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Mit dem Erfolg kommen die Gerüchte

"Wir rechnen heuer mit einem Umsatz von 750 Millionen Euro." Polytec-IR-Chef Manuel Taverne bekräftigt die erst kürzlich angehobene Umsatzprognose für das laufende Geschäftsjahr. Der oberösterreichische Autozulieferer hat nach neun Monaten den Sprung in die Gewinnzone geschafft und erzielte ein Periodenergebnis von 8,7 Mio. Euro - nach einem Verlust von 67,1 Mio. in der Vorjahresperiode. Der Umsatz ­verbesserte sich um 26,9 Prozent auf 550,2 Mio. Euro, womit die bis dahin geltende Prognose um 50 auf die eingangs ­erwähnten 750 Millionen angehoben wurde. Das EBITDA soll bei mindestens 40 Millionen Euro liegen.

Vor allem die Verbesserung auf der ­Ertragsseite des Herstellers von Kunststoffteilen für den automotiven Bereich schreitet voran: Erstmals seit dem 3. Quartal 2008 war das Unternehmen im 2. Quartal 2010 EBIT-positiv, im 3. Quartal auch unter dem Strich. Geholfen hat ein Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramm, das harte Einschnitte brachte. So wurde etwa zwischen­zeitlich die Zahl der Mitarbeiter (inklusive Leihpersonal) von 7000 auf 5000 reduziert (5930 sind es per Ende September), zwei Werke (Schweden und Slowakei) wurden geschlossen - 28 sind noch da.
Polytec musste in der jüngsten Krise doppelt sparen, die im Nachhinein betrachtet verunglückte Peguform-Akquisition belastete die Bilanz zusätzlich - "diese Akquisition hat nicht funktioniert", sagt Taverne.

Um Liquidität zu schaffen, wurde zwischen­zeitlich die Beteiligung am deutschen Konkurrenten Grammer (Fahrer- und Passagier-Sitze) abgegeben, mit einem Verlust von vier Millionen Euro. Die Mittel wurden zur Rückführung von Bankverbindlichkeiten verwendet. Lagen diese Ende 2008 noch bei 456 Millionen Euro, waren es Ende des dritten Quartals 96 Millionen.

Wenig geholfen haben den Oberösterreichern während der Krisenzeit auch die staatlichen Konjunkturhilfen in Form von Abwrackprämien, da Polytec einen hohen Anteil an Premium-Anbietern als Kunden hat - von den Prämien profitierte aber die Mittelklasse abwärts.
Dafür profitiert Polytec jetzt von der starken Nachfrage Asiens, speziell nach deutschen Premiumanbietern. Beispiel China: Während der dortige Gesamtmarkt in den ersten acht Monaten um 41 Prozent stieg, konnten deutsche Hersteller ihren Absatz um 53 Prozent steigern. Gut für Österreichs Zulieferbetriebe wie Polytec, geht doch ein Grossteil ihrer Produkte an Hersteller unseres nördlichen Nachbarn - die sich gut verkaufen: BMW hat dank des Autobooms in China im dritten Quartal einen Rekordgewinn eingefahren und seine Ergebnisprognose angehoben. Für BMWs 1-er liefert Polytec Türverkleidungen. Premium zeigt sich auch bei Kunden wie Audi oder Lamborghini.

Vielleicht auch deshalb gibt es rund um Polytec immer wieder Gerüchte über einstiegswillige (Finanz-)Investoren. Möglich wäre das über die RLB Oberösterreich. Diese hält über die PT Automotive Consulting knapp 20 Prozent an Polytec. Die Bank hat die Anteile 2009 von Stefan Pierers Cross Motorsport Systems und der UIAG übernom­men, nachdem Polytec durch die Finanzkrise fast vor der Pleite gestanden war.

Letzte News: Peter Haidenek wird neuer Finanzvorstand CFO, er wird seine Funktion spätestens mit 1. Februar 2011 antre­ten. Bis dahin sind vielleicht die noch notwendigen Restrukturierungsschritte abgeschlossen. Denn der Konzernbereich Automotive Systems (der grösste, z. B. mit Türinnenverkleidungen) liegt noch hinter den Erwartungen zurück. So stehen die Standorte im spanischen Zaragoza und im deutschen Waldbröl unter Beobachtung. Jedenfalls gilt die Zahl der Mitarbeiter in beiden Werken als noch zu hoch.

Der Artikel erschien im Rahmen der Sondernummer zur Roadshow #28
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