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Lohrke: Zu Wenig oder Nice Try
Wie sehr die amerikanischen und auch deutschen Banken unter Druck stehen, sehen Sie nicht nur an der heutigen Meldung, die ich in der Pressetour verarbeitet habe. Die japanischen Banken schieben sich zunehmend an die Spitze der internationalen Bankkonsortien, während viele europäische und amerikanische Institute immer noch ihre Wunden aus der Finanzkrise lecken und dabei zurückfallen.
So hat sich z.B. die MUFG mit einem Volumen von 8,8 Billionen Yen auf Platz 4 vorgearbeitet. Mizuho Financial Group Inc. folgt an fünfter Stelle mit 8,6 Billionen Yen und Sumitomo Mitsui Financial Group Inc. kommt mit 8 Billionen Yen immerhin noch auf Platz 9. Platzhirsch bleibt allerdings weiter J.P. Morgan mit 20 Billionen Yen und deutlichem Abstand. Auch die Tatsache, dass die Commerzbank AG gestern trotz eines Milliardengewinns einen Kursverlust von über -3 % hinnehmen musste, lässt darauf schließen. Wobei mich die Commerzbank AG mit Abschlüssen etwas verwirrt. Ist das jetzt der Gewinn unter Verwendung der IAS (International Accounting Standards) oder laut HGB oder beidem? Oder haben die, nur um nicht an die Soffin Zinsen zu zahlen, Egal.
Nein, woran Sie wirklich erkennen, wie viel Vertrauen zerstört und wie viele Scherben gekittet werden müssen, ist die Tatsache, dass die Investmentbank und Wall Street Legende Goldman Sachs sich erstmals in seiner 142 jährigen Geschichte genötigt fühlt, in einem 63 Seiten umfassenden Bericht Interna offenzulegen, um die zahlreichen Kritiker weltweit zu besänftigen. Darin soll angeblich ein tieferer Einblick in den Eigenhandel und die Eigeninvestments gegeben werden.
Nach einem sich 8 Monate hinziehenden kräftezehrenden Gerichtsprozess, den die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC (=Securities and Exchange Commission) gegen Goldman Sachs führt und der entsprechenden negativen Presse unternimmt CEO Lloyd Blankfein damit einen Versuch sich aus der Defensive mit all der negativen Presse zu lösen. Die zunehmend und berechtigterweise die Motive und die Macht dieses Wall Street Giganten hinterfragen.
Ob das was nützen wird, ist mehr als fraglich. So sehen die 39 Änderungen im Bereich Corporate Governance, die Goldman in dem Bericht ankündigt, nach Berichten des Wall Street Journals, dem der Report in Auszügen vorgelegt wurde, weder eine gründliche und konsequente Aufarbeitung der Prozesse der Firma noch der Fehler des Managements vor.
Auch wenn man die Macht des sich mittlerweile zur grauen Eminenz entwickelnde Trading Desks beschneiden möchte, weil deren Mitarbeiter offiziell vorgeworfen wird ihren Beruf mit dem von Giftmischern sog. toxischer Wertpapiere (Stichwort: Abacus 2007-AC1) verwechselt zu haben. So sind Zweifel mehr als berechtigt, ob diese Maßnahme ausreichen wird die arg in Mitleidenschaft gezogene Reputation wieder herzustellen. Auch die Strafe in Höhe von 550 Mio. Dollar wird vielen als viel zu gering erscheinen, für das was u.a. Goldman Sachs mit seinen Geschäftspraktiken weltweit angerichtet hat.
Wie argwöhnisch man diesem Versuch auch in den Staaten gegenübersteht, sieht man an der Reaktion bzw. dem Ausspruch von Charles Elson, Direktor des John L. Weinberg Center for Corporate Governance der Universität von Delware.
Diese Reaktion kann ich gut nachvollziehen. Um eine Organisationsänderung von der Größe eines „Tankers“ wie Goldman Sachs vorzunehmen, wird es wohl mehr brauchen als ein paar Seiten mit Nettigkeiten, die sich gut anhören. Der Vertrauensverlust ist so groß, dass Goldman Sachs an massiven Änderungen im Top- und bis weit ins mittlere Managementhinein nicht vorbeikommen wird. Und auch das Aufsichtsgremium, das in den USA etwas anders gestrickt ist als unser Aufsichtsrat hier, wird eine personelle Erneuerung benötigen.
Weil ich das nicht sehe, ist zu befürchten, dass es nichts weiter ist als ein:
„Nice Try“.
Um diesen massiven Vertrauensverlust wieder halbwegs zu reparieren, werden die Herren an der Spitze sich schon etwas mehr Mühe geben müssen. Das was sie da machen erinnert stark an Fassadenpolitur und ist definitiv zu wenig. Viel zu wenig.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und stets hohe Renditen.
Ihr Norbert Lohrke
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