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Morrien: Hochtief: Übernahme-Kampf geht in die nächste Runde

Newsletter vom 16.12.2010Liebe Schlussgong-Leser,

 

die Seitwärtsbewegung an den Aktienmärkten ging heute weiter. Viele große Investoren scheinen die Bücher im Börsenjahr 2010 bereits geschlossen zu haben. Nachdem bereits am Montag und Mittwoch der Punkteunterschied zwischen Handelseröffnung und Handelsschluss bei 3 und 11 Punkten lag, betrug der Unterschied heute ganze 8 Punkte. Der DAX schloss mit 7.024 Punkten leicht im Plus.

Wer starke Kursausschläge erleben will, muss daher in diesen Tagen auf die Nebenwerte schauen. Dort geht es zum Teil richtig rund. Am Tag nach dem Europacup-Aus verlor die hier im Schlussgong erst kürzlich vorgestellte „Zocker-Aktie“ von Borussia Dortmund über 12%.

Wenn es schon sportlich nicht optimal läuft, muss man wirtschaftlich punkten. Das denkt sich in diesen Tagen auch Florentino Perez, Vorstands-Boss von Real Madrid und „nebenbei“ Chef des spanischen Baukonzerns ACS. Perez will die deutsche Konkurrenz klassisch auskontern.

Angebotsnachbesserung musste kommen

Der Baukonzern ACS hat gestern sein Übernahme-Angebot an die Hochtief-Aktionäre nachgebessert. Das war auch bitter nötig, denn die Resonanz auf das erste Angebot war sehr gering. Die Gesamtzahl der eingereichten Aktien betrug kaum messbare 277 (!). Eine schallende Ohrfeige für ACS.

Der Konzern braucht nämlich 2,1 Mio. Aktien, um den Hochtief-Anteil auf über 30% aufzustocken. Wird diese Marke überschritten, soll Hochtief nach und nach vollständig übernommen werden. Damit das erste Zwischenziel erreicht wird, hat ACS das Übernahme-Angebot um 12,5% erhöht. ACS bietet jetzt 9 eigene Aktien für 5 Hochtief-Aktien (vorher betrug das Verhältnis 8:5). Derzeit beläuft sich das Angebot umgerechnet auf etwas unter 65 Euro. Das passt in etwa zum aktuellen Hochtief-Kurs an der Börse.

Hochtief-Management agierte zu zögerlich

Wenn ACS mit dem Angebot Erfolg hat, war das ein lohnendes Geschäft für die Spanier. Die Summe der Hochtief-Konzernteile entspricht einem deutlich höheren Wert. Erst heute hat ein Fondsmanager den inneren Wert der Hochtief-Aktie auf 95 Euro geschätzt. Zwar hat ACS im Vorfeld versprochen, dass beim deutschen Baukonzern alles beim Alten bleibt, aber diese Ankündigung gilt nur für ein von ACS bestimmtes Zeitfenster. Vertraglich verboten ist dem Konzern gar nichts.

ACS hat gute Chancen, am Ende mit dem Übernahme-Angebot durchzukommen. Die Frage ist nur, ob die Spanier den Preis noch ein- oder zweimal erhöhen müssen, um alle Aktionäre zu überzeugen. Der nach Katar größte Einzelaktionär, Southeastern, hat bereits angekündigt, ein erstes Aktienpaket zu verkaufen. Der Großaktionär wirft dem Hochtief-Management vor, nicht genug unternommen zu haben, um die drastische Unterbewertung abzubauen. Zukünftig soll ACS Schwung in den Hochtief-Konzern bringen.

Das Aktien-Angebot ist mit Risiken verbunden

Eine Angebotsannahme lohnt sich für die Hochtief-Aktionäre trotz der Nachbesserung (noch) nicht. Marc Tüngler, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), bringt es auf den Punkt: „Auch mit dem neuen Angebot könne man niemanden hinter dem Ofen hervorlocken".

Das Problem ist nicht nur, dass Hochtief deutlich mehr wert ist, sondern auch: ACS bietet nur eigene Aktien als „Übernahme-Währung“. Welcher deutsche Privatanleger will Aktien eines spanischen Baukonzerns im Depot haben? Noch dazu von einem hochverschuldeten Konzern. Nicht zu vergessen: In Spanien tobt eine Immobilien-Krise.

Diese Frage wird am Ende des Übernahme-Prozesses der ACS-Aktienkurs beantworten, wenn Anleger zunächst das Angebot annehmen und dann umgehend die ACS-Aktien verkaufen, was den Kurs drücken wird. Daher kann die Forderung nur lauten: Entweder muss ACS Bargeld für die Hochtief-Aktien bieten, oder ein Aktien-Angebot mit einem Risiko-Puffer von mindestens 20 bis 30% vorlegen. Dann würde die Sache für Anleger langsam interessant.