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Franken: "Erst Worst-Case-Szenario gefährdet EUR/CHF-Untergrenze“
Börse Express: Wie ist Ihre Einschätzung bezüglich einer weiteren Erhöhung der Mindestgrenze für den EUR/CHF-Kurs am kommenden Donnerstag bei der vierteljährlichen geldpolitischen Sitzung der Schweizer Nationalbank (SNB)?
Adrian Beck, Erste Group: Die SNB brachte ihre zunehmende Besorgnis über die Verschuldungskrise und den damit verbundenen Preisabwärtsdruck für die Schweiz in den letzten Wochen verstärkt zum Ausdruck. Sollte sie zu der Überzeugung kommen, dass sich Abwärtsrisiken für die Schweiz ausgehend von der Eurozone manifestieren könnten, wäre eine Verschärfung der Interventionen in Form einer Anhebung des Mindestkurses (auch mangels Alternativen) aus unserer Sicht denkbar.
Matthias Reith, Raiffeisen Research: Aufgrund der sich zuletzt deutlich eingetrübten Aussichten für den weiteren Konjunkturverlauf (PMI, KOF) sowie deflationärer Tendenzen ist die Wahrscheinlichkeit einer Anhebung der Wechselkursuntergrenze gestiegen. Da sich seit dem 6. September SNB-Offizielle wiederholt geäussert haben, bei einer abermaligen Verschlechterung der Wirtschaftsaussichten sowie deflationärer Risiken weitere Massnahmen zu ergreifen, wäre dies auch keine Überraschung. Zudem konnte die SNB bisher die Zielmarke mit einem sehr geringen Mittelaufwand verteidigen. Trotz der deutlich gestiegenen Wahrscheinlichkeit stellt eine solche Aktion jedoch nicht unser Hauptszenario dar, weshalb wir vorerst nicht von einer Anhebung ausgehen. Ausgeschlossen werden kann dies jedoch auch nicht.
Welchen Stellenwert wird die Euro- bzw. Schuldenkrise bzw. ihre wirtschaftlichen Folgen weiterhin auf die Entwicklung des Franken haben?
Beck: Im Laufe der Intensivierung der Staatsverschuldungskrise in der Eurozone wurde der Franken (CHF) als sichere Anlage immer beliebter. Dies liess die Nachfrage nach der eidgenössischen Währung steigen und führte dazu, dass sich die bereits seit längerem anhaltende Befestigung weiter beschleunigte. Solange sich hier keine Lösung abzeichnet, rechnen wir mit anhaltendem Befestigungsdruck.
Reith: Bis Anfang September war der EUR/CHF-Kurs massgeblich von der Euro-Schuldenkrise getrieben. Seitdem ist das Abwärtspotenzial für EUR/CHF nach unten mit 1,20 begrenzt. Die Probleme im Euroraum sollten also keine weitere Aufwertung des CHF - unter 1,20 - bewirken. Erst ein Worst-Case-Szenario wie beispielsweise das Auseinanderbrechen des Euroraumes - ist nicht wahrscheinlich und wird von uns nicht erwartet - würde die Wechselkursuntergrenze gefährden und zu einer weiteren, substanziellen Aufwertung des CHF führen.
Welchen franken-politischen Kurs wird die SNB im nächsten Jahr einschlagen?
Beck: Da wir nicht von einer raschen und dauerhaften Lösung in der Eurozone-Staatsschuldenkrise ausgehen und der Befestigungsdruck auf den CHF daher anhalten sollte, scheint eine baldige Aufgabe der Untergrenze derzeit eher unwahrscheinlich. Die SNB sollte ihr Libor-Ziel weiterhin nahe Null halten. Abhängig von der weiteren Entwicklung könnte sie ausserdem die EUR/CHF-Untergrenze anheben.
Reith: Aufgrund der sich eintrübenden Konjunkturaussichten sollte auch kein nennenswerter Inflationsdruck aufkommen. Die SNB dürfte daher in 2012 an der Wechselkursuntergrenze festhalten.
Welchen handlungspolitischen Spielraum hätte die SNB im schlimmsten Falle eines Euro-Zusammenbruchs?
Beck: Die SNB könnte versuchen, mit der Regierung Kapitalkontrollen und Negativzinsen zu erlassen, um den Zufluss in den Franken zu begrenzen. Zudem sind konzertierte Massnahmen mit anderen Notenbanken denkbar. Sollte die Situation in der Eurozone völlig eskalieren, könnte es jedoch sein, dass die SNB mit ihren Interventionen an Grenzen stösst und der CHF dennoch befestigt. Ein kompletter Zusammenbruch des Euro ist allerdings kein Szenario, das aus unserer Sicht eine hohe Wahrscheinlichkeit hat.
Reith: Ein Euro-Zusammenbruch würde eine enorme Flucht in den CHF auslösen, dem die SNB – wollte sie die Wechselkursuntergrenze verteidigen – mit einer enormen Liquiditätsausweitung begegnen müsste. Es ist fraglich, ob die SNB dazu gewillt wäre, obgleich sie rein theoretisch dazu in der Lage wäre.
