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Ungarns Häusermarkt bricht ein - Fremdwährungskredite als Auslöser
Als Erzsebet Zolyom im vergangenen Mai eine Wohnung mit zwei Schlafzimmern im Zentrum von Budapest erbte, dachte sie, dass ihre finanziellen Sorgen damit vorbei seien. Genau das Gegenteil war jedoch der Fall: Sie steckt heute viel tiefer in Schulden als je zuvor.
Nach einer kostspieligen Renovierung der Wohnung mit 87 Quadratmeter Wohnfläche hat sie noch immer keinen Käufer gefunden - auch wenn es anfangs zahlreiche Interessenten gab und sie mittlerweile den Verkaufspreis um fast ein Fünftel auf 23 Mill. Forint (79.000 Euro) reduziert hat. “Ich hatte damit gerechnet, die Wohnung wäre in Windeseile verkauft”, sagt die Geografie-Lehrerin. “Jetzt weiß ich, wie naiv das war. Es kommt mir wie ein grausamer Witz des Schicksals vor.”
Ungarns Markt für Wohnimmobilien ist zum Erliegen gekommen, nachdem die Fremdwährungs-Hypotheken, die ihn zuvor angetrieben hatten, 2010 verboten wurden. Zurück blieben Hausbesitzer, deren Zahlungsverpflichtungen hochschnellten, während der Forint gleichzeitig auf ein Rekordtief fiel. Potenzielle Käufer verabschiedeten sich vor diesem Hintergrund aus dem Markt.
Die sinkende Nachfrage hatte zur Folge, dass der Häuserbau im vergangenen Jahr auf das niedrigste Niveau seit Beginn der Datenaufzeichnung 1930 einbrach. Ungarische Banken mussten Hunderte Milliarden Forint an Verlusten verbuchen.
Die Zahl der Immobilien-Transaktionen sackte 2011 auf 90.000 ab, verglichen mit 270.000 auf dem Höhepunkt des Immobilienbooms 2003, schätzt die Hypothekensparte von Ungarns OTP Bank. Es war das Jahr, bevor Ungarn und sieben weitere frühere kommunistische Staaten der Europäischen Union beitraten. Seit 2008 sind die Immobilienpreise OTP zufolge im Durchschnitt um 15 Prozent gefallen. Bereinigt um die Inflation haben die Preise in den vier Jahren bis 2011 um 30 Prozent eingebüßt, erklärte der internationale Gutachterverband Royal Institute of Chartered Surveyors im Februar.
Im vergangenen Jahr wurden in dem Land 12.655 Eigenheime gebaut, was einem Rückgang um 39 Prozent gegenüber 2010 entspricht. Die Zahl ist geringer als in den Einbrüchen zwischen den beiden Weltkriegen und zu Beginn der kommunistischen Ära in den 40er und 50er Jahren, sagt Erika Csetenyi vom staatlichen Statistikamt.
“Der Immobilienmarkt ist schachmatt gesetzt, und wir müssen alles in unseren Fähigkeiten Stehende tun, um ihn wieder in Gang zu bekommen”, sagt Daniel Gyuris, Hypotheken-Chef bei Ungarns größter Bank, OTP Bank Nyrt. “Zur aktuellen Marktlage hat geführt, dass die Leute Angst vor Arbeitslosigkeit haben und ein Haufen negativer Wirtschaftsnachrichten eintraf, während die Kreditvergabe aufgrund der extremen Risikoaversion einfror.”
Der Markteinbruch war deutlich stärker als in anderen Ländern der Region. Ein Beispiel: In Polen schrumpfte die Zahl der Neubauten in den ersten neun Monaten 2011 um acht Prozent, verglichen mit 38 Prozent in Ungarn.
Die Nachfrage nach Hypothekenkrediten ist in den letzten Monaten dahin geschmolzen, da immer mehr potenzielle Kunden vorsichtiger werden und die Zinsen für Kredite in Forint auf etwa zwölf Prozent geklettert sind, sagt Robert Toman, Leiter Haushaltskredite bei der Ungarn-Tochter der Raiffeisen Bank International AG. “Der Immobilienmarkt und der Markt für Immobilienkredite befinden sich im Winterschlaf. Was zuerst kam, ist wie die Frage nach dem Huhn und dem Ei”, sagt er.
Einer der Gründe dafür, dass es Ungarn schlechter geht als seinen mitteleuropäischen Nachbarn ist auch die Talfahrt des Forint zum Euro. Seit Mitte 2008 ging es für den Forint 19 Prozent abwärts, wodurch die Kosten zum Bedienen von Fremdwährungskrediten hochschnellten. Zwei Drittel aller Immobilienkredite in Ungarn wurden in einer fremden Währung aufgenommen. Gegenüber dem Franken, in dem die Mehrheit dieser Kredite aufgenommen wurde, verlor der Forint seit 2008 sogar 39 Prozent an Wert. Dadurch wiederum schnellte die Zahl der Ausfälle hoch und Hunderttausende Ungarn laufen Gefahr, ihre Häuser zu verlieren.
Ministerpräsident Viktor Orban zwang einheimische Banken, einen Teil dieser Verluste mit Franken-Hypotheken aufzufangen, was wiederum dazu führte, dass die Bankenbranche des Landes 2011 zum ersten Mal in 13 Jahren unprofitabel war.
In einer Seitenstraße im Zentrum Budapests - in der Nähe von Restaurants, Bars und einem belebten Straßenmarkt - hofft Erzsebet Zolyom nach wie vor darauf, ihr Apartment verkaufen zu können. Auch wenn die Zahl der Interessenten fast vollständig zum Erliegen gekommen ist. “Es wäre schrecklich, wenn ich den Preis noch weiter senken müsste”, sagt sie etwas verzweifelt. “Aber mir wird wohl nichts anders übrig bleiben, wenn ich die Wohnung überhaupt noch loswerden will.”
