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Lohrke: Branchen Hopping

Ich will es heute einmal mit einem weltweiten Branchen Hopping versuchen, wobei es mir weniger um konkrete Empfehlungen geht, als vielmehr um "oberflächliche" Tendenzen und Stimmungen. Dabei will ich die Fragen beantworten, wo sich derzeit warum was tut und wo nicht. Welche Branchen kämpfen und welche nicht? Wo sind die Treiber/Probleme? Dabei geht es mir weniger um Vollständigkeit als vielmehr um ein schlaglichtartiges Betrachten, um ein Gefühl für die Branchen zu bekommen.

 

 

Intel zeigt mit seinem 4%-Gewinnrückgang recht deutlich, dass die PC Branche und damit auch die Chipbranche in den Seilen hängt. Begründet wird der Rückgang unter anderem mit dem bevorstehenden Windows 8 Launch, auf den angeblich die Branche wartet. Auch die Nachfrageschwäche im Nand Bereich wird genannt. Im Tablet Bereich sorgt Apple für mächtig Gegenwind. Wie schwer sich die Branche tut, sieht man an den direkten Mitbewerbern wie AMD oder AMR. Auch die Insolvenz der japanischen Elpida, die dann von Micron Technology übernommen wurde, zeigt, wie die Chiphersteller unter den sinkenden Durchschnittspreisen leiden.

 

Da geht es dieser Branche wie den Fluglinien. Nun könnte man auf den Gedanken kommen, dass die hohen Auftragseingänge bei Boeing oder Airbus deshalb eingehen, weil es ihnen so gut geht. Weit gefehlt! Die riesigen, aus dem Boden gestampften Flotten im arabischen Raum und die Billigfliegerkonkurrenz machen den etablierten Fluglinien weiter schwer zu schaffen. Im Grunde genommen kann man diesen ruinösen Wettbewerb nur über eine hohe Kundenbindung und reduzierte Kosten schaffen. Letzteres bedingt, dass die übermächtigen Betriebskosten, allen voran Kerosin, gesenkt werden. Das geht nun mal im Wesentlichen nur über das Gewicht und effizientere Triebwerke. Insofern sind die Linien gezwungen - ob sie es sich leisten können oder nicht - die neuen Megaliner zu bestellen. Wer also Anlageprodukte wie Flugzeugfonds usw. kauft, sollte mächtig vorsichtig sein. Ich erinnere da an die derzeit zum Teil kollabierenden geschlossenen Schiffsfonds.

 

Auch auf den sieben Meeren gibt es weiter Überkapazitäten. Wobei man da genauer hinsehen sollte Im Containerbereich sind die natürlich höher als bei Spezialschiffen. Wobei sich da langsam was tut. Man muss sich nur den Baltic Dry Index anschauen, der seit Februar tendenziell mit zeitweisen Rückschlägen im Steigen begriffen ist. Auch gibt es Sonderbereiche wie z.B. die Offshore-Ölbeförderung oder das stärker nachgefragte Flüssiggas LNG, die für höhere Margen als sonst sorgen. Sollte der Welthandel zunehmen, was durchaus ein realistisches Szenario für das nächste Jahr, vielleicht schon das 2. Halbjahr ist, könnte es durchaus sinnvoll sein, ausgewählte Werte bereits jetzt antizyklisch zu erwerben. Nur am Rande sei erwähnt, dass bei uns im Kiel-Kanal nicht nur wegen des fehlenden Ausbaus (auch da versagte Politik wieder einmal; wo bleibt das Vorausschauende fragt man sich da) ein Pott nach dem anderen durchschippert.

 

Mag sein, dass ich bei solchen Szenarien von mancher Seite heftigen Gegenwind bekommen mag. Schließlich ist da die europäische Banken- und Schuldenkrise, die uns keinen Tag ohne Hiobsbotschaft frustriert zurücklässt. Dass Sizilien möglicherweise bald pleite sein wird, ist schließlich nur die halbe Wahrheit. Was ist mit dem jahrzehntelangen Kostgänger Mezzogiorno? Eines ist klar, Italien werden wir nach Spanien nicht auch noch stemmen können. Und eine Erhöhung von EFSF/ESM wird auch diese sich ansonsten alles Gefallen lassende deutsche Bevölkerung nicht mehr mitmachen, wenn die Stromkosten so steigen, wie ich es befürchte. Das weiß Schäuble sehr genau, weswegen er immer wieder, teils aber bewusst über die verfassungsrechtliche Grenze hinaus, in die Trickkiste greift? Wie wurde ich doch angegriffen, als ich die hektische und zur Unzeit stattfindende Atomwende kritisierte? Wobei jeder der es wollte sehen konnte, dass das mit langfristiger Planung, wie sie die auf Generationen ausgerichtete Energiepolitik erfordert, nichts mehr zu tun hat. Ideologisch genährtes Gefrickel und handwerklich unsauberes Arbeiten ist derzeit in Berlin das Gebot der Stunde. Dort wirft man das Herz erst einmal nach vorn und vergisst dabei, dass man es dazu braucht, um hinterherzulaufen. Für die Versorger ist der Atomausstieg übrigens ein Steilpass. Dass nur ein Hinweis für jene Analysten, die noch immer nicht gemerkt haben, dass die Atomwende den Etablierten mächtig in die Hände spielt.

