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Analyse der Woche: Banken werden mit Aufmerksamkeit überschüttet

Vor der Veröffentlichung der Stresstest-Ergebnisse (jetzt für 15. Juli fixiert), griffen noch etliche Analysten in die Tasten. In den zurückliegenden Tagen kamen einige neue Coverages bzw. Updates zu österreichischen Banken. Die Stresstests spielten dabei freilich weniger eine Rolle, die künftige Kapitalausstattung unter Basel III bzw. die Anforderungen des Marktes an die Institute allerdings schon. Und auch die CEE-Region wird wieder freundlicher beäugt. "Prinzipiell sehen wir in mehr und mehr Research-Reports globaler Banken, dass das Thema Osteuropa und das Wachstumspotenzial in dieser Region wieder an Bedeutung gewinnen," meint auch Erste Group Analyst Günther Artner.

In der zurückliegenden Woche lag der Fokus der Anleger dennoch auf Griechenland und den weiteren Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise (Portugal-Downgrade, Nervosität in Italien). Die heimischen Finanztitel liegen folglich im Spitzenfeld der ATX-Verlierer: Erste mit minus 6%, RBI mit minus 4,5%.
Welche heimische Bankaktie wird nun präferiert? Anhand der jüngsten Reports ergibt sich zumindest kein einheitliches Bild.

Nomura hat zu Wochenbeginn die Coverage von Erste Group und Raiffeisen Bank International aufgenommen. "Im europäischen Kontext haben wir eine positive Einstellung zu den österreichischen Banken," so Domenico Santoro. Er verweist auf das geringe Sovereign Risiko des österreichischen Staates, das für günstigere Refinanzierungskonditionen sorgt, sowie die langfristig positiven Wachstumsaussichten in den CEE-Märkten. "Die Kapitalausstattung ist allerdings ein Unterscheidungsfaktor," so der Analyst. Unter diesem Aspekt zieht er die Erste Group der Raiffeisen Bank International vor. Für letztere geht er von einem Kapitaldefizit von 2,5 Mrd. Euro aus. Nomura empfiehlt Erste Group mit Buy und Kursziel 41 Euro, die Empfehlung für Raiffeisen lautet hingegen auf Reduce und 37 Euro.

Am selben Tag, am Montag, hat auch Wood & Co. wieder mit der Coverage für die beiden Austro-Banken begonnen. Analyst Mark MacRae kennt die Institute allerdings von früher, hat er sie doch auch schon bei KBC Securities gecovert. "Wir haben eine positive Einstellung zu CEE Banken: Die Turbulenzen in Griechenland, das schwache Sentiment gegenüber Banken und die Erwartung von Kapitalerhöhungen lasten auf dem Sektor, der den MSCI EME Index seit Jahresbeginn um 5% underperformt hat. Die Gewinnerholung der Branche erscheint hingegen intakt. Die Konsensus-Schätzungen für die von uns gecoverten Banken sind seit Jahresbeginn um 14% gestiegen, das KGV damit auf 9,1 gesunken und liegt unter dem Vierjahres-Durchschnitt von 10,2," so MacRae. Der Analyst stuft Raiffeisen Bank International und Erste Group mit Buy ein, zieht aber RBI den Titeln von Erste und OTP Bank (Hold) vor.

Die Kapitalausstattung spielt auch für die Analysten der Mediobanca eine Rolle: Sie bestätigten Erste Group mit Outperform, das Kursziel wanderte von 39 auf 45 Euro. "Dank einer starken organischen Kapitalgenerierung sollte es der Bank gelingen, bis 2012 eine Core Equity Tier 1 Quote nach Basel III von 8,5% zu erreichen - ohne PS-Kapital," so die Analysten. Raiffeisen Bank International hingegen müsse die Hausaufgaben beim Kapital noch erledigen. Die Empfehlung lautet unverändert Neutral, das Kursziel sinkt von 45 auf 40 Euro. "Unserer Meinung nach hat RBI die Möglichkeit verpasst, die Kapitalsache im Zuge der Polbank-Akquisition zu klären," schreibt Analyst Antonio Guglielmi. Seinen Kalkulationen zufolge erfordern der Geschäftsmix und das Risikoprofil der RBI eine harte Kernkapitalquote von rund 9,5%, was einem Kapitaldefizit von 3 Mrd. Euro entspricht.

Es gab noch weitere Updates: Zuversichtlicher für die Erste Group ist Goldman Sachs geworden: Das Buy-Rating wurde bestätigt, das 12-Monats-Kursziel von 47 auf 52 Euro angehoben. Und zum Wochenschluss passte Macquarie-Analyst Thomas Stögner seine Schätzungen an: Erste Group bleibt auf Buy (mit neuem Kursziel 40 Euro nach 43 Euro), für RBI, ebenfalls Outperform, gings von 52 auf 50 Euro.

Welche Bank steht in der Gunst der Analysten somit höher? RBI hat 13 Buys, was 52% der Empfehlungen entspricht, sieben Hold-Ratings und fünf Sell-Empfehlungen. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 43,4 Euro. Erste Group kommt auf 14 Buys (entspricht 48% der Empfehlungen), 14 Neutral-Einstufungen und ein Sell (durchschnittliches Kursziel: 39,1 Euro).
Die Börse Express Redaktion kürt jeweils zum Wochenschluss eine "Analyse der Woche" bzw. geht auf bestimmte Analyse-Themen schwerpunktmässig ein. Dabei wollen wir rückblickend nochmals auf jene Reports hinweisen, die entweder deutliche Kursreaktionen ausgelöst, überraschende Aspekte oder neue Ansätze enthalten haben.

Die BE-Redaktion erhebt natürlich keinen Vollständigkeitsanspruch, wir können nur jene Analysen in unsere Überlegungen einbeziehen, von denen wir wissen. Auch wird die "Analyse der Woche" nie frei von subjektiven Einschätzungen sein. Aber das ist die Börse auch nicht.


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