Lohrke: Europa säuft sich die Braut mit ESM/EZB-Geld weiter schön; Rehn gibt 31 Mrd. Euro Griechen-Tranche schon mal frei; IWF Warnung drückt auf Börsen; Alcoa eröffnet Quartalberichtssaison mit Verlust; Tokyo deutlich im Minus; Alcoa mit Umsatz- und Gewinnrückgang; weltweites Finanzsystem fragiler
Globalyze Marktbericht
Die Warnung des Internationalen Währungsfonds vor einer Abschwächung des Weltwirtschaftswachstums, rückläufige Gewinnerwartungen für die S&P 500 Unternehmen und der Quartalsverlust von Alcoa lasteten gestern auf der Wall Street. Dazu kam ein sinkender National of Independent Small Business Optimism Index. Dow, Nasdaq und S&P 500 gaben um -0,81% (13.473), -1,52% (3.065) und -0,99% (1.441) nach. Im Dow lagen McDonalds (+1,88%) und Alcoa (+1,41%) vorn. Wobei Letzteres verwundert. Schließlich liegt ein nach Abzug der einmaligen Sonderbelastungen zustande kommender Gewinn von 32 Mio. Dollar immer noch deutlich unter dem Vorjahresquartalsgewinn von 172 Mio. Dollar (-81,4%). Intel (-1,28%) und Chevron (-1,09%) rundeten das Bild nach unten ab. Ansonsten war da noch das Medizintechnikunternehmen Edwards Lifesciences, das wegen der Kürzung des Gewinnausblicks um -21,24% einbrach. Der gleiche Grund machte Owens Corning mit -8,34% zu schaffen. Hingegen stiegen die Aktien von ProPhase Labs nach einem Übernahmeangebot von Martixx Initiatives von 1,60 Dollar je Aktie um +11,11%. Rohöl stieg um +3,4% auf 92,39 Dollar je Barrel. Gold fiel um -0,6% auf 1.763,00 Dollar je Unze. Die Zinsen für 10-jährige Staatsanleihen sanken auf 1,720%. Der Dollar stieg gegenüber dem Euro und fiel gegenüber dem Yen.
Die negativen Aussichten des IWF und die weiter ungelöste europäische Schuldenkrise lasteten auf Frankfurt. Dax, Tec Dax und C Dax gaben um -0,78% (7.234), -0,56% (820,15%) und -0,72% (638,22). Der Besuch der Bundeskanzlerin in Griechenland, das ohne Schuldenschnitt nicht mehr auf die Beine kommen wird, wurde auch nicht gerade mit Euphorie aufgenommen. Warum aber ausgerechnet griechische Bankaktien steigen, wo die doch weiter unter Geldabfluss leiden, ist nicht ersichtlich. Da sind offenbar wieder einmal die Zocker unterwegs. Derweil labert der Bundesfinanzminister Schäuble irgendetwas von „Verlässlichkeit, was die Finanzmärkte auch noch begreifen werden.“ Dabei gibt es kaum ein Land, das die Sparvorgaben einhält. Mein Rat an ihn und seine Kollegen. Sie sollten vielleicht einmal versuchen, die Finanzmärkte zu begreifen. Und was Griechenland betrifft, hat gerade EU-Währungskommissar Olli Rehn die 31 Mrd. Euro Tranche an Griechenland, die dort nie ankommen wird, auch ohne Troika-Bericht schon mal freigegeben. Was jedem Beobachter von vorneherein klar war. Ist das die Verlässlichkeit von der Herr Schäuble etwa spricht? Er verwechselt das offensichtlich mit wenig produktivem politischen Gemauschel und sich alles schön reden. Vertrauen gewinnt man mit einer solch offensichtlichen Willkür jedenfalls nicht. Auf Europa ist weiterhin kein Verlass! Im Dax lagen Volkswagen (+1,27%) und Continental (+0,64%) vorn. RWE (-1,94%) und BASF (-1,94%) waren die schlechtesten Werte. Im Tec Dax schoben sich Cancom (+3,03%) und Sartorius (+1,01%) nach vorn. Die beiden Solarwerte SMA Solar (-4,27%) und Solarworld (-2,88%) belegten die beiden hinteren Plätze.
In Tokyo gab der Nikkei wegen der schlechten Vorgaben der Wall Street und der nicht gerade erbaulichen IWF Prognose ebenfalls um -1,98% auf 8.596 Punkte nach. Wegen des Rückgangs der Autoverkäufe in China eröffneten vor allem auch Autowerte wie Toyota, Honda und Nissan um teils über -2% niedriger. Die Nachfrageschwäche auf dem PC-Markt traf den Chiphersteller Advantest, der um -1,9% nachgab und auf Jahrestief notiert. Ganz besonders hart traf es die Festplattenmotoren herstellende Nidec Corp., deren Aktien um -5,1% einbrachen. Auch der zuletzt sich erholende Spielekonsolenhersteller Nintendo gab aufgrund von Gewinnmitnahmen um -3,6% nach. Toshiba, die ihren Anteil an dem AKW-Bauer Westinghouse mit einer Investition von 125 Mrd. Yen von 67% auf 87% erhöhen will, gab um -4,2% nach. Warum ausgerechnet die Sharp Aktie um +5,3% zulegte, wusste auch auf dem Parkett so recht keiner. Jedenfalls war der Kurseinbruch von -5,2% eindeutig auf den reduzierten Gewinnausblick zurückzuführen.
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Alcoa mit Umsatzrückgang und Verlust. Die wegen der niedrigeren Aluminiumpreise um -9% auf 5,83 Mrd. Dollar rückläufigen Umsätze und Sonderkosten führten zu einem Verlust von -143 Mio. Dollar.
