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Brezinschek: Unruhen in Nordafrika - Auswirkungen auf die globalen Finanzmärkte
Die Unruhen in Libyen haben erneut zu einem Anstieg des Ölpreises geführt. Zum Unterschied von Ägypten und Tunesien ist die Ölproduktion Libyens speziell für Europa von Bedeutung, da zum einen ein Grossteil der Ölexporte aus Libyen nach Europa transportiert werden, zum anderen das Rohöl als qualitativ hochwertig gilt. Zudem ist mit den massiven Unruhen in Libyen nun erstmals ein OPEC-Mitglied betroffen (Algerien könnte bald folgen). Anders als in Ägypten scheint in Libyen nun auch die aktuelle Ölproduktion zumindest vorübergehend Ausfälle zu verzeichnen. Sowohl Repsol als auch die BASF-Tochter Wintershall haben ihre Produktion ausgesetzt. Die österreichische OMV rechnet zumindest mit einem temporären Rückgang der Ölproduktion und möchte auch einen kompletten Ausfall nicht ausschliessen. Der in Libyen stark engagierte italienische Ölkonzern Eni spricht ebenfalls von einer geringeren Geschäftsaktivität. Sollte das Regime unter Al-Gaddafi letztendlich gestürzt werden, dürfte es weit herausfordernder sein, die ausgefallene Produktion wieder in Betrieb zu nehmen, da aus heutiger Sicht die Gefahr besteht, dass es aufgrund der vorherrschenden Stammesstruktur in Libyen vorübergehend zu eher chaotischen Zuständen kommen könnte. Ein kompletter Ausfall der libyschen Ölproduktion entspricht rund einem Drittel der in der OPEC zur Verfügung stehenden Reservekapazitäten (rund 60% dieser Reservekapazitäten hält Saudi Arabien). Ein solches Szenario würde das Angebots-/Nachfragebild merklich verändern und den Ölpreis unserer Ansicht nach vorübergehend noch weiter ansteigen lassen.
Die entscheidende Frage bleibt unser Ansicht nach aber weiterhin, inwieweit sich die jüngsten Entwicklungen in Nordafrika auf die für die Ölproduktion bedeutenderen GCCLänder (Saudi Arabien, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Oman, Bahrain) aber auch auf den Iran ausbreiten werden. Bahrain ist zwar bereits von massiven Protesten betroffen, aber für den Ölmarkt unbedeutend. Anders verhält es sich klarerweise mit dem weltgrössten Ölproduzenten Saudi Arabien. Sollte das saudische Königreich ebenfalls von massiven Unruhen heimgesucht werden, muss zumindest mit einem vorübergehenden Ölpreisanstieg in Richtung der alten Rekordstände von Juli 2008 gerechnet werden (USD 148 pro Fass). Eine solche Entwicklung entspricht aber nicht unserem Basisszenario!
Zum einen ist der Wohlstand in Saudi Arabien (aber auch in den anderen GCC-Ländern) weit höher ist als in den aktuellen Krisenherden in Nordafrika, zum anderen stellen die Schiiten in dem vom sunnitischen König Abdullah Al Saud regierten Saudi Arabien (im Unterschied zu Bahrain, wo die Mehrheit der Bevölkerung Schiiten sind, die Königsfamilie aber den Sunniten zuzuordnen ist) mit nur 15 % die Minderheit dar.ÖlmarktAls erste Konsequenz aus den jüngsten Entwicklungen der Unruhen in Nordafrika erhöhen wir unsere Ölpreisprognose für 2011 von USD 95 pro Fass auf USD 102 pro Fass.AnleihenmärkteAus ökonomischer Sicht beeinflusst die Krise in der Region die Industriestaaten über mehrere Kanäle:
direkter wirtschaftlicher Effekt über Exporte
indirekter wirtschaftlicher Effekt über die Stimmung (Investoren, Konsumenten, Unternehmen)
Effekt über den Ölpreis
Der erste Effekt ist zwar negativ, aber angesichts des geringen wirtschaftlichen Gewichts der betroffenen Länder zu vernachlässigen. Der zweite kann positiv (Demokratien entstehen) oder negativ (Bürgerkriege, etc.) sein. Dominierend ist aus unserer Sicht der negative Effekt des höheren Ölpreises. Der Ölpreisanstieg dämpft zwar das Wirtschaftswachstum. Da aber viele Regionen aktuell hohe Wachstumsraten verbuchen, würden wohl auch vorübergehende Spitzen über USD 120 pro Fass die aktuelle Erholung in den Industriestaaten nicht abwürgen. Allerdings ist temporär mit Aufflammen von Konjunkturängsten bzw. steigender Risikoaversion an den Finanzmärkten zu rechnen.
