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Nicolas Kneip: Holzklasse, aber oho - Gedanken zu easyJet, Do&Co, FACC...

Dieses Motto verfolgt der britische Billigfluganbieter easyJet der in dieser Woche seine Zahlen zum Geschäftsjahr 2017/18 präsentiert hat. Zugegeben, ein Flug mit einer Billigairline versprüht in etwa so viel Romantik wie Herbert Prohaska nach einer Fußballübertragung wenn er ein Busserl und „Gute Nacht“ in die Kamera haucht, jedoch sind und bleiben die Preise teilweise unschlagbar. Dafür nimmt man dann auch mal gerne einen schlechteren Service und niedrigen Komfort in Kauf. EasyJet fährt mit dieser Taktik derzeit sehr gut, wie die aktuellen Zahlen beweisen. Bei der zweitgrößten europäischen Billigfluglinie konnte die Anzahl der Passagiere um 10% auf 88,5 Mio. und der Umsatz um 17% auf 5,9 Mrd. Pfund gesteigert werden. Einen unerwartet wichtigen Beitrag dazu lieferte der neue Standort Berlin-Tegel (teilweise Übernahme der insolventen Air Berlin), der erstaunlich gute Ergebnisse lieferte. Zusätzlich möchte man sich deutlich von der noch billigeren Konkurrenz abheben. Den Werbeslogan „Es gibt billigere Airlines - Weil wir dich günstig, aber nicht um jeden Preis fliegen” kann man nur als deutlichen Seitenhieb gegenüber einem von Michael O’Leary geführten Konzern aus Dublin interpretieren!

EasyJets Investoren konnten sich jedoch in den letzten Jahren nicht über besonders ergiebige Erträge freuen. Im Gegenteil, im Zeitraum der letzten 5 Jahre lag der Gesamtertrag samt Dividenden bei nur rund +1%. Im aktuellen Jahr konnte man nicht an eine vielversprechende erste Jahreshälfte anknüpfen. Auf einen 22%igen Anstieg des Aktienkurses seit Beginn des Jahres folgte seit Ende Juni ein Rückgang um rund 35% bis zum jetzigen Zeitpunkt. Neben den gestiegenen Kosten aufgrund des hohen Ölpreises herrscht vor allem große Unsicherheit, welchen Effekt ein möglicher Brexit auf das Unternehmen haben könnte. Bis dato musste man jedoch noch keine negativen Auswirkungen verkraften, derzeit liegen die Buchungen für die kommende Sommersaison für Strecken zwischen der EU und Großbritannien (machen insgesamt 35% aller Flüge aus) sogar leicht über dem Vorjahresniveau. Auf lange Sicht will man bei easyJet vor allem mit Verlässlichkeit punkten und so weitere Marktanteile gewinnen. Um diese Verlässlichkeit zu garantieren, werden im Vergleich zu so manchem Konkurrenten höhere Löhne bezahlt, was sich naturgemäß negativ auf die Gewinnmargen auswirkt. Jedoch, so das Kalkül des Unternehmens, wird man dadurch laufend interessanter für enttäuschte Kunden der Mitbewerber und kann die schwächeren Margen durch ein größeres Wachstum kompensieren.

Der europäische Fluglinien-Markt wird zumindest auf den Kapitalmärkten neben easyjet von Ryanair, IAG (British Airways, Iberia), Air France KLM und Lufthansa bestimmt. Der Hauptkonkurrent im Billigflugsegment ist definitiv Ryanair. Die irischen Mitbewerber hatten insbesondere in letzter Zeit mit einigen Unruhen, wie etwa Flugausfällen aufgrund von Streiks der eigenen Belegschaft, zu kämpfen. Zudem waren die Diskussionen über die Einstellung des Freigepäcks und die „Hungerlöhne“ der eigenen Mitarbeiter nicht gerade förderlich für die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Der Aktienkurs ging seit dem Hoch im August 2017 um rund 35% zurück. Nach dem rasanten Wachstum der letzten Jahre, musste das Unternehmen zuletzt sinkende Erträge und Gewinne verzeichnen. Auf einer 5-Jahresbasis konnte die Ryanair Aktie mit einem Gesamtertrag von +128% jedoch alle Konkurrenten aus der Vergleichsgruppe deutlich outperformen. Diese konnten für ihre Investoren Erträge von 85% (IAG), 46% (Lufthansa) bzw. 33% (Air France KLM) erwirtschaften.

Der Index, der die europäische Flugindustrie abbildet ist der STOXX Europe 600 Travel & Leisure. Dieser setzt sich aus 19 Komponenten zusammen, wobei Großbritannien mit mehr als 50% besonders stark gewichtet ist. Seit November 2015 hat der Index zuerst deutlich nachgegeben, performt jedoch seit Mitte 2016 deutlich besser und liegt somit knapp im Plus. In Österreich gibt es mehrere gelistete Unternehmen die in direkter oder indirekter Weise abhängig von den Fluglinien sind. Hierzu zählen der Flughafen Wien, Do&Co, sowie FACC. Der Flughafen und Do&Co stehen in einem direkten Geschäftsverhältnis zu den verschiedenen Fluglinien. Während der Flughafen Wien Gebühren von den Fluglinien einzieht, organisiert Do&Co das Catering für mehrere Airlines (AUA, Turkish Airlines, vor kurzem wurden auch weitere Großaufträge für Iberia und British Airways gewonnen). FACC liefert Flugzeugkomponenten an die großen Flugzeugproduzenten und profitiert von steigenden Auftragsbüchern bei Boeing oder Airbus, die wiederum stark von der Nachfrage der Fluglinien abhängig sind.

Aktuelle Investmentstrategie. Wir denken, dass die in den letzten Wochen beobachtete Rückkehr der Volatilität in den Markt nur normal ist und sich dadurch an der langfristig ausgezeichneten Investmentperspektive der Assetklasse „Aktie“ nichts geändert hat. Wir glauben nicht an eine unmittelbar bevorstehende globale Rezession und lassen uns deshalb nicht von den Kursschwankungen verunsichern: Aktien gefallen uns nach wie vor bewertungstechnisch deutlich besser als Anleihen! Deshalb haben wir in letzter Zeit auch vermehrt zugekauft. Auf der Equity-Seite sind wir – verglichen mit dem MSCI World – in Europa übergewichtet, in Nordamerika hingegen aus Bewertungsgründen vergleichsweise unterinvestiert und in Schwellenländern nur wenig allokiert. Auf der Bond-Seite gefallen uns flexible „Total Return“-Produkte, die sich auf dynamische Art und Weise verschiedensten Marktgegebenheiten anpassen können, am besten. In klassischen Staatsanleihen von Industrienationen sind wir hingegen schon seit geraumer Zeit deutlich untergewichtet, das Risiko-/Ertragsprofil erscheint uns hier nur äußerst begrenzt attraktiv. Wenn wir in diesem Marktsegment investiert sein müssen, dann bevorzugen wir inflationsindexierte Bonds, diese erscheinen uns vor dem Szenario einer potentiell steigenden Inflation auf relativer Basis noch einigermaßen attraktiv.

Aus dem Börse Express-PDF vom 26. November - dort mit allen Charts und Grafiken (zu Do&Co, FACC und dem Flughafen Wien) - das PDF gibt's nur im Abo

Relevante Links: FACC AG, Flughafen Wien AG, DO & CO AG