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Lohrke: Japan hängt Europa ab

Während wir uns hier in Europa ein ums andere Mal mit unserer „was nicht sein kann, weil nicht sein darf“-Mentalität selbst belügen, griechische Reeder in Deutschland einkaufen und ihre Marktanteile ausweiten, während wir schön blöd einen Euro nach dem anderen nach Athen überweisen und im durchgeknallten romantischen Übereifer überlegen wie wir endlich für all die Schulden der anderen aufkommen dürfen, die Bad Notenbank EZB bzw. EZB-Direktor Benoit Coeure sich den Kopf zerbricht, wie billige Notenbankkredite die Privatwirtschaft erreichen, während sie gleichzeitig Billionen an die überweist, die das eigentlich tun sollten, finden im internationalen Projektgeschäft unbemerkt umwälzende Veränderungen statt.

 

 

So dominieren inzwischen japanische Banken zunehmend das internationale Projektfinanzierungsgeschäft. Einer Studie von Thomson Reuters zufolge nehmen nämlich japanische Banken wie Mitsubishi UFJ Financial Group Inc., Sumitomo Mitsui Financial Group Inc. und Mizuho Financial Group Inc. die Plätze 2 bis 4 in der Weltrangliste der Projektfinanzierungen ein. Die werden nur durch die State Bank of India getoppt, was angesichts eines heimischen 1 Billion Dollar Infrastruktur-Programms über die nächsten 5 Jahre auch nachvollziehbar ist.

 

Hingegen müssen sich die einst führenden amerikanischen und europäischen Banken mit den hinteren Plätzen begnügen. Erst auf Platz 5 und 6 kommen mit der Société Generale und der Crédit Argricole zwei französische Banken. Während die Korea Development Bank den zehnten Platz einnimmt, sucht man unter den ersten Zehn vergeblich nach einer amerikanischen Bank. Das zeigt, welch herbe Zäsur die Finanzkrise auf diesem Segment hinterlassen hat. Die Wall Street ist jedenfalls längst nicht mehr der Nabel der Welt, von London und Europa ganz zu schweigen. Den haben ihr die eigenen Banken mittlerweile ausgetrieben. Während sich Amerikaner und Europäer weiter die nicht heilen wollenden, immer wieder aufbrechenden Wunden lecken, marschieren andere kräftig voran und hängen die trotzig in ihren alten Strukturen verhafteten westlichen Looser-Banken ab.

 

Interessant dabei ist, dass die Japaner z.B. auf dem „Green Energy Field“, also bei erneuerbaren Energieprojekten mit einem Marktanteil von 18% die Nase weit vorn haben. Aber auch sonst sind die in der asiatischen Region gut vernetzten japanischen Banken recht gut positioniert. So waren die Japaner die Ersten, die in Myanmar nach der vorsichtigen Öffnung an alte Geschäftskontakte anknüpfen konnten. Geschickt hat sich die MUFG rechtzeitig den Projektfinanzierungsarm der Royal Banc of Scotland unter den Nagel gerissen, was sich jetzt auszahlt.

 

Dass die jetzt schon klaffende Lücke sich noch vergrößern wird, kann man an folgenden Daten und Fakten recht gut ablesen. So ist die Projektfinanzierung verglichen mit dem Jahr 2007 in den EMEA Staaten um -24,3% zurückgegangen. In den Amerikas hat sich diese mit -43,4% fast halbiert. Hingegen hat sich diese im asiatisch pazifischen Raum mit 124,1% mehr als verdoppelt.

 

Dabei treten die japanischen Banken nicht etwa nur separat, sondern als Team mit Unternehmen aus anderen Bereichen auf. Ein britisches Offshore-Windprojekt wird z.B. von Sumitomo Mitsui finanziert, von der Nippon Export und Investment Insurance abgesichert und von Marubeni beliefert. Häufig ist auch noch die japanische Entwicklungsbank mit im Spiel.

 

Während also das strukturell verkrustete, ja sklerotische alte Europa die Schlachten von gestern schlägt, stecken die Japaner die Claims von Morgen ab. Und während unsere Infrastruktur zunehmend unter die Räder kommt, wird im asiatisch-pazifischen Raum die modernste Infrastruktur finanziert und hingestellt. Wer glaubt, dass das alles ohne Auswirkungen auf unseren (zukünftigen) Wohlstand bleiben wird, der täuscht sich gewaltig.

 

Denn die Schwellenländer sind, wenn sie die Schwelle überschritten haben, nicht mehr aufzuhalten, ebenso wenig wie es die alten Industrieländer bis weit in die Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein waren...So oder so heißt im Blick auf die Zukunft die Lehre für alle, die sich im Strukturwandel behaupten wollen: Alte Besitzstände bieten keinen Halt; man setze stattdessen auf neue Chancen. Sie verlangen von Arbeitskräften wie von Unternehmen ein vorausgreifendes Anpassen, sei es mit innovativen Sachinvestitionen, sei es durch Bilden von Humankapital.

 

Das sind die Worte meines inzwischen verstorbenen Volkswirtschaftsprofessors und ehemaligen des Instituts für Weltwirtschaft Herbert Giersch, die er bereits im Juni 1994 im damals veröffentlichten Aufsatz „Die Industrie und das Beschäftigungssystem im weltweiten Strukturwandel“ zu Papier brachte.

 

Da ist weiter von „defensiver Erhaltungspolitik, vergleichbar dem Agrarprotektionismus“, die Rede und auch von „einem Wandel“, der statt „bewältigt“ zu werden, „zurückgestaut“ wird, was unweigerlich zu „Wachstumsverlusten“ führt. Wie immer bekommt man die Quittung für volkswirtschaftliches Verhalten - ob richtig oder falsch - erst mit zeitlichem Abstand, neudeutsch auch „time lag“ genannt. Was kurzsichtiges politisches Handeln – wie derzeit - leider begünstigt. Wenn die Wirkungen eintreffen, sind die, die das verbrochen haben, längst weg.

 

Eines aber zeigt die Studie deutlich. Die Erhaltungspolitik im Bankenbereich hinterlässt bereits jetzt deutliche Spuren, und zwar weit über diese Branche hinaus. Wir von Globalyze beobachten diese langfristigen Treiber, abseits des kurzfristig, wahlmotivierten und damit des billigen politischen Getöses weiter für sie. Auf Basis von Daten und Fakten. Die wohl manchem in Europa und Deutschland inzwischen leider verloren gegangen sind.

 

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und stets hohe Renditen.

 

Ihr Norbert Lohrke

 

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