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Deutsche Immobilienfonds unter Druck: Anleger zittern um Milliarden

Zigtausende Anleger in Deutschland bangen um ihr Erspartes: Im Mai läuft die Gnadenfrist für zwei Schwergewichte unter den offenen Immobilienfonds (OIF) aus. Bis dahin müssen die Manager der Publikumsfonds SEB Immoinvest und CS Euroreal entscheiden, ob sie genügend Liquidität angesammelt haben, um Anteilsrückgaben im Zweifelsfall auch im großen Stil überstehen zu können. Anderenfalls müssten die Fonds mit einem Volumen von zusammen rund 12 Mrd. Euro abgewickelt werden. Was das für das Geld der Sparer bedeutet, steht in den Sternen.

Die Angst vor einem Milliardengrab geht um: Setzten Sparer aufs falsche Pferd, als sie ihr Geld in vermeintlich sichere und stabile offene Immobilienfonds investierten? Eigentlich sollten sie wie beim Tagesgeld jederzeit an ihr Vermögen rankommen - nur besser verzinst. Doch davon kann schon lange keine Rede mehr sein.

Denn als im Herbst 2008 zu viele Anleger gleichzeitig Anteile verkauften, um an Geld zu kommen, wurde es für ein Dutzend OIF eng. Sie mussten die Rücknahme von Anteilscheinen zum Schutz der Investoren aussetzen. Sonst wären die Barmittel aufgezehrt worden, und die Fonds hätten ihre Gebäude unter Wert notverkaufen müssen.

Als sich der Markt wieder beruhigt hatte, sorgte die Politik für Unruhe. Erneut mussten mehrere Fonds auf Eis gelegt werden. "Anfang Mai 2010 führte das Diskussionspapier zum Gesetz zur "Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts" zu einer starken Verunsicherung der Anleger und zu massiven Anteilrückgaben im Gegenwert von 1,4 Mrd. Euro in der gesamten Branche", kritisierte das SEB Asset Management.

Ihren Ruf als extrem sicheres "Betongold" haben die OIF zumindest vorerst verspielt: Zwar haben nach Daten des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) die meisten der Immobilienfonds mit zusammen mehr als 70 Prozent des Volumens die jüngsten Krisen problemlos durchschifft. Sie dürften von der Marktbereinigung sogar profitieren. Und sie werfen Renditen ab. So liegt etwa der Branchenriese Deka-Immobilien Europa mit einem Fondsvermögen von 11,6 Mrd. Euro auf Jahressicht 2,3 Prozent im Plus.

Auf der anderen Seite sind aktuell aber sieben, zusammen fast 14 Mrd. Euro schwere Publikumsfonds eingefroren. Das sind über 16 Prozent des gesamten Marktes. Die Anleger kommen seit Jahren nicht an ihr Geld - außer sie nehmen an der Börse kräftige Abschläge in Kauf. Zudem musste bereits ein halbes Dutzend Publikumsfonds mit einem Anteil von rund 11 Prozent am OIF-Vermögen die Segel streichen. Sie werden aufgelöst und verschwinden für immer vom Markt.

Jüngstes Opfer: Ende Februar gab der KanAm Grundinvest mit einem Fondsvermögen von knapp 4 Mrd. Euro die Hoffnung auf eine erfolgreiche Wiedereröffnung auf. Zur Begründung hieß es: "Die allgemeine Verunsicherung könnte bei einer Wiedereröffnung ... ein "Windhundrennen" auslösen, bei dem nur ein Teil der Anleger ihre Anteile zurückgeben kann." Um die Gleichbehandlung aller Anleger sicherzustellen, müsse der Fonds gekündigt werden.

So weit sind Manager bei SEB und Credit Suisse noch nicht. Doch die Uhr tickt. Bei den beiden und zwei weiteren kleineren OIF geht es darum, durch den Verkauf von Immobilien bis Mai genügend Liquidität anzusammeln, um im Falle der Wiedereröffnung alle potenziellen Rückkaufanforderungen der Anleger befriedigen zu können.

Etwas Hoffnung macht, dass sich wichtige Immobilienmärkte wie Deutschland, Frankreich oder England zuletzt erholt haben. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Fonds für ihre Objekte einen akzeptablen Preis erzielen können. "Vor zwei Jahren war es deutlich schwieriger, Immobilien zu verkaufen als jetzt", sagt Sebastian Gläsner von IPD Investment Property Databank in Wiesbaden.

Liquidität von rund 30 Prozent des Fondsvermögens gelten am Markt als Untergrenze, um Fonds wieder zu öffnen. Über den CS Euroreal ist zu hören, er sei auf einem guten Weg, dieses Ziel zu erreichen. Generell gilt demnach: Je größer die Objekte, umso schwieriger wird es, sie unter dem starken Zeitdruck tatsächlich zu einem akzeptablen Preis verkaufen zu können.

Im Zweifel dürften sich die Fondsmanager für eine Abwicklung entscheiden, bevor sie das Risiko eingehen, nach einer kurzfristigen Öffnung ohne liquide Mittel dazustehen - schon um Klagewellen der dann verbleibenden Investoren zu vermeiden. Die Anwälte landauf landab haben sich längst in Stellung gebracht.

Dabei ist keineswegs ausgemacht, wie viel die Abwicklung eines OIF die Anleger kosten wird. Einen Totalverlust können die Sparer wegen des Gegenwerts der Immobilien ohnehin nicht erleiden, ihr Geld ist als Sondervermögen auch insolvenzgeschützt. Im besten Fall können die Gebäude ohne Verlust verkauft werden. Dafür haben die Fondsmanager mehrere Jahre Zeit - unter Beobachtung der Aufsichtsbehörde Bafin, die darauf achtet, dass die Immobilien nicht verschleudert werden. In der Zwischenzeit sorgen Mieterträge für laufende Einnahmen. (dpa)