Die bisherige Entwicklung hat deshalb an den konjunkturellen Rahmenbedingungen - Fortsetzung der Konjunkturerholung, zunehmender Preisdruck - bisher (noch) nichts geändert. Nur die Inflationsspitzen, welche die meisten Industriestaaten heuer über den Sommer erreichen werden, werden damit höher ausfallen (z. B. USA über 3 % p.a., Euroraum an die 3 % p.a.). Wir rechnen daher bis Jahresende weiterhin mit einem spürbaren Renditeanstieg und sehen Kursanstiege bei Staatsanleihen (die kurzfristig angesichts steigender Risikoaversion an den Märkten noch weiter gehen können) eher als günstige Gelegenheit zur Eröffnung einer Shortposition im T-Note Future und Bund Future. Anders sieht es mit nachhaltigen Ölpreisanstiegen auf oder gar über USD 140/150 pro Fass aus, z. B. weil es zu länger dauernden Produktionsausfällen kommt. In diesem Fall droht vor allem das Wachstum der Industrieländer schweren Schaden zu nehmen. Die Inflationsraten würden in diesem Fall heuer noch stärker ansteigen.Globale Aktienmärkte Die jüngsten Geschehnisse in Nordafrika zeigten nun auch an den etablierten Aktienmärkten Wirkung. Insbesondere der deutlich gestiegene Ölpreis schürt mittlerweile stimmungsgetrieben Wachstumssorgen, welche in den letzten Monaten dank robuster Wirtschaftsdaten keine Rolle spielten. Eben diese Konjunkturdynamik führte in Kombination mit starken Unternehmensergebnissen dazu, dass die Aktienmärkte in den vergangenen Monaten ohne grössere Turbulenzen laufend neue Mehrjahreshöchststände markierten und mittlerweile in Schlagdistanz zu unseren Kurszielen notieren. Der im Zuge der Produktionsausfälle in Libyen weiter steigende Ölpreis und die erhöhten geopolitischen Risiken könnten daher die aktuell gute Aktienmarkt-Stimmung durchaus eintrüben und als Auslöser für temporäre Rückschläge dienen. Unserer Meinung nach wären aber erst im Falle einer Eskalation (Ausweitung auf die GCCStaaten) grössere Auswirkungen zu befürchten, die uns zu einer Neueinschätzung unserer Prognose veranlassen würden. Da Letzteres aber nicht unserem Basisszenario entspricht, bleiben wir für die weitere Entwicklung der Aktienmärkte in Richtung Jahresmitte zuversichtlich.Emerging Markets außerhalb EuropasAuf die Emerging Markets in Asien und Lateinamerika sowie Südafrika würde sich eine Verschlechterung des Risikosentiments negativ auswirken, was die ohnehin schon seit Herbst andauernde Underperformance dieser Aktienmärkte gegenüber den etablierten Aktienmärkten noch verlängern würde. Volkswirtschaftlich würde ein weiterer Anstieg des Ölpreises in erster Linie den Inflationsdruck noch verschärfen und den bereits laufenden Zyklus der Zinsanhebungen verlängern. Dies hätte entsprechend dämpfende Effekte auf die Konjunktur. Einen deutlichen Wachstumseinbruch erwarten wir aber nicht. In Summe bleiben wir daher im Emerging Market Raum vorerst untergewichtet auf längere Sicht halten wir aber an unserer positiven Einschätzung fest.
Die entscheidende Frage bleibt unser Ansicht nach aber weiterhin, inwieweit sich die jüngsten Entwicklungen in Nordafrika auf die für die Ölproduktion bedeutenderen GCCLänder (Saudi Arabien, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Oman, Bahrain) aber auch auf den Iran ausbreiten werden. Bahrain ist zwar bereits von massiven Protesten betroffen, aber für den Ölmarkt unbedeutend. Anders verhält es sich klarerweise mit dem weltgrössten Ölproduzenten Saudi Arabien. Sollte das saudische Königreich ebenfalls von massiven Unruhen heimgesucht werden, muss zumindest mit einem vorübergehenden Ölpreisanstieg in Richtung der alten Rekordstände von Juli 2008 gerechnet werden (USD 148 pro Fass). Eine solche Entwicklung entspricht aber nicht unserem Basisszenario!
