, boerse-express

Radikal, aber klug - Und die Sache mit dem Bauchentscheid

"Es ist eine Bauchentscheidung“, so begründet Erste-CEO Andreas Treichl, dass aufgrund eines hohen Verlusts im Gesamtjahr die Dividende ausfällt, das staatliche PS-Kapital aber bedient werden soll (96 Mio. an Zinsen). Die Bank müsste das an sich nicht tun, die Zinsen an den Staat würden angesichts des Verlusts verfallen.

Warum sie es trotzdem tut? „Wir haben uns als Vorstand dazu entschlossen, dass dies die richtige Entscheidung ist“, mehr ist Treichl dazu heute auch schon nicht mehr zu entlocken.

Die Motivation der Erste-Banker liegt freilich auf der Hand: Man will der heimischen Politik, allen voran den Wirtschaftsweisen in der SPÖ, nicht eine weitere Steilvorlage für Presseaussendungen, a la „Banken vernichten Steuergeld“ liefern - vor allem nicht in einer Zeit, in der ein gemeinsamer Plan zur Banken-Rekapitalisierung auf der europäischen Agenda ganz oben steht und äusserst zeitkritisch ist. Ein paar populistische Sager aus Österreich sollten Merkel und Sarkozy zwar nicht aus der Bahn werfen (so das mit dem grossen Wurf zur Banken- und Eurorettung dieses Mal wirklich etwas wird), hilfreich wäre es aber auch nicht.

Einige der heute von der Erste verkündeten Massnahmen sind im Grunde genommen nicht überraschend: Dass die Firmenwerte in Ungarn und Rumänien so nicht halten werden, mutmassten bereits einige Analysten in den vergangenen Wochen. Mit den rund 200 Mio. Euro an FX-Vorsorge in Ungarn unterstellt die Bank, dass rund 20% der Kunden vorzeitig und vergünstigt zurückzahlen werden - damit ist man vorsichtiger als OTP und ungarische Notenbank, liegt aber unter dem von Raiffeisen kommunizierten Wert (nicht mehr als 30%).

Überraschender sind schon die zusätzliche allgemeine Vorsorge für Ungarn, die eine deutliche Verschlechterung der Kreditqualität unterstellt und die Entscheidung zum generellen Grossreine-Machen und zum Ausweis eines Milliardenverlusts. Auch liegt der von der Erste angesprochene Nettogewinn 2011 (vor ao Belastungen) mit 850 Mio. bis 950 Mio. Euro unter den zuletzt ohnehin zurückgekommenen Konsensus-Prognosen. Das bringt natürlich auch andere Banken unter Druck, was heute an den Kursen von OTP Bank (erholt sich aber wieder) und Raiffeisen ersichtlich ist. Mit Blick auf Raiffeisen muss man allerdings sagen, dass die Firmenwerte dort kaum ein Thema sind (knapp 600 Mio. Euro zum Halbjahr), auch das CDS-Portfolio (derzeit nicht extra ausgewiesen) dürften um einiges kleiner sein. Was Ungarn anbelangt, wird man bei den Q3-Zahlen mehr erfahren. Um "signifikante" Wertberichtigungen kommt allerdings auch Raiffeisen nicht herum, wie die Bank als Reaktion auf zahlreiche Anfragen mitteilt.

Relevante Links: Erste Group Bank AG