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Lohrke: Heißer Herbst

+168 % und +124,9 % sind nicht etwa die Niederschlagsmengen, die wir derzeit in Deutschland mitten im Sommer ertragen müssen, sondern die Quartalsgewinnsteigerungen der beiden Kultmarken Apple und Harley Davidson.

 

 

Eindrucksvoll zeigen uns die beiden US-Gewächse, dass man mit hervorragenden Produkten zu allen Zeiten bei den Verbrauchern punkten und entsprechend performen kann. Wobei der Umsatzanstieg von Apple um +82 % bei Umsätzen von 28,57 Mrd. Dollar schon beinahe etwas Unglaubliches hat. Andererseits ist Apple mit dem iPhone und dem iPad einfach weiter richtungsweisender Pulsgeber in einem interessanten Technologiesegment. Und so bewahrheitet sich die alte Börsenregel, dass eine gute Aktie immer noch stärker steigen kann, während der Niedergang einer schlechten Aktie mindestens genauso wenig Schranken kennt.

 

Aber nicht nur bei Apple und Harley Davidson sind Quartalsgewinne angezeigt. Auch Coca-Cola und die Eisenbahngesellschaft CSX Corp. brauchen sich mit +18 % bzw. +22 % nicht zu verstecken. Allerdings gibt es auch Unternehmen über dem Teich, bei denen die Zahlen zu wünschen übrig lassen. So loost das einstige Aushängeschild der Wall Street Goldman Sachs – wenn man mal Sondererträge beiseite lässt – ordentlich ab. So dass das Wall Street Journal folgende drastische Sätze findet: “The clock is ticking. The onus is on Goldman to show it isn't a relic of a Wall Street model whose time has come, and gone.

 

Wobei das meines Erachtens nicht nur für Goldman gilt. Rechnet man einmal aus den bisher veröffentlichten Quartalszahlen die Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen für Bad Loans, also Kredite die möglicherweise ausfallen, heraus, dann sieht man das ganze Ausmaß der immer noch unter den Auswirkungen der Finanzkrise leidenden Wall Street Großbanken. Zerstörtes Vertrauen ist so leicht nicht zurückzugewinnen. Ein Blick auf die Entwicklung des Kerngeschäfts zeigt das recht deutlich.

 

Wie da die Welt-Online zu einer Schlagzeile wie „US-Banken vertrauen ihren Kunden wieder“ kommen kann, erschließt sich mir absolut nicht. Wenn da der Journalist unter Zugrundelegung der Zahlen der Bank of America schreibt, das das Institut seine Risikovorsorge reduzierte und das ein Zeichen dafür sei, dass sich die Kreditqualität deutlich verbessert hat, so bin ich mir nicht ganz sicher, ob der Kollege weiß, wie das hinter den Kulissen mit den Rückstellungen so läuft. Zudem frage ich mich, wieso die Kreditqualität gerade jetzt, wo die USA vor einer Beinah Katastrophe steht und in den nächsten 10 Jahren fast 4 Billionen Dollar wird einsparen müssen, sinken soll? Ob da der gesunde Menschenverstand nicht zugunsten einer hippen Schlagzeile kurz ausgeknipst wurde? Schließlich schreibt die Bank of America einen Quartalsverlust von satten -8,8 Mrd. Dollar. Auch, wenn da kostspielige Vergleiche eine Rolle spielen, so läuft auch das aktuelle Geschäft nur mäßig. Aber wer in Zeiten wie diesen und  nach den Erfahrungen der Finanzkrise meint, Banken und Versicherungen kaufen zu müssen, soll das tun, sich hinterher aber bitte nicht beklagen. Ich persönlich rate weiter davon ab.

 

Wenn man aber einmal von den dahindümpelnden Geldhäusern absieht, die es offensichtlich auch nicht besser können, dann ist die Quartalsberichtssaison in den USA bisher ganz gut gelaufen und verspricht noch so manche positive Überraschung. Das macht natürlich Lust auf mehr. Und so stellt sich die Frage, ob es dieses Jahr an den Börsen möglicherweise doch noch zu einem heißen Herbst kommen kann?

 

Wenn Sie mich fragen, ist fundamental gesehen genug Luft nach oben. Und zwar sowohl in den USA, China und vor allem auch in Japan. Wobei man in Europa und vor allem in Deutschland zwar auch gut verdienende Unternehmen erkennen kann, da aber die Gefahr besteht, dass die europäische Konjunkturlokomotive etwas an Dampf verliert. Der ZEW-Index deutet so etwas mit einem Einbruch von -6,1 % an. Und auch die vorgestern veröffentlichten Ergebnisse des „GfK Konsumklima Europa für das zweite Quartal 2011“ lassen so etwas zwischen den Zeilen erkennen. Auch wenn die mit „Hoffnung auf wirtschaftliche Erholung in Europa“ überschrieben ist. Wobei die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt.

 

Allerdings könnte der Begriff „Heißer Herbst“ auch eine ganz andere Bedeutung bekommen und ordentlich nach hinten losgehen. Denn bei den Betrachtungen oben, habe ich kurz einmal die Schuldenproblematik ausgeblendet. Wobei ich wie immer, was die USA betrifft und wie manche meinen zu Unrecht optimistischer bin, als für Europa. Die Amis mögen ja manchen Fehler haben, aber im Gegensatz zu uns sind sie einfach pragmatischer und gehen erkannte Fehler an. Auf das kann man sich bei ihnen am Ende verlassen. Und so gehe ich nicht davon aus, dass die Republikaner, die sich jetzt noch als harte Hunde geben, den Präsidenten auflaufen lassen werden. Wobei das den Tea Party zuzurechnenden  Sympathisanten durchaus zuzutrauen wäre. Die Amerikaner würden ein solches Verhalten aber bei den nächsten Wahlen sicherlich abstrafen. Insofern rechne ich mit einer Einigung vor Toresschluss. Und bekanntlich beißen bellende Hunde nicht.

 

Mehr Sorge macht mir da eher Europa. Wenn unsere Kanzlerin jetzt schon wieder vor zu hohen Erwartungen an den morgigen Brüsseler Gipfel warnt, dann sollte man vielleicht den Gipfel in Talsohle umbenennen. Wobei ich wirklich nicht weiß, wie die Regierung darauf kommt, dass wir von ihr und den anderen da noch viel Wegweisendes erwarten. Gibt es dafür etwa nach dem Trauerspiel seit einem Jahr etwa einen Grund? Geschäftigkeit ersetzt nicht sachdienliches Handeln.

 

Und so bewahrheitet sich wieder einmal die alte Weisheit, dass wo viel Licht ist, es auch viel Schatten gibt. Wobei man sich eigentlich nur auf die richtige Seite stellen muss, dann bekommt man das, was man verdient. Wer zu Hause bleibt, der bekommt weder noch. Und muss sich ein Feuerchen anmachen, um einen heißen Herbst (wenigstens an den Füßen) zu bekommen. Ob das wirklich eine Alternative ist?

 

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und stets hohe Renditen.

 

Ihr Norbert Lohrke

 

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