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Böhmer: Nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm?

Liebe Leser,

die Lage an den Finanzmärkten hat sich etwas beruhigt. Die Panik vom Dienstag vergangener Woche ist verflogen.

Dennoch gibt es keinen Grund zur Entwarnung. Neben der Atomkatastrophe in Japan sorgt seit dem Wochenende auch das militärischeEingreifen einiger westlicher Staaten in Libyen für Druck an den Märkten.

Das zeigt auch der wieder deutlich gestiegene Ölpreis. Derzeit befinden wir uns wieder auf einem sehr hohen Niveau. Und die Trends deuten weiter nach oben. Öl aus Libyen macht zwar nur 3% der weltweiten Produktion aus. Aber eine solche kriegerische Auseinandersetzung sorgt schon für massive Kurssprünge.

Damit spielt auch immer noch die Angst mit, dass sich die Freiheitsbewegung auf weitere wichtige Ölproduktionsländer ausweiten könnte. Und sollte es zu einer Verschärfung der Lage in Saudi-Arabien kommen, sind massive Sprünge beim Öl zu erwarten.

Aber noch ist es weitgehend ruhig im größten Ölförderland der Welt. Dennoch wird das Thema Energie in diesen Tagen sehr stark diskutiert. In Deutschland steht mehr oder weniger über Nacht die Atomenergie zur Diskussion. In China werden zwar die aktuell in Bau befindlichen 26 neuen Atomreaktorennoch zu Ende gebaut. Aber neue Planungen sind erst einmal auf Eis gelegt worden.

Es gibt grundsätzliche Debatten über die Energieversorgung der Zukunft – aber mit dem Weg aus der Atomenergie stehen wir in Deutschland international betrachtet noch ziemlich isoliert da. Sollte jedoch die Lage am Unglückskraftwerk in Fukushima weiter außer Kontrolle geraten, ist es auch möglich, dass es ein Umdenken in anderen Ländern gibt.

Und die aktuellen Berichte ausJapan geben auch nur wenig Anlass zur Hoffnung. So sagte der japanischeIndustrieminister heute, dass die Lage dort weiterhin "äußerst angespannt" bleibt. Immerhin ist auch wieder verstrahlter Wasserdampf und Rauch aufgestiegen. Ein weiterer Regierungsvertreter fügte hinzu: "Es ist schwierig, derzeit schon von Fortschritten sprechen zu können."

Zwarwird der Anschluss der Reaktoren an die Stromversorgung weiter vorangetrieben, so dass dann rein theoretisch die Kühlsysteme wieder genutzt werden könnten. Doch ist gar nicht klar, ob die Systeme noch einwandfrei funktionieren.

Die große Ungewissheit lastet noch sehr stark auf den Uranaktien. Der größte Uranproduzent ist beispielsweise Cameco aus Kanada. Der Kurs sackte in kürzester Zeit von rund 28 Euro auf knapp 21 Euro ab. In den vergangenen Tagen hat es nun eine leichte Gegenbewegung gegeben und der Kurs liegt aktuell bei knapp 23 Euro. Aber bei der Einschätzung der Aktie tun sich die Analysten derzeit sehr schwer.

Laut einer aktuellen Branchenstudie der Research-Firma Raymond James wird die japanische Atomkatastrophe "einen langen Schatten über die Branche werfen." Allerdings gehen die Experten dabei regional differenziert vor. So werden aktuell 60% der weltweiten Neubauprojekte im Atomsektor in den Ländern wie China, Russland, Indien oder Südamerika betrieben. Laut der Analyse von Raymond James werden sich diese Länder wohl kaum von ihrem Weg abbringen lassen. Aber rund 20% der aktuellen Projekte befinden sich in Japan, Westeuropa oder Nordamerika. Dort sei mit einer sehr viel stärkren Diskussion über die Atomenergie zu rechnen.

Positiv fällt das Urteil von UBS zu Cameco aus. So erzielt das Unternehmen nur 10 bis 12% seines Umsatzes inJapan. An dem weiteren Ausbau der Atomenergie in vielen Ländern wird sich Sicht der nächsten Jahre aber nicht viel ändern. Cameco will aber bis 2018 die Produktionsmenge verdoppeln und somit den weltweiten Marktsanteil sogar ausbauen. Die Einschätzung der UBS-Analysten lautet weiterhin Kaufen. Nur das Kursziel wurde leicht gesenkt.

In den vergangenen Tagen sind die Börsenumsätze in diesem Sektor deutlich gestiegen. Das gilt auch für die Cameco Aktie. Das Interesse bei den Investoren ist also weiter da. Aber das Risiko ist in der aktuellen Lagekaum absehbar. Hier gibt es sicherlich aussichtsreichere Akten mit einem deutlich niedrigeren Risiko. Mehr dazu noch in dieser Woche.