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Piethe: „Österreichische Kunden sind per se nicht sehr risikoavers eingestellt“

Dirk Piethe sprach mit dem Börse Express über neue Herausforderungen, abgeräumte Preise im Jahr 2012, die Entwicklung der CFDs und das Anlageverhalten österreichischer Kunden.

Börse Express: Seit 3. September sind Sie nun, gemeinsam mit Ralf Müller, Geschäftsführer bei flatex. Kann man schon sagen, worin sich die Arbeit im Vergleich zu E*Trade, brokerjet oder sino unterscheidet?

Dirk Piethe: Es gibt durchaus gewisse Unterschiede, etwa bei der Kundenstruktur. Bei sino sind das in erster Linie High-end Kunden, also Daytrader. Bei flatex haben wir in Deutschland und Österreich 120.000 Kunden, da ist die Streuung deutlich größer. Der Unterschied zu brokerjet besteht etwa in unserem Preis/Leistungs-Versprechen. Unsere Kunden wissen, dass ein Trade 5,9 Euro kostet - damit ist das Unternehmen auch so groß geworden.

Börse Express: Kann man abschätzen, wie sich die Kundensituation weiter entwickeln wird?

Dirk Piethe: Ja, wir wollen pro Jahr um 10 bis 20 Tausend Kunden wachsen.

Börse Express: Bei flatex spielt der Preis ein sehr große Rolle ...

Dirk Piethe: Das ist korrekt, dieses Thema ist sehr wichtig. Bei anderen Brokern gibt es immer wieder mal begrenzte Aktionen. Unsere Kunden müssen über so etwas nicht nachdenken, weil sie immer günstig fahren. Dabei darf man aber den Bereich Service nicht vergessen. Hier muss die Qualität hoch gehalten werden. Wir haben bewiesen, dass diese Qualität sich nicht in hohen Kosten für die Kunden niederschlagen muss. Dennoch werden wir nicht aufhören, uns im Sinne unserer Kunden zu verbessern. Das wird nichts an unserer nachhaltigen und günstigen Preisstrategie ändern.

Börse Express: flatex wurde von der FHM Finanzberatung bzw. n-tv zur beliebtesten Direktbank bzw. zur beliebtesten Depotbank 2012 gewählt. Was hat Ihrer Meinung nach den Ausschlag gegeben?

Dirk Piethe: Solche Auszeichnungen sind keine Selbstverständlichkeit, auch wenn wir in der Vergangenheit für unser Angebot schon mehrfach ausgezeichnet wurden. Stolz macht uns insbesondere die Auszeichnung des Deutschen Instituts für Servicequalität zum beliebtesten Onlinebroker Deutschlands auf Basis einer Umfrage von 36.000 Teilnehmern. Und ich kann versprechen, wir werden uns auf diesen beiden Preisen nicht ausruhen. Wie schon ausgeführt ist bei uns das Thema niedrige Kosten für den Kunden bei guter Service-Qualität wichtig.

Börse Express: Warum wird flatex diese Titel auch 2013 verteidigen - und welchen Kategorien wollen Sie genauso erfolgreich werden?

Dirk Piethe: Die Auszeichnungen in 2012 sind das Ergebnis der Arbeit meiner Kollegen. Für das Jahr 2013 streben wir jedoch an, uns im Bereich „mobile“ noch viel stärker aufzustellen. Hier gilt es die Bereich Information und Transaktion abzudecken. Unsere Kunden wollen nicht nur wissen, was die eigenen Positionen wert sind, sondern diese auch aktiv und mit einfacher Bedienung mobil handeln. Was die Kategorien betrifft: Wir wollen natürlich auch in Zukunft nicht nur über den Preis gewinnen.

Börse Express: Zurück zum Thema Service. Wo liegen die Schwerpunkte für einen Onlinebroker?

Dirk Piethe: Wir veranstalten schon jetzt fast 500 Webinare pro Jahr. Die Teilnehmerzahlen liegen oft im Bereich von 500 bis 1000. Ein weiteres Projekt, das auch für unsere österreichischen Kunden vorgesehen ist, betrifft die Zusammenarbeit mit einer deutschen Universität. Über ein Tool sollen die Trades unserer Kunden automatisch ausgewertet werden. Der Kunde kann dann etwas über seine eigenes Trading lernen, im Idealfall auch verbessern. Das Ganze wird 2013 an den Start kommen. Ebenso wie „myflatex“, das unseren deutschen Kunden bereits zur Verfügung steht.

Börse Express: Mit den Trading Masters 2013 wird ein Projekt lanciert, das sich an „aktive und gut informierte Trader richtet“.
Welchen Stellenwert nimmt die Kundengruppe für flatex ein?

Dirk Piethe: Wir haben, wie erwähnt, eine Kundenbasis von rund 120.000. Diese Gruppe ist zwar nicht völlig homogen, jedoch kann man die Aussage treffen, dass sie im Querschnitt durchaus als “sehr aktiv” bezeichnet werden können. Unsere Kunden bewegen pro Jahr an Volumen so viel wie die comdirect.

Börse Express: Was ist mit Anlegern, die beispielsweise einfach ein Zertifikat mit mehrjähriger Laufzeit kaufen wollen. Ist flatex für diese auch der richtige Ansprechpartner?

Dirk Piethe: Absolut. Die Grenzgruppe ist gleitend. Wir haben zwar sehr aktive Kunden, was uns auch freut, für uns sind aber nicht nur Viel-Trader interessant. Wir wollen, dass unsere Kunden ihr Vermögen vermehren. Dazu geben wir ihnen die Werkzeuge in die Hand. Und unsere Preisgestaltung ist für alle gut. Tatsächlich wollen unsere Kunden in erster Linie auf Aktien, Zertifikate und Optionsscheine zurückgreifen.

Börse Express: Eines dieser Werkzeuge sind aber auch CFDs. Dieser Markt ist seit Jahren in aller Munde. Welches Potenzial sehen Sie hier in Deutschland bzw. in Österreich?

Dirk Piethe: Hier sehen wir absolut Potenzial. Wir sind mit unserer Wertpapierhandelsbank cefdex ja selbst in diesem Bereich tätig. Zwar ist der CFD-Handel immer noch mit einem gewissen Zocker-Image behaftet, wir sehen aber ganz klar, dass Kunden, die etwa Aktienpositionen halten, sich mit CFDs absichern. Unsere Kunden setzen also nicht nur stand-alone auf die CFD-Plattform. Im kommenden Jahr wird unsere CFD-Java-Applikation in HTML umgewandelt. Unsere Kunden können dann ganz einfach per Browser mit CFDs handeln.

Börse Express: Wo lässt sich im CFD-Bereich noch Innovation betreiben?

Dirk Piethe: Eine „nächste große Welle“ erwarten wir nicht. Wir wollen aber im US- und im Aktien-Bereich noch mehr Basiswerte anbieten.

Börse Express: Lassen sich konkrete Aussagen zum Anlage/Trading-Verhalten Ihrer österreichischen Kunden treffen? Wie würden Sie den „österreichischen Anleger“ charakterisieren?

Dirk Piethe: Die Erfahrung, dass der Österreicher per se sehr risikoavers eingestellt ist, haben wir nicht gemacht. Wir sprechen mit unserem Angebot offensichtlich die aktiven Anleger an. Das heißt, dass sich unsere österreichischen Kunden nicht von unseren anderen Kunden unterscheiden, was die Risikoneigung betrifft.


Interview: Michael J. Plos

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