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'Kurzfristig 150 bis 200 US-Dollar beim Ölpreis möglich'
"Das Fundament für neue Allzeithochs scheint gelegt", heisst es im neuen Öl-Report der Erste Group. Die derzeit reichlich vorhandene Liquidität, die globale Geldmengenausweitung sowie niedrige Zinsen und somit geringe Opportunitätskosten, sollten ein weiterhin positives Umfeld für Rohstoffinvestments garantieren. Die künstlich herbeigeführte Prosperität sollte jedoch nicht mit gesundem, realem Wachstum verwechselt werden. Insofern dürfte die weitere Entwicklung des Ölpreises auch stark davon abhängen, ob bzw. wann ein 3. Quantitative Easing-Programm implementiert wird. Die extrem hohe positive Korrelation zwischen Aktienmarkt und Ölpreis lässt sich kaum mit herkömmlichen Angebot/Nachfrage-Mustern erklären, Geldpolitik dürfte mittlerweile die wichtigste Determinante sein. Nachdem die Federal Reserve ihre Nullzinspolitik nun bis zumindest Ende 2014 fortsetzen wird, sollte dies den gesamten Rohstoffsektor und hier insbesondere Öl und Gold unterstützen.
Rohöl der Marke Brent markierte 2011 ein neues durchschnittliches Allzeithoch von 111 US-Dollar je Barrel. Auch inflationsbereinigt war dies höher als 2008 und sogar höher als während des zweiten Ölschocks 1979/1980. Getrieben wurde die Ölpreisentwicklung im Vorjahr in erster Linie von der Angebotsseite und den Unruhen von Marokko bis in den Iran. Diese gesamte Region produziert knapp 30 Millionen Barrel pro Tag (mb/d) und exportiert mehr als 21 mb/d. Die zunehmend expansive Geldpolitik seitens Federal Reserve, EZB, Bank of England und Bank of China wirkten ebenfalls stimulierend. Nachdem die Federal Reserve ihre Nullzinspolitik nun zumindest bis Ende 2014 fortsetzen wird, sollte dies den gesamten Rohstoffsektor und hier insbesondere Öl und Gold unterstützen. Das Fundament für neue Allzeithochs ist somit gelegt. Weiters scheint es, als würde die OPEC den Preis derzeit besser denn je kontrollieren. Preise von 90-110 US-Dollar dürften im aktuellen Umfeld noch keinen Nachfrageeinbruch in Folge gestiegener Preise auslösen. Es scheint, als würde der Ölpreis das exakte Preisniveau dieser kritischen Marke antesten und bei jedem Anlauf ein wenig höher steigen. „Auf Jahressicht rechnen wir mit einem durchschnittlichen Preis von 123 US-Dollar je Barrel Brent“, meint Ronald Stöferle, Rohstoffexperte der Erste Group. Auch in Europa könnte der gestiegene Ölpreis bald konjunkturelle Auswirkungen nach sich ziehen. In Euro gemessen hat der Brent-Preis bereits neue Allzeithochs markiert.
Was sind die Preistreiber?
Lag der durchschnittliche inflationsbereinigte Ölpreis im Rahmen des Bretton Woods Abkommens nach dem 2. Weltkrieg noch bei 6,1 US-Dollar je Barrel, so stieg er nach Abkehr vom Gold rapide an. Seit Ende der letzten Goldbindung des US-Dollars kostete ein Barrel Öl inflationsbereinigt im Schnitt 20,6 US-Dollar. Während der Ölpreis in Gold gemessen stabil ist, verlor der Dollar gegenüber Öl um mehr als 98% an Kaufkraft. Einen weiteren Preistreiber sieht Stöferle im Peak-Oil Szenario: „Meiner Meinung nach ist das globale Fördermaximum bei konventionellem Öl schon überschritten worden. Ich gehe zwar davon aus, dass unkonventionelle Fördermethoden dies grösstenteils kompensieren können, jedoch sind die günstig abbaubaren Ressourcen bereits weitgehend erschöpft“, erklärt Stöferle. Auch der stark gestiegene „Break-Even Ölpreis“ stellt einen wichtigen Faktor dar. Saudi Arabien benötigt mittlerweile einen Ölpreis in Höhe von 80 US-Dollar um einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren, in Russland wird der Wert heuer bei 126 Dollar liegen. Ein Grossteil der Exporteure ist somit auf ein Preisniveau von zumindest 80-90 US-Dollar angewiesen. Die „fiskalische Verwundbarkeit“ ist hoch. Zudem ist die Reservekapazität der OPEC auf kritischem Niveau. Nachdem Saudi Arabien noch nie nachhaltig mehr als 10 mb/d produziert hat, ist zu befürchten, dass sich erst im Ernstfall herausstellen wird, ob die Reservekapazität tatsächlich in angegebenem Umfang existiert. Die Nachfrageseite wird weiterhin klar von Asien dominiert. 70% des zusätzlichen Ölkonsums entfallen auf China und Indien. „Den derzeit stattfindenden Paradigmenwechsel erkennt man beispielsweise daran, dass China im Vorjahr die USA als weltweit grössten Energieverbraucher überholt hat“, so Stöferle.