Interview: Christa Grünberg
Adrian Beck, Erste Group: Die SNB brachte ihre zunehmende Besorgnis über die Verschuldungskrise und den damit verbundenen Preisabwärtsdruck für die Schweiz in den letzten Wochen verstärkt zum Ausdruck. Sollte sie zu der Überzeugung kommen, dass sich Abwärtsrisiken für die Schweiz ausgehend von der Eurozone manifestieren könnten, wäre eine Verschärfung der Interventionen in Form einer Anhebung des Mindestkurses (auch mangels Alternativen) aus unserer Sicht denkbar.
Matthias Reith, Raiffeisen Research: Aufgrund der sich zuletzt deutlich eingetrübten Aussichten für den weiteren Konjunkturverlauf (PMI, KOF) sowie deflationärer Tendenzen ist die Wahrscheinlichkeit einer Anhebung der Wechselkursuntergrenze gestiegen. Da sich seit dem 6. September SNB-Offizielle wiederholt geäussert haben, bei einer abermaligen Verschlechterung der Wirtschaftsaussichten sowie deflationärer Risiken weitere Massnahmen zu ergreifen, wäre dies auch keine Überraschung. Zudem konnte die SNB bisher die Zielmarke mit einem sehr geringen Mittelaufwand verteidigen. Trotz der deutlich gestiegenen Wahrscheinlichkeit stellt eine solche Aktion jedoch nicht unser Hauptszenario dar, weshalb wir vorerst nicht von einer Anhebung ausgehen. Ausgeschlossen werden kann dies jedoch auch nicht.
Welchen Stellenwert wird die Euro- bzw. Schuldenkrise bzw. ihre wirtschaftlichen Folgen weiterhin auf die Entwicklung des Franken haben?
Beck: Im Laufe der Intensivierung der Staatsverschuldungskrise in der Eurozone wurde der Franken (CHF) als sichere Anlage immer beliebter. Dies liess die Nachfrage nach der eidgenössischen Währung steigen und führte dazu, dass sich die bereits seit längerem anhaltende Befestigung weiter beschleunigte. Solange sich hier keine Lösung abzeichnet, rechnen wir mit anhaltendem Befestigungsdruck.
Reith: Bis Anfang September war der EUR/CHF-Kurs massgeblich von der Euro-Schuldenkrise getrieben. Seitdem ist das Abwärtspotenzial für EUR/CHF nach unten mit 1,20 begrenzt. Die Probleme im Euroraum sollten also keine weitere Aufwertung des CHF - unter 1,20 - bewirken. Erst ein Worst-Case-Szenario wie beispielsweise das Auseinanderbrechen des Euroraumes - ist nicht wahrscheinlich und wird von uns nicht erwartet - würde die Wechselkursuntergrenze gefährden und zu einer weiteren, substanziellen Aufwertung des CHF führen.
Welchen franken-politischen Kurs wird die SNB im nächsten Jahr einschlagen?
Beck: Da wir nicht von einer raschen und dauerhaften Lösung in der Eurozone-Staatsschuldenkrise ausgehen und der Befestigungsdruck auf den CHF daher anhalten sollte, scheint eine baldige Aufgabe der Untergrenze derzeit eher unwahrscheinlich. Die SNB sollte ihr Libor-Ziel weiterhin nahe Null halten. Abhängig von der weiteren Entwicklung könnte sie ausserdem die EUR/CHF-Untergrenze anheben.
Reith: Aufgrund der sich eintrübenden Konjunkturaussichten sollte auch kein nennenswerter Inflationsdruck aufkommen. Die SNB dürfte daher in 2012 an der Wechselkursuntergrenze festhalten.
Welchen handlungspolitischen Spielraum hätte die SNB im schlimmsten Falle eines Euro-Zusammenbruchs?
Beck: Die SNB könnte versuchen, mit der Regierung Kapitalkontrollen und Negativzinsen zu erlassen, um den Zufluss in den Franken zu begrenzen. Zudem sind konzertierte Massnahmen mit anderen Notenbanken denkbar. Sollte die Situation in der Eurozone völlig eskalieren, könnte es jedoch sein, dass die SNB mit ihren Interventionen an Grenzen stösst und der CHF dennoch befestigt. Ein kompletter Zusammenbruch des Euro ist allerdings kein Szenario, das aus unserer Sicht eine hohe Wahrscheinlichkeit hat.
Reith: Ein Euro-Zusammenbruch würde eine enorme Flucht in den CHF auslösen, dem die SNB – wollte sie die Wechselkursuntergrenze verteidigen – mit einer enormen Liquiditätsausweitung begegnen müsste. Es ist fraglich, ob die SNB dazu gewillt wäre, obgleich sie rein theoretisch dazu in der Lage wäre.
Interview: Christa Grünberg