Morrien: Das chinesische Problem: Die Goldreserven steigen zu langsam
Liebe Leser,
wie gestern im Schlussgong geschrieben, planen gleich mehrere US-Bundesstaaten, Gold als eine Art "Zweitwährung" per Gesetz zu genehmigen. Die Bundesstaaten können das beschließen, aber ob diese Pläne dann auch umgesetzt werden, steht in den Sternen.
Denn: Laut amerikanischer Verfassung ist ausschließlich die US-Notenbank für die Währung zuständig. Die US-Bundesstaaten können daher nur symbolische Nadelstiche gegen die Schulden- und Währungspolitik setzen (es sei denn, pfiffige Abgeordnete finden eine Lücke im System).
"Währungsreform" lässt die Gold-Bullen träumen
Die Abstimmungen in den US-Bundesstaaten reichen aber bereits, um die Phantasie der Gold-Bullen (Optimisten) anzuregen. Im Internet wird bereits diskutiert, wo der Goldpreis notieren würde, wenn die amerikanische Währung vollständig mit Gold abgedeckt wird.
Vierstellige Preise gelten in diesen Diskussionsgruppen als viel zu niedrig. Bei 10.000 USD je Unze fangen die vorsichtigen Schätzungen an (aktueller Preis: rund 1.430 USD je Unze). Im Bereich von 25.000 bis 30.000 USD je Unze sollen "seriöse" Schätzungen liegen, wenn der Goldstandard in den USA wieder eingeführt wird.
Jahrtausendrally möglich – aber nicht berechenbar
Vor 5 Jahren hätte man Analysten, die fünfstellige Kursziele für denGoldpreis nennen, wahrscheinlich direkt in die Irrenanstalt verbannt. Angesichts der unlösbaren staatlichen Schuldenkrise und der damit verbundenen Krise des Papiergeldsystems werden jedoch selbst die Befürworter des jetzigen Systems ein Comeback der Golddeckung und explodierende Goldpreise nicht mehr zu 100% ausschließen.
Dennoch müssen auch die Gold-Optimisten vorsichtig sein: Die Politikkann das jetzige Währungssystem überraschend lange verteidigen (wie die Reformen im Euro-Raum aktuell zeigen). Außerdem muss auch immer einstaatliches Goldverbot mit einkalkuliert werden. Ein letzter Punkt: 30.000 USD je Gold-Unze hören sich gut an, aber entscheidend ist Frage,was man sich im neuen Gold-System für 30.000 USD kaufen kann.
Fazit: Eine "Jahrtausendrally" bei Gold ist denkbar und auch möglich, aber ein konkretes Szenario mit allen Folgen kann heute noch nicht erstellt werden.
China ist für den Goldpreis wichtiger
Ein Comeback der goldgedeckten Währung ist ein möglicher Kurstreiberbeim Gold, aber kurz- und mittelfristig ist ein anderer Kurstreiber wichtiger und auch greifbarer: Die steigende Goldnachfrage aus China.
China treibt mit aller Macht den Aufbau der Goldreserven voran. China ist bereits heute der größte Goldförderer der Welt und hat klassische Förderländer wie Südafrika überholt. Das faktische Export-Verbot führt dazu, dass das Gold auch im Land bleibt.
Das reicht der Regierung jedoch nicht. Im laufenden Jahr wird China mehrere 100 Tonnen Gold aus dem Ausland importieren, um die eigenen Reserven zu erhöhen. Diese Nachfrage ist ein messbarer Kurstreiber.
Dollar-Reserven steigen schneller als die Goldbestände
Angesichts der oben geschilderten Bemühungen, in China einen nationalen "Goldschatz" aufzubauen, sind die aktuellen Zahlen des WorldGold Council fast schon ein Schlag ins Gesicht der chinesischen Regierung: Der Goldanteil an den Währungsreserven ist zweistellig geschrumpft und liegt nur noch bei 1,6% (alter Wert: 1,8%).
Zum Vergleich Länder wie Deutschland kommen auf einen Goldanteil vonrund 70% (!). Die 1,6% der Chinesen sind im Vergleich dazu ein Armutszeugnis.
Wie kommt es aber zum Rückgang in China, wenn dort eifrig Gold gehortet wird? Die einfache Erklärung: Die Währungsreserven steigen noch schneller als die Goldbestände. Das chinesische Wirtschaftsmodell zieht die Dollar-Reserven gerade zu magisch an.
Da gleichzeitig die Menge des verfügbaren Goldes pro Jahr um wenigerals 1% steigt, hat China keine Chance, den Goldanteil durch Zukäufe auf ein international übliches Niveau zu steigern.
Einen Gold-Crash werden wir nicht erleben
Wenn China offiziell große Goldmengen am Markt kauft, springt sofortder Goldpreis nach oben. Die Regierung muss daher versuchen, die eigene Goldproduktion im Land zu halten und auch "heimlich" am Weltmarkt aktiv zu werden.
Die offenen und verdeckten Käufe werden nicht verhindern, dass der Goldpreis zukünftig in Korrekturphasen 10 oder auch 30% verliert. Der ganz große Absturz Richtung 500 oder 250 USD je Unze wird jedoch ein Traum der Gold-Bären (und Notenbanker) bleiben.