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Nächster Akt im US-Schuldendrama

Die Frist wurde mit Bedacht gewählt: Bis Mittwoch um Mitternacht hat eine überparteiliche Sparkommission im Kongress Zeit, einen Plan für die Sanierung des Staatshaushalts der USA zu beschliessen. Am Donnerstag feiert das Land Thanksgiving - und den dabei servierten Truthahn, so muss das Kalkül bei der Gründung des sogenannten Super-Komitees gewesen sein, werden Demokraten und Republikaner nicht verpassen wollen. Doch beide Parteien zanken sich über die gleichen Themen wie im Sommer, als der Streit um die Anhebung der Schuldenobergrenze Washington an den Rand der Zahlungsunfähigkeit brachte. Sollte nun das "Super-Komitee" mit seiner Mission scheitern, drohen automatische Kürzungen nach dem Rasenmäherprinzip.

Seit September sitzen jeweils sechs Abgeordnete von Republikanern und Demokraten zusammen und ringen um Umfang und Art der Einschnitte. Mindestens 1,2 Billionen Dollar (884 Mrd. Euro) an Einsparungen über die nächsten zehn Jahre soll die Sparkommission zusammenkratzen. Dass dies gelingt, wird immer unwahrscheinlicher. Der republikanische Senator Jon Kyl, der dem Gremium angehört, nannte am Samstag eine rechtzeitige Einigung "ziemlich zweifelhaft".

Nach dem wochenlangen Gezerre um die Erhöhung des gesetzlichen Schuldenlimits, das die Ratingagentur Standard & Poor's im August mit einer Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit quittierte, hatte der Kongress die Haushaltssanierung an das Komitee delegiert. Im kleinen Rahmen sollten sich beide Parteien zusammenraufen und ein Sparpaket erarbeiten. Die Beschlüsse, die das 12-köpfige Gremium mit einfacher Mehrheit fasst, sind verbindlich. Bis Weihnachten müssen sie von Senat und Repräsentantenhaus ohne Änderungen in Gesetzesform gegossen werden - sonst werden die Staatsausgaben ab 2013 automatisch um 1,2 Billionen Dollar heruntergefahren.

Von den automatischen Kürzungen ausgenommen wären die Sozialhilfe und Hilfsprogramme für Geringverdiener. Besonders hart würde es dagegen die Militärausgaben treffen. Verteidigungsminister Leon Panetta warnte kürzlich, ein derartiger Kahlschlag würde die Stärke der US-Streitkräfte auf die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg zurückwerfen.

Zu Beginn der Arbeit des Komitees hatten Optimisten noch auf einen umfassenden Deal gehofft, der deutlich über die geforderten 1,2 Billionen Dollar hinausgehen und die ständig wiederkehrende Spar-Debatte mit einem Paukenschlag beenden würde. Mittlerweile scheint bestenfalls eine erneute Aufschiebung des Problems möglich. Die Republikaner legten zuletzt ein Angebot vor, das nur noch gut 600 Milliarden Dollar an Einsparungen vorsähe, um zumindest einen Teil der automatischen Kürzungen vermeiden zu können. Die Demokraten arbeiten US-Medien zufolge an einem ähnlich abgespeckten Vorschlag.

Selbst ein solcher Minimalkompromiss ist keineswegs sicher. Beide Seiten verteidigten in den Verhandlungen verbissen die roten Linien, die sie in den vorangegangenen Budget-Schlachten gezogen haben. Während die Demokraten zu tiefe Einschnitte in das Sozialsystem vermeiden und den wohlhabenden Teil der Bevölkerung stärker zur Kasse bitten wollen, sperren sich die Republikaner rigoros gegen Steuererhöhungen. Auf der Einnahmenseite sind sie allenfalls zu kleinen Zugeständnissen wie die Abschaffung von Steuervergünstigungen für Firmenflugzeuge bereit. Über diese Offerte hätten demokratische Verhandlungsteilnehmer nur gelacht, wie die Webseite "Politico" berichtete.

Das Weisse Haus hält sich anders als im Sommer, als sich Präsident Barack Obama in die Suche nach einem Kompromiss einschaltete, aus den Verhandlungen heraus. Obama war die vergangenen Tage auf Auslandsreise in Asien und blieb zu diesem Thema stumm. Daheim in Washington ermahnte eine Regierungssprecherin den Kongress lediglich, "seine Arbeit" zu machen. Unterdessen tickt die Schuldenuhr weiter: In der vergangenen Woche überschritt die US-Staatsverschuldung die Marke von 15 Billionen Dollar.