Standpunkt: Zunächst zum Umsatz. Mit einem Durchschnittspreis von 2.222 Dollar je Metriktonne liegt der Preis etwa -17% unter dem Vorjahr. Was den Verlust betrifft, so spielen Sonderkosten von 175 Mio. Dollar eine Rolle. Ohne diese würde das Unternehmen einen Gewinn von 32 Mio. Dollar erzielen, der aber immer noch um über -80% unter dem des Vorjahres von 172 Mio. Dollar liegt. Wenn Sie mich fragen, ist das nicht gerade eine Kaufempfehlung.
350 Mio. leiden unter Depressionen. Angesichts des 20. World Mental Health Day hat die Weltgesundheitsorganisation darauf hingewiesen, dass ca. 5% der Weltbevölkerung unter Depressionen leidet.
Standpunkt: Depressionen beruhen auf einer sehr komplexen Interaktion zwischen sozial, psychischen und physischen Faktoren. Erschwerend hinzukommen zunehmender wirtschaftlicher Druck, Arbeitslosigkeit und sonstiges Unglück. Das Problem ist laut WHO, dass diese Krankheit immer noch stigmatisiert ist und deshalb vielfach nicht ernstgenommen wird. In vielen Länder bekommen nicht einmal 10% die Hilfe, die sie benötigen. Depression ist laut WHO ein Gefühl der Traurigkeit über 2 Wochen oder mehr, welche das „Funktionieren“ im Job, in der Schule oder zu Hause beeinträchtigt. Während also dafür kein Geld da ist, schmeißen wir den Mitverursachern der Depressionen das Geld über ESM und die Notenbanken nur so hinterher. Ein Umdenken tut auch deshalb Not.
Was kümmert uns unser EU-Geschwätz von gestern. Frei nach diesem Motto sind die weltweiten Geldgeber und EU-Währungskommissar Olli Rehn fest entschlossen, die 31,5 Mrd. Euro Tranche an Griechenland auszuzahlen.
Standpunkt: Spart Euch doch den ganzen Mist mit den Verweis auf Troika-Berichte und irgendwelchen Auflagen und Regeln. Das ist doch nur Propaganda für das blöde Volk. In Europa darf man ungestraft jedes Recht, jede Vereinbarung und jede Regel brechen. Der Zweck heiligt die Mittel. Das ist die Botschaft, die von diesem Europa heute ausgeht. Eine traurige, im Kern undemokratische Botschaft. Ist das die „Berechenbarkeit und Verlässlichkeit, die auch die Finanzmärkte irgendwann begreifen werden,“ von der Bundesfinanzminister Schäuble spricht. Dass jeder seine Auflagen gerade so erfüllt, wie es ihm passt? So blöd sind die Finanzmärkte aber nicht. Dahinter verbergen sich schließlich gut ausgebildete Leute, die ihr Falschspiel durchschauen, Herr Schäuble. Solange Europa so „wertlos“ agiert, wird die Finanzkrise und europäische Schuldenkrise anhalten. Diese Krise ist eine Vertrauenskrise. Und eins ist sicher. Mit dieser Art von Politik schafft man sicher kein Vertrauen. Im Gegenteil.
Risiken des Finanzsystems gestiegen. Gemäß dem Bericht des IWF ist das „Vertrauen in das internationale Finanzsystem sehr schwach“ („very fragile“). Auch hat sich die Stabilität seit April verschlechtert.
Standpunkt: Wer das zweiseitige Executive Summary des „Global Financial Stability Report – Restoring Confidence and Progressing on Reforms“ liest, der kommt nicht daran vorbei, sich große Sorgen um das globale Finanzsystem zu machen. „the global financial system has become very fragile” und “the euro area crisis remains the principal source of concern“ liest man da. Das klingt besorgniserregend und zeigt, wie sehr Europa versagt hat und weiter versagt. Da ist insbesondere was Europa betrifft von „Kapitalflucht“ und „Marktfragmentierung“ die Rede. Mit der Formulierung „We find that delays in resolving the crisis have increased the expected amount of asset shrinkage at banks” zeigt der Internationale Währungsfonds auch auf, wie schlecht es um die europäische Banken steht. Etwas, was wir Ihnen von Globalyze schon lange predigen, wenn wir von sog. Zombie-Banken reden. Mit den Empfehlungen des IWF stimmen wir allerdings nicht durchweg überein. Was uns fehlt ist Vertrauen. Das zeigt die Kapitalflucht. Kapital wäre weltweit nämlich genug da. Mit dieser wertvernichtenden Politik in Europa, die vor keinem Regelbruch Halt macht, wird man das aber nicht aufbauen. Soviel Geld hat die ganze Welt nicht. Wann begreift diese im Grunde genommene simple Einsicht endlich einer in Berlin oder Brüssel?
Erneuerbare Energien brechen ein. Die Investitionen in erneuerbare Energien sind im 3. Quartal zum ersten Mal in 8 Jahren gegenüber dem Vorjahr um -20% auf 56,6 Mrd. Dollar eingebrochen.
Standpunkt: Die gesamte erneuerbare Energien Industrie leidet einer Studie zufolge unter massiven Überkapazitäten, welche die Preise für Solarzellen und auch Windturbinen deutlich nach unten drückt. Dazu kommt, dass die Staaten weltweit diesbezüglich knausriger werden. Wobei eine rückläufige Tendenz in den USA, Europa und China und eine eher zunehmende Tendenz in Südamerika, Asien und Afrika zu verzeichnen ist. Jedenfalls gingen die Ausgaben gegenüber dem Vorjahr in den USA um -62%, in Indien um –60% während in Brasilien die Ausgaben um +24% zunahmen. Dieses Segment ist also zukünftig mit großer Vorsicht zu betrachten.
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