Zum einen ist der Wohlstand in Saudi Arabien (aber auch in den anderen GCC-Ländern) weit höher ist als in den aktuellen Krisenherden in Nordafrika, zum anderen stellen die Schiiten in dem vom sunnitischen König Abdullah Al Saud regierten Saudi Arabien (im Unterschied zu Bahrain, wo die Mehrheit der Bevölkerung Schiiten sind, die Königsfamilie aber den Sunniten zuzuordnen ist) mit nur 15 % die Minderheit dar.ÖlmarktAls erste Konsequenz aus den jüngsten Entwicklungen der Unruhen in Nordafrika erhöhen wir unsere Ölpreisprognose für 2011 von USD 95 pro Fass auf USD 102 pro Fass.AnleihenmärkteAus ökonomischer Sicht beeinflusst die Krise in der Region die Industriestaaten über mehrere Kanäle:
direkter wirtschaftlicher Effekt über Exporte
indirekter wirtschaftlicher Effekt über die Stimmung (Investoren, Konsumenten, Unternehmen)
Effekt über den Ölpreis
Der erste Effekt ist zwar negativ, aber angesichts des geringen wirtschaftlichen Gewichts der betroffenen Länder zu vernachlässigen. Der zweite kann positiv (Demokratien entstehen) oder negativ (Bürgerkriege, etc.) sein. Dominierend ist aus unserer Sicht der negative Effekt des höheren Ölpreises. Der Ölpreisanstieg dämpft zwar das Wirtschaftswachstum. Da aber viele Regionen aktuell hohe Wachstumsraten verbuchen, würden wohl auch vorübergehende Spitzen über USD 120 pro Fass die aktuelle Erholung in den Industriestaaten nicht abwürgen. Allerdings ist temporär mit Aufflammen von Konjunkturängsten bzw. steigender Risikoaversion an den Finanzmärkten zu rechnen.
Die bisherige Entwicklung hat deshalb an den konjunkturellen Rahmenbedingungen - Fortsetzung der Konjunkturerholung, zunehmender Preisdruck - bisher (noch) nichts geändert. Nur die Inflationsspitzen, welche die meisten Industriestaaten heuer über den Sommer erreichen werden, werden damit höher ausfallen (z. B. USA über 3 % p.a., Euroraum an die 3 % p.a.). Wir rechnen daher bis Jahresende weiterhin mit einem spürbaren Renditeanstieg und sehen Kursanstiege bei Staatsanleihen (die kurzfristig angesichts steigender Risikoaversion an den Märkten noch weiter gehen können) eher als günstige Gelegenheit zur Eröffnung einer Shortposition im T-Note Future und Bund Future. Anders sieht es mit nachhaltigen Ölpreisanstiegen auf oder gar über USD 140/150 pro Fass aus, z. B. weil es zu länger dauernden Produktionsausfällen kommt. In diesem Fall droht vor allem das Wachstum der Industrieländer schweren Schaden zu nehmen. Die Inflationsraten würden in diesem Fall heuer noch stärker ansteigen.Globale Aktienmärkte Die jüngsten Geschehnisse in Nordafrika zeigten nun auch an den etablierten Aktienmärkten Wirkung. Insbesondere der deutlich gestiegene Ölpreis schürt mittlerweile stimmungsgetrieben Wachstumssorgen, welche in den letzten Monaten dank robuster Wirtschaftsdaten keine Rolle spielten. Eben diese Konjunkturdynamik führte in Kombination mit starken Unternehmensergebnissen dazu, dass die Aktienmärkte in den vergangenen Monaten ohne grössere Turbulenzen laufend neue Mehrjahreshöchststände markierten und mittlerweile in Schlagdistanz zu unseren Kurszielen notieren. Der im Zuge der Produktionsausfälle in Libyen weiter steigende Ölpreis und die erhöhten geopolitischen Risiken könnten daher die aktuell gute Aktienmarkt-Stimmung durchaus eintrüben und als Auslöser für temporäre Rückschläge dienen. Unserer Meinung nach wären aber erst im Falle einer Eskalation (Ausweitung auf die GCCStaaten) grössere Auswirkungen zu befürchten, die uns zu einer Neueinschätzung unserer Prognose veranlassen würden. Da Letzteres aber nicht unserem Basisszenario entspricht, bleiben wir für die weitere Entwicklung der Aktienmärkte in Richtung Jahresmitte zuversichtlich.Emerging Markets außerhalb EuropasAuf die Emerging Markets in Asien und Lateinamerika sowie Südafrika würde sich eine Verschlechterung des Risikosentiments negativ auswirken, was die ohnehin schon seit Herbst andauernde Underperformance dieser Aktienmärkte gegenüber den etablierten Aktienmärkten noch verlängern würde. Volkswirtschaftlich würde ein weiterer Anstieg des Ölpreises in erster Linie den Inflationsdruck noch verschärfen und den bereits laufenden Zyklus der Zinsanhebungen verlängern. Dies hätte entsprechend dämpfende Effekte auf die Konjunktur. Einen deutlichen Wachstumseinbruch erwarten wir aber nicht. In Summe bleiben wir daher im Emerging Market Raum vorerst untergewichtet auf längere Sicht halten wir aber an unserer positiven Einschätzung fest.