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Morrien: Hochtief-Übernahmekampf: ACS ist weit - aber noch nicht am Ziel

Newsletter vom 5.1.2011Liebe Schlussgong-Leser,

der DAX musste zur Wochenmitte zunächst kräftig Federn lassen, konnte sich aber durch Kurssteigerungen am späten Nachmittag von den starken Verlusten des Vormittags erholen. Zum Handelsschluss notierte der deutsche Leitindex 0,5% schwächer bei 6.939 Punkten.

Im Zentrum des Interesses standen auf der Marktseite insbesondere die durchwachsen verlaufene Auktion der portugiesischen Staatsanleihen und starke Zahlen vom US-Arbeitsmarkt, die den Euro kräftig auf Talfahrt schickten.

Auf Unternehmensseite stehen wieder einmal Übernahmen im Mittelpunkt. Zum einen hat der amerikanische Mobilfunk-Konzern Qualcomm den Chip-Entwickler Atheros übernommen, zum anderen geht der Übernahme-Poker um Hochtief in die nächste Runde.

Weitere Kapitalerhöhung könnte neues Angebot auslösen

Wer denkt, dass der spanische Konkurrent ACS den Übernahme-Poker um Deutschlands größten Baukonzern Hochtief bereits gewonnen hat, liegt falsch. Die Spanier haben zwar durch das Erreichen der 30%-Marke einen großen Stein aus dem Weg gerollt, sind dadurch aber noch nicht am Ziel.

Es ist noch nicht einmal sicher, ob der spanische Baukonzern die wichtige 30%-Schwelle auch langfristig überschritten hat. Sobald die Angebotsphase endgültig abgeschlossen ist, kann Hochtief nämlich eine neue Kapitalerhöhung durchführen. Fällt dadurch der ACS-Anteil erneut unter 30%, ist laut BaFin ein neues Übernahme-Angebot fällig, wenn ACS wieder aufstockt.

Hochtief-Management hat nur noch wenige Abwehr-Möglichkeiten

Der Etappensieg von ACS darf also nicht überbewertet werden. Auch wenn der Konzern jetzt ohne neues, teures Pflichtangebot weitere Aktien am Markt kaufen kann, fehlen immerhin noch 20%, um Hochtief voll in die eigenen Bücher zu nehmen. Denn darum geht es: ACS benötigt mindestens 50% der Aktien, damit die hoch verschuldeten Spanier von der blitzsauberen Hochtief-Bilanz profitieren können. Die 30%-Marke war daher nur ein erstes Etappenziel.

Noch kann Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter versuchen, das Ruder rumzureißen, auch wenn die Mittel begrenzt sind und die Hoffnung, die Unabhängigkeit zu verteidigen, schwindet. Eine Briefaktion, in der die Aktionäre aufgefordert werden sollen, zur nächsten Hauptversammlung zu kommen und gegen den Großaktionär zu stimmen, sowie die Prüfung des Verhaltens zwischen ACS und dem verbündeten Aktionär Southeastern Asset Management gehören zu den letzten Abwehrmaßnahmen.

Aus dem großen Kämpfer Lütkestratkötter scheint ein müder Krieger geworden zu sein. Zu lange hat Lütkestratkötter gebraucht, um Schätze wie die Flughafensparte Concessions oder Auslands-Beteiligungen zu heben (Bilfinger & Berger hat gezeigt, wie es schnell und erfolgreich gehen kann). Vielleicht wurde auch zu sehr gehofft, dass die Politik eingreift. Katar und politischen Kontakte der Bundesregierung waren zwei dieser Hoffnungs-Strohhalme, die am Ende nichts einbrachten.

Hochtief-Aktionäre profitieren, wenn ACS weitere Aktien kauft

Für die Hochtief-Aktionäre, die das Angebot verständlicherweise nicht angenommen haben, ist das Überschreiten der 30%-Hürde zunächst einmal kein Nachteil. Vielmehr: Die Aktionäre wissen jetzt: es gibt mit ACS einen Käufer, der in nächster Zeit mindestens 20% aller Hochtief-Aktien über die Börse kaufen möchte. In einer ersten Reaktion ist der Kurs heute dennoch gefallen, da es bis zuletzt die Hoffnung gab, dass ACS direkt ein höheres Angebot unterbreitet, um schnell die fehlenden 20% zu erhalten. Das war zumindest heute nicht der Fall. Offensichtlich hat sich ACS dafür entschieden, langsam aufzustocken.

ACS wird jedoch auf dem aktuellen Kursniveau nicht genug Aktien einsammeln können, da bekannt ist, dass die Einzelteile von Hochtief deutlich mehr wert sind, als es der derzeitige Aktienkurs widerspiegelt. Der Druck auf ACS nimmt sogar zu: Die Spanier haben bereits so viel investiert, um über die 30%-Marke zu kommen, jetzt können die nicht mehr ohne Schaden raus aus der Übernahme-Nummer. Investoren können einfach warten, bis ACS Richtung 50% aufstockt.

Spätestens am 12. Mai geht der Übernahme-Kampf in die nächste Runde

Am 12. Mai ist die nächste planmäßige Hauptversammlung bei Hochtief. Dann wird sich zeigen, ob ACS die Kontrolle bei Hochtief übernehmen kann. Für den Betriebsrats-Chef Siegfried Müller steht fest, dass ACS Deutschlands größten Baukonzern zerschlagen wird, um die Konzernschätze zu heben und damit die hohen Schulden der Spanier zu tilgen.

Wenn ACS das wirklich will, kann der Konzern wohl nicht aufgehalten werden. Zusammen mit dem verbündeten Investor Southeastern Asset Management verfügt ACS bereits jetzt über jede dritte Hochtief-Aktie. In den letzten beiden Jahren wäre das genug gewesen, um auf der Hauptversammlung erst den Aufsichtsrat auszutauschen und dann später den Vorstand zu stürzen. Aber auch dann werden andere Großaktionäre wie Katar nicht zulassen, dass die Hochtief-Bilanz verwässert wird. Dafür muss ACS erst die 50%-Marke überschreiten.