 

Dennoch bleibe ich bei dem gar nicht so schlechten weltwirtschaftlichen Ausblick. Wenn man sich z.B. einmal die Minenbranche ansieht, wird man erkennen, dass die Minenbetreiber, die ebenfalls mittelfristig planen müssen, enorm investieren. Das tun die sicherlich nicht aus reinem Jux und Tollerei. Offensichtlich rechnen auch die mit einer steigenden Nachfrage. Erst gestern brachten wir die Meldung über Rio Tinto, welche die Eisenerzproduktion nach oben gefahren hat.

 

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Wenn ich Eisenerz höre, denke ich sofort an die Stahlbauer. Ob diese konjunktursensitive Branche davon profitieren werden? Da bin ich mir nicht ganz so sicher. Auch da herrscht ein enormer Wettbewerbsdruck aufgrund von Überkapazitäten im weltweiten Markt. Schuld daran sind u.a. unsere chinesischen Freunde, die den Markt mit Stahl überschwemmen.

 

Das tun die auch im Solarbereich, worunter die deutsche Solarwirtschaft mehr als leidet. Kaum lässt man die bisher über zig-Milliarden geschützte und wohlbehütete Spezies in die freie Wildbahn, ääääh den Wettbewerb natürlich, werden sie von den dortigen Raubtieren im Überlebenskampf förmlich zerissen. Was vorhersehbar. Wir von Globalyze und ich haben jedenfalls frühzeitig in den Kolumnen vor dem Solarsterben gewarnt. Wobei da die Solarpanelhersteller bei Kostenvorsprüngen chinesischer Anbieter von über 30% beinahe gar keine Chance haben. Etwas positiver bin ich jedenfalls für den Maschinenbau in diesem Bereich gestimmt. Denn dreimal dürfen Sie raten, auf wenn die Chinesen da vertrauen? Wobei die Chinesen inzwischen selbst auch unter Druck kommen. So wird ein Teil der Kredite des Solarwafer-Herstellers LDK Solar nach vier Verlusten in Folge von Xinyu City übernommen.

 

Bei Verlusten in Folge wären wir eigentlich bei Banken. Auch, wenn nur wenige die offen ausweisen. Mich mit denen zu befassen, habe ich schon gar keine Lust mehr. Da erinnert mich die derzeitige Verbindung zwischen den europäischen Banken und der EU an den Bankier Jakob Fugger und dem von ihm finanzierten Kaiser Maximillian I. Zum Ende seines Lebens hatte sich Maximilian I. derart stark bei Jakob Fugger verschuldet, dass der Augsburger Bankier wohl gar nicht mehr anders konnte, als die Habsburger weiter zu unterstützen, um so seine Forderungen zu sichern. Das Ende vom Lied kennen wir. Drei spanische Staatsbankrotte (man höre und staune) brachten die Fugger um ihr Vermögen. Diese Geschichte sollte uns eine Warnung sein. Wobei ich nicht die ganzen Banken schlecht reden will. Witzigerweise sind derzeit die asiatischen Banken und auch die ein oder andere in Brasilien oder anderen Schwellenändern eine sicherere Anlage als westliche Banken, die auch laut PWC-Studie zunehmend vom Wachstum abgetrennt werden.

 

Von den Banken ist es nicht weit zur Versicherungsbranche. Da hat jetzt der Münchner Rück Vorstandssprecher von Bomhard eine Zerschlagung der Banken gefordert. Das hat natürlich seinen betriebswirtschaftlichen Grund. Obwohl er sachlich richtig liegt und Berlin bei diesem Thema wieder einmal pennt, macht ihm wie der ganzen Branche in Wahrheit da auch das niedrige Zinsniveau mächtig zu schaffen. Die Armen müssen notgedrungen in Staatanleihen anlegen und kaufen sich da derzeit, da der Geld- und damit auch Devisenmarkt über die expansive Geldpolitik total versaut ist, jede Menge Risiken ein. In deren Haut möchte ich also auch nicht stecken. Obwohl, wenn man die Gehälter sieht....

 

Kommen wir noch zur Telekommunikationsbranche. Dass Alcatel-Lucent eine Gewinnwarnung herausgibt, überrascht mich nun nicht. Seit dem in 2006 stattfindenden Merger sind die noch nie so richtig auf die Beine gekommen. Da ist also vieles hausgemacht. Was die Telkos insgesamt betrifft, insbesondere die warum auch immer trotz T Mobile USA steigende Deutsche Telekom, so bin ich da weniger zuversichtlich. Es sei denn, man kuckt da mal Richtung Asien. Wo sich auf diesem Gebiet jede Menge tut.

 

So, das soll es erst einmal gewesen sein. Ich denke, dass diese Ausführungen dem ein oder anderen helfen werden, die schlimmsten Tretminen zu umgehen. Wobei ich die weiter unter dem Ausgabepreis liegende Facebook und die sozialen Netzwerke eigentlich nicht extra nennen muss. Auch da haben wir von Globalyze jedenfalls vorher gewarnt.

 

Welche Branchen derzeit interessant sind? Da wird es wohl einer neuen Kolumne bedürfen.

 

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und stets hohe Renditen.

 

Ihr Norbert Lohrke

 

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