Die aktuellen spanischen Defizitziele liegen für 2013 bei 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und bei 2,8 Prozent für 2014. Letztes Jahr lag das Defizit bei 10,2 Prozent vom BIP, beziehungsweise sieben Prozent ohne die Bankenhilfen.

“Das Problem ist, dass man mit der Rekapitalisierung der Banken auch den Weg des Defizitabbaus gefährdet”, sagte Moec. “Doch man könnte argumentieren, dass es das wert ist. Es entspricht einem weiteren Defizitjahr.”

Die Bankenrettung im letzten Jahr war mit Bedingungen verbunden. So wurden Banken wie Bankia gezwungen, sich zu verkleinern und nachrangigen Gläubigeren Schulden aufzubürden. “Die Tendenz ist wohl, die Bedingungen bei Bankenrettungen jetzt stringenter zu gestalten”, so Moec.

Spanien hatte für seine Bemühungen um die Sanierung seines Bankensystems Applaus geerntet. Die EU-Kommission erklärte am 22. Februar, Spanien müsse zwar das Reformtempo aufrechterhalten, sah aber keinen Grund für die Erwartung weiterer Mittel für die Bankenrettung. Der Internationale Währungsfonds sagte am 4. Februar, das Land habe bei der Bankensanierung “große Fortschritte” erzielt.

Wenn die Banken ihre Kapitalbasis verbreitern, müsse das nicht zu einer besseren Kreditversorgung der Wirtschaft führen, sagte Antonio Ramirez, Analyst bei Keefe, Bruyette & Woods Ltd. in London. “Das Problem ist, dass es nicht genug solvente Kreditnachfrage gibt”, sagte er. “Die Firmen, denen man Kredit geben will, brauchen ihn nicht, und denen, die nach Krediten schreien, möchte man vielleicht nichts leihen, weil man womöglich sein Geld nicht zurückbekommt.”

(Bloomberg)