Nahostpolitik als grösstes Risiko
Das Überschwappen der politischen Umstürze 2011 auf Libyen und der daraus resultierende Bürgerkrieg hat die Bedrohung durch Produktionsausfälle in politisch instabilen Ländern deutlich aufgezeigt. Obwohl das Land mit seiner Erdölproduktion von rund 1,65 mb/d nur etwa 2% der weltweiten Produktion ausmacht, stieg der Brent-Preis zwischen Februar und April letzten Jahres um etwa 25%. Aktuell blickt man mit Spannung auf den Iran, den drittgrössten Erdölexporteur der Welt. Die latent schwelende Krise scheint knapp vor einer Eskalation zu stehen. Die jüngsten Manöver, Drohgebärden, Sanktionen und Embargos und der derzeit stattfindende Schattenkrieg haben die Stimmung weiter erhitzt. „Selbst eine kurze Sperre der Strasse von Hormus hätte dramatische Folgen. Der Ölpreis würde definitiv neue Allzeithochs markieren, nachdem 20% der Weltölproduktion durch dieses maritime Nadelöhr transportiert werden“, so Stöferle.
Zukunftschance Schiefergas und Schieferöl
Die Trendumkehr bei der US-Ölproduktion zeigt ganz klar die Innovationskraft der Branche. Die seit 1970 rückläufige Ölproduktion konnte seit ihrem Tiefpunkt 2008 wieder deutlich gesteigert werden. Der Grund dafür: Die Erdölproduktion aus Ölschiefer. Nach Angaben der grössten Produzenten ist die Ölgewinnung aus Ölschiefer ab einem Ölpreis von rund 60 US-Dollar je Barrel profitabel. Beim derzeitigen Niveau von etwa 100 US-Dollar je Barrel (WTI) ist der Boom der neuen Ölquellen nachvollziehbar. „Es ist zu erwarten, dass Schieferöl auch in Europa in den nächsten Jahren grössere Bedeutung zukommt. Die Entwicklung beim Abbau von Schiefergas geht ja bereits mit grossen Schritten voran“, erklärt Stöferle. Die derzeit stattfindende Panikmache bezüglich der Umweltgefahren scheint übertrieben. Bei der neuen Abbaumethode des „clean Fracking“ werden die Umweltrisiken deutlich verringert, die Ausbeute erhöht und somit die Förderung von Schiefergas effizienter, kostengünstiger und sauberer gemacht. Der Glaube an einen raschen Ersatz von fossilen Energieträgern durch Alternativenergien erscheint bei den aktuellen Investitionsvolumina und politischen Willensbekundungen leider illusorisch. „Daher sind diese Abbaumethoden nach neuesten ökologischen Standards eine echte Zukunftschance“, gibt sich Stöferle überzeugt. (red)
Rohöl der Marke Brent markierte 2011 ein neues durchschnittliches Allzeithoch von 111 US-Dollar je Barrel. Auch inflationsbereinigt war dies höher als 2008 und sogar höher als während des zweiten Ölschocks 1979/1980. Getrieben wurde die Ölpreisentwicklung im Vorjahr in erster Linie von der Angebotsseite und den Unruhen von Marokko bis in den Iran. Diese gesamte Region produziert knapp 30 Millionen Barrel pro Tag (mb/d) und exportiert mehr als 21 mb/d. Die zunehmend expansive Geldpolitik seitens Federal Reserve, EZB, Bank of England und Bank of China wirkten ebenfalls stimulierend. Nachdem die Federal Reserve ihre Nullzinspolitik nun zumindest bis Ende 2014 fortsetzen wird, sollte dies den gesamten Rohstoffsektor und hier insbesondere Öl und Gold unterstützen. Das Fundament für neue Allzeithochs ist somit gelegt. Weiters scheint es, als würde die OPEC den Preis derzeit besser denn je kontrollieren. Preise von 90-110 US-Dollar dürften im aktuellen Umfeld noch keinen Nachfrageeinbruch in Folge gestiegener Preise auslösen. Es scheint, als würde der Ölpreis das exakte Preisniveau dieser kritischen Marke antesten und bei jedem Anlauf ein wenig höher steigen. „Auf Jahressicht rechnen wir mit einem durchschnittlichen Preis von 123 US-Dollar je Barrel Brent“, meint Ronald Stöferle, Rohstoffexperte der Erste Group. Auch in Europa könnte der gestiegene Ölpreis bald konjunkturelle Auswirkungen nach sich ziehen. In Euro gemessen hat der Brent-Preis bereits neue Allzeithochs markiert.
Was sind die Preistreiber?
