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Spanien-Hilfe: Für Stiglitz "Voodoo-Ökonomie", aber Entspannung an Märkten

Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz hat das europäische Hilfsprogramm für Spaniens Banken als "Voodoo-Ökonomie" kritisiert. "Das System ist: Die spanische Regierung rettet die spanischen Banken, und die spanischen Banken retten die spanische Regierung", sagte Stiglitz in einem Reuters-Interview. Dies könne nicht funktionieren. Stattdessen müsse Europa die Schaffung eines gemeinsamen Bankensystems und einer Fiskalunion vorantreiben.

"Man muss sich dem zugrundeliegenden Problem stellen, und das ist: das Wachstum zu fördern", sagte der frühere Wirtschaftsberater des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton, der als scharfer Kritiker von Sparprogrammen gilt. "Deutschland hält daran fest, dass die Stärkung durch Haushaltsdisziplin kommt, aber das ist ein komplett falsche Diagnose", warnte Stiglitz. Der Preis, den Deutschland für einen Zerfall des Euro zahlen müsse, sei höher als der Preis für die Rettung der Gemeinschaftswährung.

An den Finanzmärkten herrscht währenddessen deutliche Erleichterung über die vereinbarten europäischen Finanzhilfen für die spanischen Banken. In Asien legten am Montag die Aktienmärkte und der Euro kräftig zu. "Vergangene Woche wartete jeder darauf, dass die politisch Verantwortlichen handeln", sagte Marktanalyst Masayuki Doshida von Rakuten Securities. "Daher sind die Investoren jetzt wieder etwas beruhigt, nachdem die Rettungsaktion für Spanien beschlossen ist."

Spanien will nach langem Widerstand nun doch Gelder aus den Euro-Rettungsfonds zur Rekapitalisierung seiner maroden Geldhäuser beantragen. Die Euro-Finanzminister erklärten sich bereit, dem Land bis zu 100 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Ich bin zuversichtlich, dass dies ein starkes Signal an die Märkte senden wird, dass die Euro-Zone bereit ist, Spanien in seinen Anstrengungen zu unterstützen, seinen Bankensektor zu restrukturieren und rekapitalisieren."

Der Umfang des Rettungspakets ist größer als von vielen Investoren erwartet. Die Märkte wurden in den vergangenen Wochen von der Angst beherrscht, die Krise in der viertgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone könne sich noch stärker ausweiten und der Weltkonjunktur zusätzlich schaden.

Nach den Worten von Börsenexperte Doshida richtet sich nun der Blick der Anleger wieder verstärkt auf die nächsten Weichenstellungen in der europäischen Schuldenkrise. Sein Kollege Takao Hattori von Mitsubishi UFJ Morgan Stanley Securities warnte: "Die Unsicherheiten bleiben. Offen ist, auf welchem Weg die Gelder an die spanischen Banken gezahlt werden, wie das Ergebnis der Wahlen in Griechenland ist und wie sich die Situation in Peripherieländern wie Italien entwickelt", sagte Hattori. Am Sonntag wählen die Griechen ein neues Parlament. Das Votum gilt für viele als Entscheidung über den Verbleib des Landes in der Euro-Zone. Kurz darauf folgt das Gipfeltreffen der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G-20), von dem sich Investoren Antworten auf die Probleme der Weltwirtschaft erhoffen.

In Tokio zog der 225 Werte umfassende Nikkei-Index um zwei Prozent an auf 8629 Punkte. Der breiter gefasste Topix-Index legte 1,8 Prozent zu auf 731 Zähler. Auftrieb hatten vor allem Exportwerte, beflügelt von den Kursverlusten des Yen zum Euro. Die Aktie des Elektronikkonzerns TDK gewann fünf Prozent, die des Autobauers Mazda vier Prozent. Sharp schossen 7,7 Prozent hoch, nachdem das Unternehmen am Freitag neue Pläne zur Geschäftsstrategie vorgestellt hatte, die unter anderem eine Reduzierung der Schulden vorsehen. Auch an anderen Börsen in Fernost ging es bergauf. Der MSCI-Index für Aktien der Asien-Pazifik-Region mit Ausnahme Japans lag 1,6 Prozent im Plus.

An den Devisenmärkten in Fernost zog der Euro um fast ein Prozent an auf 1,2635 Dollar.

An den Rohstoffmärkten stieg der Terminkontrakt auf Rohöl der Marke Brent um 1,99 auf 101,46 Dollar je Barrel und der auf US-Leichtöl um 1,86 auf 85,96 Dollar. (APA/Reuters/red)