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AKW-Aktien unter Druck, saubere Erzeuger wie Verbund gesucht

Die nach der Atom-Katastrophe in Japan neu entfachten Debatten in Europa über einen zumindest teilweisen Rückzug aus der Atomenergie haben am Dienstag erneut ihre Spuren an den Börsen hinterlassen: Aktien von Atomenergie-Unternehmen wie die deutsche RWE (minus 5,13 Prozent) und E.ON (minus 4,96 Prozent) oder die französische Electricite de France (minus 4,07 Prozent) kamen am Nachmittag erneut stark unter Druck. Unternehmen mit einem Fokus auf erneuerbare Energie wie Conergy (plus 112,96 Prozent) oder Solarworld (plus 31,32 Prozent) fanden sich europaweit unter den Highflyern. So konnte auch die stark in Wasserkraft engagierte heimische Verbund-Aktie weiter zulegen.

Bereits am Montag legten Verbund-Aktien mehr als drei Prozent zu, am Dienstagnachmittag gewannen Verbund trotz der weltweit tiefroten Börsenstimmung weitere 9,45 Prozent auf 28,55 Euro. "Wir sehen hier eine Flucht aus den Atomkraft-Aktien in die 'guten', weil erneuerbaren Versorger-Aktien", sagte die Raiffeisen Centrobank (RCB)-Analystin Teresa Schinwald zur APA. Die Verbund-Aktie profitiere dabei von ihrem hohen Wasserkraft-Anteil.

Der eigentliche Motor der Verbund-Aktiengewinne ist aber laut Schinwald die Erwartung steigender Strompreise. Atomkraftwerke können Strom mit verhältnismässig geringen variablen Kosten erzeugen. Wenn - wie etwa in Deutschland geplant - Atomkraftwerke still gelegt werden, muss verstärkt auf andere Kraftwerke mit höheren variablen Kosten, etwas Gaskraftwerke, zurück gegriffen werden.

Der damit zu erwartende und an den Märkten schon antizipierte Strompreisanstieg sollte sich direkt im Konzern-Ergebnis der Verbund-Gesellschaft niederschlagen, erklärt Schinwald. Die Wasserkraftwerke des Verbund haben nur verschwindend geringe variable Erzeugungskosten und könnten am Grosshandelsmarkt hohe Margen verdienen.

Die Betreiber von Atomkraftwerken - wie etwa die französische Electricite de France (EdF) - müssten zudem auch mit höheren Sicherheitsauflagen und damit höheren Kosten rechnen, was ebenfalls auf den Aktienkurs drückt.

Auch die niederösterreichische EVN müsste nach Einschätzung der RCB-Analystin bedingt durch ihre Beteiligung am Unternehmen indirekt von den Verbund-Gewinnen profitieren. Die EVN betreibt zwar auch saubere Wasserkraft- und Windkraftanlagen, erzeugt ab er weniger, als sie verkauft, und muss daher auch Strom zukaufen.

Profitieren von Investitionen in erneuerbare Energien sollte auch der auf Wasserkraftwerke spezialisierte heimische Anlagenbauer Andritz, erklärt Schinwald. Am Dienstag gaben Andritz-Aktien allerdings noch deutlich nach. Alle zyklischen Aktien leiden derzeit besonders unter der Katastrophe in Japan, so Schinwald.

Die Analysten der UniCredit sehen vor allem Unternehmen mit einem Fokus auf Energieeffizienz unter den Gewinnern. Da erneuerbare Energiequellen wie Wind die derzeitige Atomstromproduktion nur bedingt kompensieren können, und eine Rückkehr zu Kohle unwahrscheinlich sei, dürfte vor allem Gas als Alternative eine Rolle spielen, erwarten die Experten. Hier sollte Siemens mit seiner Expertise bei Gaskraftwerken profitieren, schreiben die UniCredit-Experten in einer Analyse.

Die Spekulation auf erneuerbare Energien könnte aber bereits zu einer Überbewertung des Sektors geführt haben, warnte ein Branchenanalyst einer grossen europäischen Bank. Nach einem kurzfristigen Hype, könne es bald zu Gewinnmitnahmen kommen. Erneuerbare Energie kann auf absehbare Zeit nicht den aus Kernkraft gewonnen Stromanteil kompensieren, warnt der Analyst vor zu grosser Euphorie. Zudem hätten staatliche Förderungen bei vielen Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien einen wichtigen Teil der Unternehmensergebnisse ausgemacht, staatliche Einsparungen nach einem Abflauen des öffentlichen Interesses könnten hier die Ergebnisse in Zukunft belasten. (APA)

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