Lag der durchschnittliche inflationsbereinigte Ölpreis im Rahmen des Bretton Woods Abkommens nach dem 2. Weltkrieg noch bei 6,1 US-Dollar je Barrel, so stieg er nach Abkehr vom Gold rapide an. Seit Ende der letzten Goldbindung des US-Dollars kostete ein Barrel Öl inflationsbereinigt im Schnitt 20,6 US-Dollar. Während der Ölpreis in Gold gemessen stabil ist, verlor der Dollar gegenüber Öl um mehr als 98% an Kaufkraft. Einen weiteren Preistreiber sieht Stöferle im Peak-Oil Szenario: „Meiner Meinung nach ist das globale Fördermaximum bei konventionellem Öl schon überschritten worden. Ich gehe zwar davon aus, dass unkonventionelle Fördermethoden dies grösstenteils kompensieren können, jedoch sind die günstig abbaubaren Ressourcen bereits weitgehend erschöpft“, erklärt Stöferle. Auch der stark gestiegene „Break-Even Ölpreis“ stellt einen wichtigen Faktor dar. Saudi Arabien benötigt mittlerweile einen Ölpreis in Höhe von 80 US-Dollar um einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren, in Russland wird der Wert heuer bei 126 Dollar liegen. Ein Grossteil der Exporteure ist somit auf ein Preisniveau von zumindest 80-90 US-Dollar angewiesen. Die „fiskalische Verwundbarkeit“ ist hoch. Zudem ist die Reservekapazität der OPEC auf kritischem Niveau. Nachdem Saudi Arabien noch nie nachhaltig mehr als 10 mb/d produziert hat, ist zu befürchten, dass sich erst im Ernstfall herausstellen wird, ob die Reservekapazität tatsächlich in angegebenem Umfang existiert. Die Nachfrageseite wird weiterhin klar von Asien dominiert. 70% des zusätzlichen Ölkonsums entfallen auf China und Indien. „Den derzeit stattfindenden Paradigmenwechsel erkennt man beispielsweise daran, dass China im Vorjahr die USA als weltweit grössten Energieverbraucher überholt hat“, so Stöferle.
Nahostpolitik als grösstes Risiko
Das Überschwappen der politischen Umstürze 2011 auf Libyen und der daraus resultierende Bürgerkrieg hat die Bedrohung durch Produktionsausfälle in politisch instabilen Ländern deutlich aufgezeigt. Obwohl das Land mit seiner Erdölproduktion von rund 1,65 mb/d nur etwa 2% der weltweiten Produktion ausmacht, stieg der Brent-Preis zwischen Februar und April letzten Jahres um etwa 25%. Aktuell blickt man mit Spannung auf den Iran, den drittgrössten Erdölexporteur der Welt. Die latent schwelende Krise scheint knapp vor einer Eskalation zu stehen. Die jüngsten Manöver, Drohgebärden, Sanktionen und Embargos und der derzeit stattfindende Schattenkrieg haben die Stimmung weiter erhitzt. „Selbst eine kurze Sperre der Strasse von Hormus hätte dramatische Folgen. Der Ölpreis würde definitiv neue Allzeithochs markieren, nachdem 20% der Weltölproduktion durch dieses maritime Nadelöhr transportiert werden“, so Stöferle.
Zukunftschance Schiefergas und Schieferöl
Die Trendumkehr bei der US-Ölproduktion zeigt ganz klar die Innovationskraft der Branche. Die seit 1970 rückläufige Ölproduktion konnte seit ihrem Tiefpunkt 2008 wieder deutlich gesteigert werden. Der Grund dafür: Die Erdölproduktion aus Ölschiefer. Nach Angaben der grössten Produzenten ist die Ölgewinnung aus Ölschiefer ab einem Ölpreis von rund 60 US-Dollar je Barrel profitabel. Beim derzeitigen Niveau von etwa 100 US-Dollar je Barrel (WTI) ist der Boom der neuen Ölquellen nachvollziehbar. „Es ist zu erwarten, dass Schieferöl auch in Europa in den nächsten Jahren grössere Bedeutung zukommt. Die Entwicklung beim Abbau von Schiefergas geht ja bereits mit grossen Schritten voran“, erklärt Stöferle. Die derzeit stattfindende Panikmache bezüglich der Umweltgefahren scheint übertrieben. Bei der neuen Abbaumethode des „clean Fracking“ werden die Umweltrisiken deutlich verringert, die Ausbeute erhöht und somit die Förderung von Schiefergas effizienter, kostengünstiger und sauberer gemacht. Der Glaube an einen raschen Ersatz von fossilen Energieträgern durch Alternativenergien erscheint bei den aktuellen Investitionsvolumina und politischen Willensbekundungen leider illusorisch. „Daher sind diese Abbaumethoden nach neuesten ökologischen Standards eine echte Zukunftschance“, gibt sich Stöferle überzeugt. (red)
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