(Bloomberg)
Nach einer kostspieligen Renovierung der Wohnung mit 87 Quadratmeter Wohnfläche hat sie noch immer keinen Käufer gefunden - auch wenn es anfangs zahlreiche Interessenten gab und sie mittlerweile den Verkaufspreis um fast ein Fünftel auf 23 Mill. Forint (79.000 Euro) reduziert hat. “Ich hatte damit gerechnet, die Wohnung wäre in Windeseile verkauft”, sagt die Geografie-Lehrerin. “Jetzt weiß ich, wie naiv das war. Es kommt mir wie ein grausamer Witz des Schicksals vor.”
Ungarns Markt für Wohnimmobilien ist zum Erliegen gekommen, nachdem die Fremdwährungs-Hypotheken, die ihn zuvor angetrieben hatten, 2010 verboten wurden. Zurück blieben Hausbesitzer, deren Zahlungsverpflichtungen hochschnellten, während der Forint gleichzeitig auf ein Rekordtief fiel. Potenzielle Käufer verabschiedeten sich vor diesem Hintergrund aus dem Markt.
Die sinkende Nachfrage hatte zur Folge, dass der Häuserbau im vergangenen Jahr auf das niedrigste Niveau seit Beginn der Datenaufzeichnung 1930 einbrach. Ungarische Banken mussten Hunderte Milliarden Forint an Verlusten verbuchen.
Die Zahl der Immobilien-Transaktionen sackte 2011 auf 90.000 ab, verglichen mit 270.000 auf dem Höhepunkt des Immobilienbooms 2003, schätzt die Hypothekensparte von Ungarns OTP Bank. Es war das Jahr, bevor Ungarn und sieben weitere frühere kommunistische Staaten der Europäischen Union beitraten. Seit 2008 sind die Immobilienpreise OTP zufolge im Durchschnitt um 15 Prozent gefallen. Bereinigt um die Inflation haben die Preise in den vier Jahren bis 2011 um 30 Prozent eingebüßt, erklärte der internationale Gutachterverband Royal Institute of Chartered Surveyors im Februar.
Im vergangenen Jahr wurden in dem Land 12.655 Eigenheime gebaut, was einem Rückgang um 39 Prozent gegenüber 2010 entspricht. Die Zahl ist geringer als in den Einbrüchen zwischen den beiden Weltkriegen und zu Beginn der kommunistischen Ära in den 40er und 50er Jahren, sagt Erika Csetenyi vom staatlichen Statistikamt.
“Der Immobilienmarkt ist schachmatt gesetzt, und wir müssen alles in unseren Fähigkeiten Stehende tun, um ihn wieder in Gang zu bekommen”, sagt Daniel Gyuris, Hypotheken-Chef bei Ungarns größter Bank, OTP Bank Nyrt. “Zur aktuellen Marktlage hat geführt, dass die Leute Angst vor Arbeitslosigkeit haben und ein Haufen negativer Wirtschaftsnachrichten eintraf, während die Kreditvergabe aufgrund der extremen Risikoaversion einfror.”
Der Markteinbruch war deutlich stärker als in anderen Ländern der Region. Ein Beispiel: In Polen schrumpfte die Zahl der Neubauten in den ersten neun Monaten 2011 um acht Prozent, verglichen mit 38 Prozent in Ungarn.
Die Nachfrage nach Hypothekenkrediten ist in den letzten Monaten dahin geschmolzen, da immer mehr potenzielle Kunden vorsichtiger werden und die Zinsen für Kredite in Forint auf etwa zwölf Prozent geklettert sind, sagt Robert Toman, Leiter Haushaltskredite bei der Ungarn-Tochter der Raiffeisen Bank International AG. “Der Immobilienmarkt und der Markt für Immobilienkredite befinden sich im Winterschlaf. Was zuerst kam, ist wie die Frage nach dem Huhn und dem Ei”, sagt er.
Einer der Gründe dafür, dass es Ungarn schlechter geht als seinen mitteleuropäischen Nachbarn ist auch die Talfahrt des Forint zum Euro. Seit Mitte 2008 ging es für den Forint 19 Prozent abwärts, wodurch die Kosten zum Bedienen von Fremdwährungskrediten hochschnellten. Zwei Drittel aller Immobilienkredite in Ungarn wurden in einer fremden Währung aufgenommen. Gegenüber dem Franken, in dem die Mehrheit dieser Kredite aufgenommen wurde, verlor der Forint seit 2008 sogar 39 Prozent an Wert. Dadurch wiederum schnellte die Zahl der Ausfälle hoch und Hunderttausende Ungarn laufen Gefahr, ihre Häuser zu verlieren.
Ministerpräsident Viktor Orban zwang einheimische Banken, einen Teil dieser Verluste mit Franken-Hypotheken aufzufangen, was wiederum dazu führte, dass die Bankenbranche des Landes 2011 zum ersten Mal in 13 Jahren unprofitabel war.
In einer Seitenstraße im Zentrum Budapests - in der Nähe von Restaurants, Bars und einem belebten Straßenmarkt - hofft Erzsebet Zolyom nach wie vor darauf, ihr Apartment verkaufen zu können. Auch wenn die Zahl der Interessenten fast vollständig zum Erliegen gekommen ist. “Es wäre schrecklich, wenn ich den Preis noch weiter senken müsste”, sagt sie etwas verzweifelt. “Aber mir wird wohl nichts anders übrig bleiben, wenn ich die Wohnung überhaupt noch loswerden will.”
(Bloomberg)
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