, boerse-express

Stahlpreise im Höhenflug - Kein Ende in Sicht

Ein Ende des Höhenflugs der Stahlpreise ist nicht in Sicht. Auch zum 1. Oktober ist der Preis für eines der wichtigsten Vorprodukte der deutschen Industrie weiter gestiegen - trotz erwarteter leichter Preissenkungen für Rohstoffe. Zum Jahreswechsel steht noch ein weiterer Schub für einige Kunden bevor. Branchenprimus ThyssenKrupp will die Preise für Kunden mit Jahresverträgen um bis zu 50 Prozent erhöhen.

Hintergrund ist eine weltweite Stahlnachfrage auf Rekordniveau. Dies werde auch im kommenden Jahr so bleiben, kündigte ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz vor kurzem in einem Interview an. Bereits in der Vergangenheit sei es dem deutschen Branchenprimus gelungen, "deutliche Preiserhöhungen" durchzusetzen. Der gleichzeitig kräftige Anstieg der Rohstoffpreise habe das Unternehmen daher nicht so hart getroffen wie befürchtet.

Nach einem Tief im Krisenjahr 2009 gab es im laufenden Jahr Stahlpreiserhöhungen im Drei-Monats-Takt. Nach Preisrunden vom 1. April und 1. Juli sind die Preise auch im Oktober weiter gestiegen. Auch wenn die Kunden der deutschen Stahlhersteller über die Preisschübe klagen, angesichts prall gefüllter Auftragsbücher sind sie auf das begehrte Material angewiesen.

Teuer zu stehen kommt die Preisexplosion vor allem die Bauwirtschaft und den Automobilbau, die zusammen gut die Hälfte des in Deutschland eingesetzten Stahls verbrauchen. Mit einigem Abstand folgen Branchen wie der Maschinenbau oder die Hersteller von Metallwaren, Rohren oder Haushaltsgeräten.

Während Grossunternehmen der deutschen Baubranche aus Preisschüben der Vergangenheit gelernt haben und die Schwankungen in den Verträgen mit ihren Kunden absichern können, ist die grosse Mehrheit der meist mittelständischen Bauunternehmen deutlich stärker betroffen. "Am schlechtesten wehren können sich die Mittelständler", berichtet Heiko Stiepelmann, stellvertretender Geschäftsführer des Hauptverbands der deutschen Bauindustrie.

Während in Einfamilienhäusern vergleichsweise wenig Stahl steckt, schlagen Stahl-Preiserhöhungen etwa bei Infrastrukturprojekten wie Tunneln oder Brücken deutlich stärker zu Buche. Der Anteil des Stahls am verbauten Material kann bei solchen Projekten bis zu 30 Prozent betragen. Das ist ein Rekordwert in der Bauindustrie. Betroffen sind davon vor allem öffentliche Auftraggeber.

Grossverbraucher von Stahl ist auch die Automobilindustrie. "Im Moment spielen die Stahlpreise verrückt. Das Erträgliche daran: Alle Wettbewerber trifft dies gleichermassen", stellte Audi-Einkaufschef Ulf Berkenhagen in einem Interview mit der "Financial Times Deutschland" (FTD) fest. Auch wenn der Automobilhersteller an neuen Konzepten aus Materialien wie Aluminium und Carbon arbeitet, braucht der Stahl die Konkurrenz zumindest auf kurze Frist nicht ernsthaft zu fürchten.

Die neuen Materialien werden von den Herstellern derzeit vor allem zur Gewichts- und damit Energieersparnis eingesetzt. Trotz gestiegener Stahlpreise sind Aluminium und Carbon immer noch deutlich teurer. "Stahl wird auch in Zukunft eine erhebliche Rolle im Fahrzeug spielen", ist sich Berkenhagen sicher. Keine Auskünfte gibt es dagegen, ob und wann die Stahlpreiserhöhungen bei den Endkunden ankommen.

Hintergrund der Entwicklung sind vor allem deutliche Preiserhöhungen bei Rohstoffen durch die drei marktmächtigen Konzerne Vale, BHP Billiton und Rio Tinto. Im April hatten die drei ihr Preissystem umgestellt. Legten sie früher einmal pro Jahr Preise fest, tun sie dies nun vierteljährlich. Das Ergebnis waren deutliche Preiserhöhungen um über 100 Prozent im laufenden Jahr. Zum 1. Oktober sind die Preise für Eisenerz und Kokskohle allerdings wieder um zehn Prozent gesunken. Anzeichen für eine dauerhafte Rückkehr zu einem wieder deutlich niedrigeren Preisniveau sind aber bei den Rohstoffen ebenso wenig in Sicht wie beim Stahl. (APA/dpa)

Relevante Links: voestalpine AG